Havarie und Bergung des TMS "WALDHOF" auf dem Mittelrhein.

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schwedenelch
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Re: Binnentanker "WALDHOF" bei St. Goar gekentert (Fotos)

Beitrag von schwedenelch »

die webcam der rheinzeitung ist gut, da kann man vorbeifahrende schiffe und gesamtszenerie gut überblicken. die vom anderen rheinufer filmende SWR-cam ist dagegen ne ziemliche katastrophe von den bildausschnitten.... stundenlang das heck des frachters in großaufnahme schlechter qualität, nix vom gesamtgeschehen erkennbar.
Peter Hartung
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Re: Binnentanker "WALDHOF" bei St. Goar gekentert (Fotos)

Beitrag von Peter Hartung »

Andreas hat geschrieben:Bergungsdauer von "mehreren Wochen". Hoffen wir nicht, denn die im Stau stehenden Schiffer leiden wolhl ganz schön unter dieser Sperre.

http://www.rp-online.de/panorama/deutsc ... 55361.html
Moin,

Andreas, es geht jedenfalls in der Bergfahrt voran. Hier die letzten "Information an die Schifffahrt" vom WSA Bingen:

Information an die Schifffahrt

Lagemeldung der Revierzentralen Oberwesel und Duisburg
vom 21.01.2011

RVZ Oberwesel 8:35 Uhr:
„Fahrzeuge ab der Reede Bad Salzig können ihre Fahrt zu Berg fortsetzen.“

RVZ Oberwesel 8:56 Uhr:
„Die Schifffahrt ab Andernach kann ihre Bergfahrt fortsetzen bis nach St. Goar.“

RVZ Oberwesel 9:20 Uhr:

„Die Schifffahrt ab Brohl zu Berg kann ihre Bergfahrt fortsetzen.“

Zusatz der RVZ Duisburg:
„Die gesamte zu Berg fahrende Schifffahrt kann ab sofort die Weiterfahrt bis Rhein-km 601 (Ortslage Engers) antreten.“

Quelle: http://www.wsv.de/ftp/presse/2011/00066_2011.pdf

mfg Peter Hartung
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Peter Hartung
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Re: Binnentanker "WALDHOF" bei St. Goar gekentert (Fotos)

Beitrag von Peter Hartung »

Moin!

Mittlerweile gibt es ein "Gemeinsames Pressezentrum Havarie Loreley". Hier die erste Meldung:

Gemeinsames Pressezentrum St. Goarshausen,
Uhrzeit: 21.01.2011 13.00 Uhr
„Havarie Loreley“
- Rhein-Lahn-Kreis
- Wasser- und Schifffahrtsamts Bingen
- Staatskanzlei Rheinland-Pfalz
- Polizei Rheinland-Pfalz
Presseinformation Nr.: -1-
Am Donnerstagabend sind die beiden Schiffhebekräne „Atlas“ und „Grizzly“ am Ort
des Schiffsunglücks an der Loreley eingetroffen. Ein dritter Bergekran wird heute
erwartet. Vordringliche Aufgabe der Kräne ist zunächst die weitere Sicherung des am
Donnerstag, 13. Januar, gegen 5 Uhr morgens gekenterten Tankers TMS „Waldhof“.
Das Tankschiff hat knapp 2400 Tonnen Schwefelsäure geladen. Permanente
Messungen, insbesondere durch das Mess- und Untersuchungsschiff „MS Burgund“,
ergaben, dass kein Austritt der Ladung festzustellen ist. Die gemessenen PH-Werte
sind stabil und zeigen keine Auffälligkeiten.
Da das havarierte Tankschiff bereits mit zwei Stelzenpontons gesichert war, konnte
das Wasser- und Schifffahrtsamt Bingen bereits am Mittwochnachmittag eine
kontrollierte Vorbeifahrt zu Berge versuchsweise durchführen. Am gestrigen Mittwoch
wurden weitere 19 Vorbeifahrten organisiert. Die Bergfahrt ist weiterhin nur durch
einzelne Schiffe und nur nach der Aufforderung durch die Wasser- und
Schifffahrtsverwaltung möglich. Schub- und Koppelverbände dürfen an der
Unfallstelle nicht vorbei. Heute können voraussichtlich ca. 40-50 Schiffe den
Havaristen in der Bergfahrt passieren. Zur Zeit liegen nördlich der Unglückstelle rund
190 Schiffe still, südlich der Unglückstelle etwa 180. Die Talfahrt bleibt weiterhin
gesperrt. Eine Aussage, wann wieder Talfahrt möglich sein wird, kann gegenwärtig
nicht gemacht werden.
Die Vorarbeiten zur Bergung sind nicht nur vor Ort in vollem Gange, wobei die
Sicherung des Havaristen nach wie vor erste Priorität hat.

Die in verschiedenen
Medien verbreitete Information, dass Schwefelsäure abgelassen werde – egal ob
kontrolliert oder unkontrolliert – ist falsch.
:!: :!: :!: (Hervorhebung von mir. Da ist offenbar der rheinl.-pfalzische Staatssekretär Lewentz ("Kontrollierte Einleitung von 50 Litern Schwefelsäure pro Sekunde.") zurück gepfiffen worden.

Die B 42 zwischen St. Goarshausen und Kaub wird heute ab 14.00 bis
voraussichtlich 18.00 Uhr für den Verkehr gesperrt. Auch in den nächsten Tagen wird
es zu weiteren Sperrungen kommen.
Für Pkw- und Anliegerverkehr ist eine nur eingeschränkt leistungsfähige
Umleitungsstrecke ausgeschildert.
Dem Schwerverkehr und überörtlichen Verkehr wird dringend empfohlen, die B 42
zwischen Koblenz und Bingen zu meiden bzw. großräumig zu umfahren.
Hinweis für die Medien:
Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck wird sich am heutigen Freitag
um 16.30 Uhr direkt an der Unglücksstelle über den Stand der Bergungsarbeiten
informieren.
Informationen zu bevorstehenden Pressekonferenzen werden zeitnah unter der
Internetadresse: http://www.wsa-bingen.wsv.de unter der Rubrik „Aktuelles“.

Quelle: http://www.wsa-bingen.wsv.de/pdf/Presse ... _1300h.pdf
+++
mfg Peter Hartung
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Re: Binnentanker "WALDHOF" bei St. Goar gekentert (Fotos)

Beitrag von Peter Hartung »

Moin!

Die "dosierte" Bergfahrt wird heute bei Tageslicht fortgesetzt. Gestern konnten 92 Bergfahrer die Unfallstelle passieren. Die Talfahrt bleibt weiter für voraussichtlich 2 Wochen gesperrt. Aus Sicherheitsgründen. Ständig neue Informationen hier: http://www.wsa-bingen.wsv.de/Aktuelles/presse.php.html

Laut SWR ist nun auch der Schwimmkran "AMSTERDAM" in St. Goarshausen eingetroffen.

Ministerpräsident "Big Boss" Beck himself und sein Staatssekretär Lewentz betätigten sich gestern als "Havarie-Touristen" :mrgreen: und ließen sich bis dicht an den Rumpf der "WALDHOF" heranfahren. WSA-Einsatzleiter Mauermann erklärte die Lage. Ernsthaft: Ortskenntnis ist wichtig. Die verfrühte und inkompetente Äußerung aus der rheinl.-pfälzischen Landesregierung "Wir lassen die Schwefelsäure kontrolliert ab" ist damit (vorerst) vom Tisch angesichts der bestehenden Schwierigkeiten, den Rumpf überhaupt so zu drehen, dass man an die Tankverschlüsse heran kommt.

Heute erfolgen zunächst weitere Materialanlieferung entlang der Rheinstraße (B 42) am Loreley-Hafen. Diese wurde gestern zunächst auf einstreifige Verkehrsführung mit Eingangskontrolle umgestellt und soll ab heute gesperrt werden. Dann sollen die Mammoet-Kräne ´ran, wobei zunächst angeblich zwei Seile unter dem Rumpf durchgezogen werden sollen. Bei Bergungsarbeiten am Schiff ist auch mit Sperrung der rechtsrheinischen Bahnlinie zu rechnen. Die Schaulustigen werden auf die Höhen (rechtsrheinisch die Loreley und Patersberg, linksrheinisch Maria Ruh) des Rheinufers verbannt.

Ein Schubverband, der sich gestern nicht an die wasserschutzpolizeilichen Anweisungen hielt, hat mit strafrechtlichen Konsequenzen zu rechnen.

Unterdessen rutscht der "WALDHOF"-Rumpf, bedingt durch die permanente Unterspulung, weiter langsam in die Tiefe. Da aber gleichzeitig der Pegel sinkt, ist wieder mehr vom Schiff sichtbar geworden.

Den Einsatzkräften und den Bergern kann man nun nur noch viel Mut und Glück wünschen bei ihren schwierigen Aufgaben, wobei die Bergung der Leiche eines Binnenschiffers, die sich angeblich noch im Schiffsinneren befinden soll, die erste Aufgabe sein sollte. Den trauernden Angehörigen wäre damit eine große Sorge genommen.

Über mögliche Bergungsmethoden hat im "Binnenschifferforum" eine lebhafte Diskussion begonnen.

Webcam 1: http://www.rhein-zeitung.de/regionales/webcam.html

Webcam 2: http://www.swr.de/swr4/rp/programm/-/id ... index.html

mfg Peter Hartung
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Re: Binnentanker "WALDHOF" bei St. Goar gekentert (Fotos)

Beitrag von Peter Hartung »

Moin!

Hier eine aktuelle Bilderstrecke von Bord der "CHEYENNE", eines niederländischen Binnenschiffes, aufgenommen während der Vorbeifahrt (Bergfahrt) am 21.1.2011:

http://www.ms-cheyenne.nl/gekenterde%20 ... orelei.htm

Lilian van Deurzen und Chris Pols (nebst Bordkatze Binky :) ) von der "CHEYENNE" haben eine eigene sehenswerte "Webpagina" mit Logbuch: http://www.ms-cheyenne.nl

mfg Peter Hartung
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Re: Binnentanker "WALDHOF" bei St. Goar gekentert (Fotos)

Beitrag von Peter Hartung »

Moin!

Kranschiff "ATLAS" hat die Arbeit an der gekenterten "WALDHOF" aufgenommen.

Bild

Bild

Dazu mehr im Einzelnen in der "Rhein-Zeitung": http://www.rhein-zeitung.de/regionales_ ... 92746.html

mfg Peter Hartung
Zuletzt geändert von Peter Hartung am Mi 26. Jan 2011, 08:57, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Binnentanker "WALDHOF": Bergungsarbeiten haben begonnen.

Beitrag von Peter Hartung »

Guten Abend!

Hier weitere Fotos vom Tage, übernommen aus dem Binnenschifferforum (Bilder vom User "MaBuHo"):

Bild

Bild

Bild

Bild

Morgen früh dann wieder die Zusammenfassung der Ereignisse von heute. Bis dann.

mfg Peter Hartung
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Peter Hartung
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Re: Binnentanker "WALDHOF": Bergungsarbeiten haben begonnen.

Beitrag von Peter Hartung »

Guten Abend!

A. schreibt heute abend im Binnenschifferforum wie folgt:

Hallo liebe Kollegen, ich habe mich schon lange nicht mehr in diesem Forum gemeldet, fast keine Zeit, ins Internet zu gehen.
Also, für alle, die mich kennen: Ich bin nach einem Jahr auf dem Vorspann- Schub-Schlepper „Vogel Gryff“,Basel wieder auf die Strecke fahren gegangen. Bin jetzt seit letzter Ostern auf TMS Zugersee. Zwischendurch habe ich auch auf den andern Schiffen unserer Reederei abgelöst, und somit auch Erfahrungen auf modernen Centertank-Schiffen gemacht. Die ganze Problematik vom „krängen“, die unsere Kollegen hier im Forum beschreiben, kann ich nur bestätigen.
Leider habe ich schon letzten Sommer bei meinen alten Schiffer-Kollegen am Stammtisch (Rest. Schiff, Basel-Kleinhüningen) genau diese Havarie an der Lorelei vorausgesagt. Aber dass sie dann wirklich passiert, und dabei noch 2 Schifferkollegen ums Leben kommen, hat mich trotzdem sehr betroffen und schockiert.
Zur Havarie selber sind bei mir immer noch 2 wichtige Fragen offen:
1. Wie war das Schiff geladen:
entweder die Hälfte der Räume platschvoll und im 1 und 6 ein bisschen zum abladen, so wie es eigentlich mit dieser schweren Ladung gemacht werden muss. (ob es Vorschrift ist, weiss ich nicht)
oder
waren alle Räume ca bis zur Hälfte geladen, so wie es bei einem Kollegen hier im Forum passiert ist. Damit wäre eigentlich die primäre Ursache dieser „Unmöglichkeit“ weitgehend geklärt.
Es existiert sicher eine Kopie oder ein Fax der Schiffsausmessung nach dem Laden. Bis jetzt musste ich auf jedem Schiff diese Ausmessung zusammen mit den anderen Papieren der Reederei, zumindest aber dem Disponenten durch faxen oder mailen.
Wenn sich also irgendwelche Institutionen schwer tun damit, diese Aufmessung der Öffentlichkeit und den Medien mitzuteilen, dann können wir ja unseren Reim machen.

2. Ist der diensthabende Schiffsführer bei den zwei geretteten Kollegen, oder aber bei den Vermissten. Denn seine Aussagen würden uns die Wahrheit zeigen und vielleicht weiterhelfen, dass so eine Katastrophe nie mehr passiert.
Meine Logik: in der Praxis, wenn B Form gefahren wird, schläft um diese Zeit auf fast allen Schiffen die Crew, welche frei hat. Also, wer im Bett liegt und schläft, hat meiner Meinung nach fast keine Change, bei so einem schnellen Schiffsuntergang irgendwie raus zu kommen, (Schock, Verletzung durch Fall und rumfliegende Teile, Wasser etc).
Die mit den größten Überlebens-Chancen bei so einer Havarie, sind die Leute im Steuerhaus, weil sie das Unglück kommen sehen, und sich mit einem Sprung aus dem Steuerhaus sich ins Wasser retten können. Also hat meiner Meinung nach einer der zwei Überlebenden zu diesem Zeitpunkt das Schiff gesteuert.
Natürlich darf in so einem Fall der Schiffsführer von der Reederei aus absolut keine Aussagen machen, das machen dann die Anwälte der Reederei.

Nun, ich bin mit TMS Zugersee auch eines der 200 Schiffe, welche bergwärts in der Sperrung lagen. Ich bin heute Nachmittag durchgekommen. War sehr ein stressiger Tag, vom Bopparder Hang bis zum Betteck habe ich über 6 Stunden gebraucht, natürlich immer fahrend, oder treibend.
Die Nerven lagen blank, (nicht bei mir) aber auf dem Kanal 10. Teilweise habe ich für all meine ungeduldigen Kollegen nur noch geschämt.
Und das Wrack hat mich sehr nachdenklich gestimmt und bewusst gemacht, was wir Schiffer eigentlich jeden Tag leisten, um solche Sachen zu verhindern.
Ein Zwischenfall hat es noch gegeben, als ich die Reede Salzig passiert habe, hat eben am Land ein Container-Verband mit 3 Schubleichtern losgemacht, und angefangen, hinter mir zu Berg zu fahren. Die sehr aufmerksame WSP fragte ihn, was er vor hat. Der Schiffer, sagte (am Kanal 10) er hätte von seiner Reederei, den Auftrag bekommen, weiter zu fahren. Auf die Frage der WSP, wohin denn, sagte er, das könne er ihnen nicht sagen.
Die WSP: sie haben als Verband ein Fahrverbot.
Der Schiffer: nein, ich habe die Order der Reederei.
Die WSP: wenn Sie sich jetzt nicht augenblicklich wieder hinlegen, werden wir durchgreifen. Ich mache sie darauf aufmerksam, dass das hin bis zur Verhaftung der gesamten Besatzung führt.
Diese Argumente haben ihre Wirkung gezeigt, insbesondere als gleich ein zweites WSP-Boot mit Blaulicht daher geschossen kam.
Über solche Hirnlosigkeit von solchen überheblichen Kollegen kann ich nur den Kopf schütteln.
Gruss
A.


+++

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Re: Binnentanker "WALDHOF": Bergungsarbeiten haben begonnen.

Beitrag von Peter Hartung »

Bild
Quelle: webcam

mfg Peter Hartung
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Re: Binnentanker "WALDHOF": Bergungsarbeiten haben begonnen.

Beitrag von Peter Hartung »

Moin!

Hier meine ausführliche Zusammenfassung der Ereignisse vom Wochenende, wofür ich insbesondere die offiziellen Mitteilung des WSA Bingen herangezogen habe. Entschuldigt die "Textwüste" und evtl. inhaltliche Doubletten.

Ich beginne mit Samstag, den 22. Januar 2011:

Am Samstagmorgen, gegen 08:15 Uhr, erreichte der dritte Bergekran „Amsterdam“ den
Unglücksort. Er lag mit den beiden bereits eingetroffenen
Hebekränen im Hafen von St. Goarshausen und wurde einsatzbereit gemacht.
Samstag früh um 08:00 Uhr hatte der Rhein am Pegel Kaub einen Wasserstand von
3,90 Meter. Er fiel in den folgenden 24 Stunden um weitere 30
Zentimeter.

Bild

Die durch das Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) Bingen und der
Wasserschutzpolizei (WSP) kontrolliert vorbeigeleitete Bergfahrt wurde seit
Tagesanbruch wieder aufgenommen. Samstagmorgen standen ca. 100 Schiffe noch in der
Warteposition.

Die Talfahrt ist wie bereits bekanntgegeben weiterhin gesperrt.

Auf der Lagebesprechung wurde von dem Wasser- und Schifffahrtsamt
(WSA) Bingen und der Wasserschutzpolizei (WSP) die große Disziplin der Schifffahrt
gelobt.

Die Bergungskräne „Atlas“ und „Grizzly“ wurden Samstag Nachmittag an
dem Tankmotorschiff Waldhof positioniert. Im Anschluss hieran wurde begonnen
die erforderlichen Stahlseile unter das Schiff zu ziehen. Damit soll das
Tankmotorschiff Waldhof weiter stabilisiert und gesichert werden. Dieser Prozess
kann mehrere Tage dauern.
Ein Hebekran wurde hierzu auf der Kielseite (= Schiffsboden) des Havaristen und der
andere Hebekran auf der Deckseite aufgestellt.
Die Bundesstraße 42 wurde auch am Samstag
von 09.00 Uhr bis 18.00 Uhr zwischen Kaub und St. Goarshausen
gesperrt sein wird. Für Anwohner und Anlieger ist eine örtliche Umleitung
eingerichtet.

Bild
Bildnachweis: WSA Bingen.

Im Verlauf des Samstagnachmittags gelang es dann, das Kranschiff „Atlas“ in die
vorgesehene Arbeitsposition an der Kielseite des Havaristen (rechtes Rheinufer) zu
bringen und sich zunächst selbst im Flussboden zu verankern. Dieser Vorgang sowie
das Anbringen zusätzlicher Sicherungen am Havaristen wurde den Rest des Tages
fortgesetzt.
Für Sonntag, ab Tagesanbruch, war vorgesehen, auch den Hebekran „Grizzly“ in die
vorgesehene Position an der Deckseite des Havaristen (Fahrrinnenseite bzw. linkes
Rheinufer) zu bringen und zu verankern. Erst nach Abschluss dieser Arbeiten könne
die kontrollierte Bergfahrt wie an den Vortagen aufgenommen werden.

Am Samstag wurde dann angekündigt, dass zunächst der
Hebekran „Grizzly“ seine Arbeitsposition auf der Fahrrinnenseite einnehmen wird.
Im Anschluss daran, im Laufe des Vormittags, soll erstmals im Rahmen der
kontrollierten Bergfahrt auch ein Test mit einem Schubverband erfolgen.

Am Samstag konnten 111 Schiffe mit Unterstützung von Wasser- und Schifffahrtsamt
sowie der Wasserschutzpolizei am TMS Waldhof vorbei gelotst werden.
Dies hat erfreulich viel zur Entlastung beigetragen. Gleichwohl rückten aber immer
mehr vom Niederrhein kommende Schiffe nach. Daher wird auch in den folgenden
Tagen ein ständiger Bedarf an kontrollierten Bergfahrten bestehen bleiben.

Die Ereignisse vom Sonntag, den 23. Januar 2011

Nach Tagesanbruch konnte der zweite Bergekran „Grizzly“ am Havaristen
verankert werden. Die Lage des Havaristen ist weiterhin stabil.
Früh um 08:00 Uhr hatte der Rhein am Pegel Kaub einen Wasserstand von
3,59 Meter. Er fällt voraussichtlich in den nächsten 24 Stunden um weitere zehn
Zentimeter.

Die kontrollierte Bergfahrt war fortan nach Aufforderung durch das Wasser- und
Schifffahrtsamt und der Wasserschutzpolizei nach Einzelaufforderung auch für
Schubverbände zulässig. Die Schubverbände haben eine generelle Vorspannpflicht.

In den nächsten Tagen erfolgen weitere Arbeiten zur Bergung des Havaristen.
Deshalb wird es zu erneuten Sperrungen der Bundesstraße 42 und gegebenenfalls
auch zu Behinderungen auf der Bundesstraße 9 kommen. Auch im direkten
Anwohnerbereich der Unglücksstelle kann es ab Montag, 24. Januar 2011,
beiderseits des Rheins immer wieder zu bestimmten örtlich begrenzten
Einschränkungen kommen.

Die Bundesstraße 42 wurde auch am Sonntag wieder von 9 bis 18 Uhr gesperrt.

Die Fähren Kaub und St. Goarshausen fahren weiterhin planmäßig.

Die Polizei bittet weiterhin Unbeteiligte und Zuschauer die Rheinuferstraßen im
Bergungsbereich zu meiden. Die Zufahrt zum Loreley-Plateau ist frei.
Darüber hinaus sind mehrere Web-Cams installiert, die die Unglücksstelle
unmittelbar zeigen.

Bei der Bergung des havarierten TMS „Waldhof“ konnte am Sonntag ein weiterer Schritt
eingeleitet werden. Die beiden Hebekräne „Atlas“ und „Grizzly“ sind auf beiden
Seiten der „Waldhof“ in Position gegangen und haben sich verankert. Ein sicherer
Stand von beiden Kranen ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für den
erfolgreichen Fortschritt der Bergung. Hierzu werden zwischen den Bergekränen
mehrere Stahlseile unter dem Havaristen gezogen. Damit soll gewährleistet werden,
dass bei den anstehenden Arbeiten eine unkontrollierte Bewegung des gekenterten
Schiffes nicht möglich ist.

Wie bereits dargestellt, wird dieses Einziehen der Stahlseile voraussichtlich zwei bis
vier Tage dauern.

Danach werden Taucher eingesetzt, die im TMS Walhof nach den beiden vermissten
Besatzungsmitgliedern suchen.

Anschließend wird eine Beprobung hinsichtlich des Zustandes der Ladung in den
Tanks durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Messungen werden den Ablauf der
weiteren Arbeiten maßgeblich beeinflussen (Sicherheit der Bergungskräfte).

Zur möglichen Übernahme der gefährlichen Ladung sind bereits Schubleichter
(Tankschiffe) auf dem Weg zur Unglücksstelle.

Freitag und Samstag konnten 92 bzw. 111 bergfahrende Schiffe durchgelotst
werden.

Bild

Am Sonntagmorgen, nach der Positionierung des Hebekrans „Grizzly“, lief
die kontrollierte Bergfahrt erneut an. Nicht zuletzt aufgrund der hohen
Disziplin der beteiligten Schiffsführer sind die Verantwortlichen guter Dinge, dass
auch heute eine ähnlich hohe Anzahl an Schiffen erreicht werden kann. Nach den
positiven Erfahrungen der Vortage mit Einzelschiffen, konnte am Sonntag auch
Schubverbänden die kontrollierte Bergfahrt ermöglicht werden.

Wie der Leiter des Wasser- und Schifffahrtsamtes Bingen Martin Mauermann
(Havarieleiter Wasserbereich) betonte, wird die Talfahrt allerdings auch in den
kommenden Tagen nicht möglich sein. Neben einer Vielzahl nautischer Aspekte,
würden „Talfahrer“ die Rettungskräfte einem
unvertretbar hohen Risiko aussetzen.

Die Risiken der Talfahrt sind wesentlich größer als die der langsameren Bergfahrt.
Wegen der möglichen Gefährdung der an den Bergungsarbeiten beteiligten
Menschen und den denkbaren Gefahren durch eine mögliche Kollision, hat das
verantwortliche Wasser- und Schifffahrtsamtes Bingen entschieden, die Talfahrt
weiterhin zu sperren.

Im Rahmen der kontrollierten Bergfahrten wurden im Verlauf des Sonntags 90
Schiffe vorbei gelotst, darunter alle wartenden Schubverbände. Damit konnte Sonntag
allen im Wartebereich liegenden Schiffen zur Weiterfahrt verholfen werden.
Trotz der regnerisch-kühlen Witterung herrschte am Sonntag reges
Personenaufkommen an der Havariestelle, sowohl seitens der Medien als auch der
Bevölkerung.

Bild

Stand der Bergearbeiten an der "WALDHOF"

An der „Waldhof“ ist der zweite Hebekran in Position gegangen
und verankert worden. Die ersten zwei Drähte wurden von den Kränen
„Atlas“ und „Grizzly“ unter das Heck des Havaristen gezogen. Weitere
Drähte werden folgen. Sobald diese Arbeiten abgeschlossen sind, wird
die „Waldhof“ erneut nach den vermissten Besatzungsmitgliedern
durchsucht.

Danach erfolgt die Untersuchung der Ladetanks, Ballasttanks und
Wallgänge auf das Vorhandensein von Wasserstoffgas und auf den
Zustand der Schwefelsäure. Von den Ergebnissen dieser Untersuchungen
hängt der weitere Ablauf der Bergungsarbeiten entscheidend
ab.

Talfahrt bleibt weiter gesperrt.

Der Entscheidung des Wasser- und Schifffahrtsamtes Bingen, die Talfahrt
zwischen Oberwesel und Sankt Goar bis zur Bergung des gesunkenen
und mit hochkonzentrierter Schwefelsäure beladenen Tankschiffs
„Waldhof“ zu sperren, liegen folgende Erwägungen zu Grunde:
- Talfahrer nehmen erheblich mehr Platz in Anspruch als Bergfahrer
- Talfahrer benötigen für ein Aufstoppen Strecken von 300 bis
500 m.
- Bei technischen Problemen oder Ausfällen von Antrieben oder
Steuereinrichtungen während der Talfahrt kommt es mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit zu einer Kollision mit
der „Waldhof“. Die Geschwindigkeit der Talfahrt ist etwa dreimal
so groß wie die der Bergfahrt.
Die Risiken der Talfahrt sind deshalb wesentlich größer.
- Es ist nicht auszuschließen, dass sich in den Ladetanks oder
anderen Hohlräumen der „Waldhof“ durch die Reaktion von
Schwefelsäure und Stahl Wasserstoffgas gebildet hat. Bei einer
– auch nur leichten – Kollision eines Talfahrers mit dem Havaristen
bestünde daher erhebliche Explosionsgefahr.
- Die „Waldhof“ liegt zu einem großen Teil im normalen Fahrweg
der Talfahrt. Deshalb würden die Schiffsführer auf einen ihnen
in der Talfahrt nicht vertrauten Fahrweg zwischen der Loreley
und dem Bankeck gezwungen. Die Strömungsverhältnisse dort
sind durch das gesunkene Schiff zudem erheblich verändert
und den Schiffsführern unbekannt. Dies erhöht das Risiko von
Fahrfehlern auf ein unkalkulierbares Maß.

Bergfahrt mit Einschränkungen möglich

Die Bergfahrt über Rhein-km 601 hinaus ist nur nach Anordnung des Wasser- und
Schifffahrtsamtes Bingen oder der Wasserschutzpolizei möglich. Ausgenommen hiervon
sind Fahrzeuge / Verbände, die in die Mosel einfahren oder in Bendorf oder Wallersheim
laden oder löschen.
Das Wasser- und Schifffahrtsamt Bingen regelt die Bergfahrt von Fahrzeugen in St. Goar
zwischen 8:00 Uhr und 17:30 Uhr. Außerhalb dieser Zeit ist die Bergfahrt gesperrt.
Verbänden ist die Bergfahrt zwischen St. Goar und Oberwesel verboten.
Bergfahrende Fahrzeuge müssen zwischen Rhein-km 557 und 555 mit Vorspann fahren,
wenn
- keine Bugsteuereinrichtung vorhanden ist oder
- die spezifische Leistung unter 1 PS/to liegt
Diese Regelung gilt bis auf Weiteres. Sie wird an den Fortgang der Bergungsarbeiten
angepasst.

Bild
Bildnachweis: WSA Bingen.

Fallende Pegelstände im Bereich der Unglücksstelle

Das Wasser- und Schifffahrtsamt Bingen weist hiermit ausdrücklich auf
die weiter fallenden Wasserstände hin.
Die oberhalb von St. Goarshausen wartenden Talfahrer werden gebeten,
sich rechtzeitig darauf einzustellen. Bei Leichterungen ist insbesondere
der Pegel Oestrich zu berücksichtigen.


Soweit die den Mitteilungen des WSA Bingen entnommenen Informationen vom Wochenende.

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