Liniendienst Wilhelmshaven - Hamburg

[Globus]

Eine Reise von Ostfriesland nach Hamburg während der beginnenden 50er-Jahre.


Die Autobahn Bremen-Hamburg (heutige A1) war für den privaten Verkehr gesperrt.
Die Züge waren so überfüllt, dass man mit Kindern nicht fahren mochte. Und auch nicht konnte, da die Gefahr bestand, sie unterwegs zu verlieren. Außerdem mußte man, um wenigstens bis Oldenburg zu gelangen, x-mal umsteigen. Was die Reise auf fast 24 Stunden verlängert hätte.

Sämtliche Bahnhöfe waren ohne Dach, also hätte man in jedem Umsteigebahnhof noch mehr im Freien gestanden, als heute.



Plötzlich bot sich eine sehr komfortable Lösung an :


Man nahm sich eine Taxi. (wenn es sowas in der Nähe gab).
Fuhr damit in`s fast völlig zerstörte Wilhelmshaven. Und stieg dort auf einen kleinen ehemaligen Seebäderdampfer ein.
Sobald der Dampfdruck stimmte, die Passagiere alle an Bord waren, rief der Kapitän :"Leinen vorn und achtern los" und los ging`s.
Quer durch angeblich geräumte Minenfelder Kurs Cuxhaven. Dazu kann ich nur sagen, wir haben noch 1961 eine Mine vor Cuxhven durch gezielte Schüsse aus Handfeuerwaffen, versenkt.

Zurück zur Hochseehafenfähre, deren Namen ich leider nicht mehr weiß. Mit großer Wahrscheinlichkeit war es aber das Dampfschiff "Bubendey". Dieses wurde in der Nachkriegszeit zwischen WHV-Cuxhaven und Hörnum eingesetzt.

Es gab sogar warme Küche! Für alle, Spinat. Falscher Spinat, nämlich Brennessel. Schmeckte aber scheinbar allen. Nur den Kindern aus Prinzip nicht.

In Cuxhaven angekommen, wartete dort schon die alte "Jan Molsen". Eine dicke Hafenfähre aus dem Hamburger Hafen, die zur Zeit im Hafen nicht gebraucht wurde. Machte Liniendienst Cuxhaven-Hamburg-Cuxhaven.

Wir stiegen um und ab ging`s. Mit eigener Bordtanzkapelle wurde aus dem anständigen "Jan Molsen" plötzlich ein Lustdampfer.
Es wurden die Kriegsjahre im Feiern und Trinken nachgeholt. Das Anlegen in Blankenese war ein Ereignis. Für die Blankenser und für die Passagiere.


Jetzt mal etwas zur damaligen Zeit, wie unordentlich es doch zuging. Niemand wußte gar nichts!

Unsere Verwandten in Blankenese wußten nicht, dass wir von der "Jan Molsen" in Blankenese aussteigen konnten.(Trinkgeld für den Kapitän). Sie waren mit einem geliehenen Wagen nach Cuxhaven gefahren, Wollten uns abholen.
Man hatte sich aber in den letzten Jahren so oft aus den Augen verloren, dass sie das nicht weiter aufregte.


Danach verlebten wir vier Wochen Ferien im unzerstörten Blankenese. Ich, als Kind, fuhr jeden Tag mit der S-Bahn nach Hamburg rein und schmuggelte Kaffee für die Blankeneser Restaurants an der Elbe.

Globus.

[Globus]

S-Boot "Reiher". Abschuß einer Mine vor Cuxhaven. 1961.