Ausflaggungen bei NSB (und Anderen?)

WeißerHai
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Ausflaggungen bei NSB (und Anderen?)

Beitrag von WeißerHai »

http://www.kreiszeitung.de/lokales/nied ... 29134.html

Reederei NSB will 42 Containerschiffe ausflaggen
Zitat u.a.: "Wegen der anhaltend schlechten Marktlage in der Schifffahrt sei eine Weiterbeschäftigung deutscher und europäischer Seeleute wirtschaftlich nicht mehr tragbar, sagte eine Sprecherin von NSB am Freitag."
Jochen
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Re: Pressemeldungen

Beitrag von Jochen »

Wie sich das erklären läßt? Mit der ganz einfachen Gleichung > Arbeitssuchende < Löhne und Gehälter, also genau der Grund, aus dem der sagenhafte Fachkräftemangel überall beschworen wird (auch von einer Partei, die es aus ihrer Geschichte besser weiß und nun aber lieber auf der anderen Seite mitmacht): je größer die Reservearmee, desto geringer die Gewerkschaftsmacht und desto größer die Möglichkeit, Löhne zu drücken.
WeißerHai
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Re: Pressemeldungen

Beitrag von WeißerHai »

@ Jan Carl Nielsen:
In der Tat, da stimme ich dir leider vollumfänglich zu. Sollte sich das durchsetzen (und da gehe ich leider fest von aus), so wird der deutsche Arbeitsmarkt für Seeleute zusammenbrechen. Höchstens Kreuzfahrtreedereien werden noch zu Dumpingkonditionen deutsche Seeleute beschäftigen, damit diese zwischen den Gästen präsent sind und es einen guten Eindruck macht. Behörden werden auch die Ausnahme bilden, bis die hoheitlichen Aufgaben (Seevermessung bspw.) an externe Firmen ausgeschrieben werden.
Dass Verständnis entgegengebracht wird für diese Entscheidung ist mir auch schon zu Auge gekommen.

So wie ich das allerdings mitbekommen habe, hatte NSB ja bereits vor vielen Monaten einigen Kollegen "die Pistole auf die Brust gesetzt" und ihnen neue Arbeitsverträge mit schlechteren Konditionen angeboten. Die Alternative wäre das Ausscheiden aus dem Unternehmen gewesen. Somit haben einige das Angebot angenommen, andere sind gegangen und haben die Reederei gewechselt bzw. komplett den Seefahrtszweig verlassen. Sollten nun sämtliches anderes deutsches, seemännisches Personal entlassen werden, werden diese auch den Markt fluten. Was das zur Folge hat, hast du ja schon schön dargelegt.
Viele Absolventen, die sich derzeit durch die Schulen beißen bzw. bereits gebissen haben, werden da auch kräftig mit den Ohren schlackern und auf dem riesen Stapel der Bewerbungen landen.

Dass die Werbetrommel weiter kräftig gerührt wird, finde ich persönlich unter aller Sau. Man sollte den Leuten mal lieber klar darlegen, wie die derzeitigen Chancen sind. Stattdessen werden diese erstmal in ein Jahrelanges Studium / jahrelange Ausbildung geschubst, um sich danach anhören zu dürfen "tut uns leid, ihr seid uns zu teuer". Sehr sozialverträgliches Verhalten gegenüber den Berufseinsteigern.
Lustig ist allerdings, dass sich die Reedereien weiterhin schicke Bürogebäude in teuren Innenstadtlagen leisten können, die Chefetage sicherlich keine schmalen Gehälter bezieht, große Dienstwagen gefahren und teilweise hunderte Millionen an Gewinnen geschrieben werden. :roll:
muschelschubser
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Re: Pressemeldungen

Beitrag von muschelschubser »

WeißerHai hat geschrieben: Dass die Werbetrommel weiter kräftig gerührt wird, finde ich persönlich unter aller Sau. Man sollte den Leuten mal lieber klar darlegen, wie die derzeitigen Chancen sind. Stattdessen werden diese erstmal in ein Jahrelanges Studium / jahrelange Ausbildung geschubst, um sich danach anhören zu dürfen "tut uns leid, ihr seid uns zu teuer". Sehr sozialverträgliches Verhalten gegenüber den Berufseinsteigern.
Ich pers. empfinde es als hochgradig sinnvoll, dass die Werbetrommel -gerade jetzt- kräftig gerührt wird !
Es sei denn man möchte den gesamten Schifffahrtsstandort Deutschland, innerhalb der kommenden 20 Jahre, komplett schließen.

Die Zahl der Schiffsmechaniker Azubis ist seit Jahren stark Rückläufig. Wir sind mit aktuell 170 Ausbildungsverträgen auf dem niedrigsten Stand seit 2003, In der Spitze waren es mal 345 Ausbildungsverträge (in 2007).
Diese Zahl wird auch durch Umschüler (5 Verträge) nicht Ansatzweise kompensiert.

Bei den Ofiiziersanwärtern (NOA & TOA) sieht es ebenfalls düster aus. Es sind noch 98, im Gegensatz zu 132 in 2012 und 180 im Spitzenjahr.

Praxissemesterstudenten sind Rückläufig von 220 auf 127.

Diese Zahlen betrachtet vor dem demografischen Wandel und der nachlassenden Qualität / mangelnden Ausbildungs- bzw. Studienreife der Bewerber, lassen eigentlich nur einen Schluss zu: Jetzt auszubilden und zu fördern was das Zeug hält. Anderenfalls fehlt uns sehr bald der Nachwuchs für die Inspektion/Superintendency/Fleet-Management usw./usf.
Wollen wir diese Landjobs für Schiffsoffiziere denn zukünftig auch mit Kroaten, Weißrussen, Ukrainern und Philippinos besetzen? Falls ja, was würde dann überhaupt noch für den Verwaltungs- Standort der größten Containerflotte der Welt sprechen?

Die beiden Branchenriesen im, deutschgeflaggten, Containertransport (die beiden Unternehmen sind übrigens für mehr als ein Viertel aller SM- und OA-Verträge zuständig. Wenn man jetzt mal überlegt wie viele Ausbildungsverträge dann noch bei Bund/Behörden, Fähren und Bäderschifffahrt laufen, kann man leicht erkennen wie wenig sonst überhaupt noch ausgebildet wird) unternehmen einen unglaublichen Aufwand was die Ausbildung betrifft...und das aus gutem Grund. Hiermit meine ich nicht die Fördergelder die es für den SM-Azubi/den OA gibt. Das sind "Peanuts" im Gegensatz zu dem was dort in die Ausbildung investiert wird.

@Admin: Vielleicht wäre es lohnenswert den "Faden" hier mal aufzutrennen. Das Thema ist m.E. zu interessant als das es hier in den Pressemeldungen "untergeht"
Beste Grüße
vom Muschelschubser
WeißerHai
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Re: Ausflaggungen bei NSB (und Anderen?)

Beitrag von WeißerHai »

Morgen,
danke erstmal für die Verschiebung der News, dachte nicht, dass da so viel Interesse besteht und es mittlerweile eher als Normalität angesehen wird.

Grundsätzlich ist es natürlich positiv, wenn Nachwuchs ausgebildet und gefördert wird. Allerdings -so meine Meinung- werden Schiffsmechaniker als eierlegende Wollmilchsäue ausgebildet, können von allem etwas, aber nicht richtig perfekt. Für den Bordbetrieb ist das auch gut und ausreichend, richtig qualifizieren auf einige Tätigkeiten (Drehen, Schweißen, Maschinenwartung...) geht jedoch nur durch jahrelange Berufserfahrung, großes Eigeninteresse und persönliche Fortbildung.
Nachdem also die Ausbildung abgeschlossen ist, können diese auf Schiffen arbeiten, aber wo sollen sie unterkommen und ihren Lebensunterhalt herbeziehen? Wo an Land untergebracht werden? Die Liste bei der Arbeitsagentur allein in Hamburg quillt an arbeitssuchendem Personal über. Dass die Leute nach der Ausbildung direkt übernommen und beschäftigt werden, wird zur Rarität. Außerhalb bewerben? Meist sind die SM's den Reedereien zu teuer und durch die Altersentwicklung ausscheidende SM's werden durch günstiges Personal aus dem asiatischen Raum aufgefüllt.

Nicht viel besser sieht es bei den Offizieren aus, die ja zunehmend durch günstiges (ja, leider günstiges, nicht billiges) Personal aufgefüllt werden. Denn -wenn man sich mal nichts vor macht- auch die Ausbildung in den früher dritte Welt Ländern gewinnt mehr an Qualität und diese können ein Schiff ebenfalls sicher von A nach B bringen ; haben nicht die Ansprüche an Urlaubs- und Gehaltsvorstellungen, wie deutsches / europäisches Personal, verkaufen sich einfach billiger.
Den Rückgang der Praxissemesterstudenten kann man leider auch an der mangelnden Anzahl an Plätzen auf Schiffen ausmachen. Im ersten Praxissemester an Bord muss -m.W.n. das Praktikum an Bord eines Frachtschiffs erfolgen. Hier im Forum, in diversen anderen Foren und vorallendingen durch Gespräche mit betroffenen, wird immer öfter erzählt, dass unendlich lang nach freien Plätzen gesucht wird, kaum eine Reederei diese noch nbieten will / kann (alleine der Faktor Verpflegungs- und Reisekosten ist ja mittlerweile ein Thema :roll: ).

Daher bleiben immer weniger Plätze für deutsche Seeleute auf Schiffen über und die Stellen in der Inspektion / Fleet Management sind rar.
Natürlich würde ich auch gerne mehr Schiffe in deutscher Hand sehen, aber macht es wirklich Sinn diesen Jobzweig zu empfehlen? Zu empfehlen, wenn man weiß, dass nur die besten (über Beziehungen) noch an Stellen kommen und anschließend in Reedereibüros wechseln? Wo sollen die übrigen untergebracht werden, die auch überhaupt keine Lust auf einen Bürojob haben und aus Leidenschaft zur See fahren?

Soweit nur mal meine Meinung, weshalb ich es kritisch sehe noch zu empfehlen, sich für eine Ausbildung in der Seefahrt zu entscheiden.
Denn die zu besetzenden Stellen sind rar und werden immer weniger. Direkt nach der Ausbildung in die Arbeitslosigkeit zu rutschen, ist nicht das gelbe vom Ei und wünscht man keinem.
Jedoch betrifft das Problem nicht nur die Seefahrt, sondern alle anderen Gewerbe. Es ist traurig, aber jeder Mensch ist einfach ersetzbar. Bei den LKW Fahrern schon lange Gang und Gebe (von deutschen LKW Fahrern zu Russen, Rumänen, Bulgaren), wird es in Zukunft sicherlich noch einige andere Branchen treffen.

Gruß
WeißerHai (der sich erstmal für einige Tage abmeldet, um wieder vor der Nordseeküste umherzuschippern)
Uwe T.
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Re: Ausflaggungen bei NSB (und Anderen?)

Beitrag von Uwe T. »

Moin,

ob Seefahrt, Baugewerbe, Einzelhandel oder andere Branchen. Deutschland ist nicht nur aus demografischer Sicht ein sterbendes Land. Darin werden wir uns gewöhnen müssen.

Grüße und ein schönes Wochenende,

Uwe
Tim S.
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Re: Ausflaggungen bei NSB (und Anderen?)

Beitrag von Tim S. »

Solche Pauschalierungen sind ja nun ziemlicher Nonsens und nicht zielführend in der Diskussion. Plattes Geschwafel gehört an den Stammtisch und nicht hierher.
Uwe T.
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Re: Ausflaggungen bei NSB (und Anderen?)

Beitrag von Uwe T. »

Lieber Tim S.,

dass Respekt vor den Meinungen anderer Menschen, die abseits von deinem Dogma liegen, bei dir leider nur rudimentär bis gar nicht vorhanden ist, ist hiesigem Plenum hinlänglich bekannt. Mein Posting als Geschwafel zu deklarieren, ändert an meiner Meinung aber nichts.

Gruß,

Uwe
Spatenpauli
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Re: Ausflaggungen bei NSB (und Anderen?)

Beitrag von Spatenpauli »

Tim S. hat geschrieben:Solche Pauschalierungen sind ja nun ziemlicher Nonsens und nicht zielführend in der Diskussion. Plattes Geschwafel gehört an den Stammtisch und nicht hierher.
Tim da bist Du leider auf dem falschen Dampfer. Versuche in der heutigen Zeit, als gut ausgebildeter Fachmann, eine Stelle zu bekommen. Entweder bist überqualifiziert oder dir werden Bedingungen gestellt, die man einfach nicht akzeptieren kann. Warum versuchen denn große Unternehmen, ihre " alten " Fachkräfte los zu werden und neue Leute einstellen, die weniger als die Hälfte bekommen. Meine Frau hat in ihrem Job, 1997. 36 DM pro Stunde bekommen. Darin enthalten waren 5,- DM Nachdienstzuschlag. Heute bekommen die " neuen " Mitarbeiter, unter verstärktem Leistungsdruck, 8,75 Euro. Nachtdienstzuschlag, no, Urlaubs und Weihnachtsgeld, no. Da könnte ich dir noch einige andere Beispiel aufzeigen. Wir bekommen hier amerikanische Verhältnisse und die sind mehr als grottenschlecht. Ich bin froh, daß ich schon sooo Alt bin und mit 55 Jahren nach Hause gehen durfte und 92 % Rente / Betriebsrente bekomme, immer nach dem Nettoeinkommen / Berechnungen von Mitarbeitern mit alten Verträgen.
MfG aus Bremen
Maurice
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Re: Ausflaggungen bei NSB (und Anderen?)

Beitrag von Maurice »

WeißerHai hat geschrieben: Den Rückgang der Praxissemesterstudenten kann man leider auch an der mangelnden Anzahl an Plätzen auf Schiffen ausmachen. Im ersten Praxissemester an Bord muss -m.W.n. das Praktikum an Bord eines Frachtschiffs erfolgen. Hier im Forum, in diversen anderen Foren und vorallendingen durch Gespräche mit betroffenen, wird immer öfter erzählt, dass unendlich lang nach freien Plätzen gesucht wird, kaum eine Reederei diese noch nbieten will / kann (alleine der Faktor Verpflegungs- und Reisekosten ist ja mittlerweile ein Thema :roll: ).
Das kann ich nur bestätigen.
Ich kenne mehrere Leute, die Nautik studieren wollten, über 100 Bewerbungen abgeschickt haben und dennoch keinen Praxissemesterplatz, ja nicht mal eine Einladung zum Vorstellungsgespräch bekommen haben.
Manche musste dann sehr schnell den Traum von der Seefahrt an der Nagel hängen, da sie es sich nicht leisten konnten, nun jahrelang möglicherweise vergebens auf einen Praxissemesterplatz zu warten, um das Studium beginnen zu können.
So entschieden sich die beiden Jungen dann doch für das Jura-Studium oder eine Ausbildung, wobei ihr größtes Interesse weiterhin bei der Seefahrt lag.

Bei der Seefahrtschule in Elsfleth will man (oder hat man schon?) das Praxissemester deshalb um einige Semester nach hinten verschieben, um den Studenten wenigstens den Einstieg ins Studium zu ermöglichen.

Viele Reedereien sehen die Erstsemesterstudenten, die nach erfolgreich absolvierten Abitur an Bord anheuern wollen, nur als seemännisch ungebildete Last an, was zu Anfang auch stimmen mag.
Da setzt man vielleicht lieber einen asiatischen Kadetten an Bord ein, der wahrscheinlich die nächsten 20-30 Jahre zur See fahren wird und als OS/AB oder auch als nautischer Offizier um einiges günstiger sein wird, als die europäische Konkurenz!

Die Alternative sind dann noch die Reedereien, die zwar mehrere Praxissemesterstudenten an Bord ihrer Schiffe aufnehmen, dafür aber weder einen Lohn/ein Taschengeld zahlen, und sich am Ende auch noch dagegen wehren, die Kosten für Basic Safety Kurse etc. zu übernehmen.

Da kann man die sinkenden Zahlen der Nautik-Studenten/Sma's/NOA's schon verstehen...

Gruß,
Maurice
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