Interessanter Untersuchungsbericht Unfall "Chicago Express"

ASchröder
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Interessanter Untersuchungsbericht Unfall "Chicago Express"

Beitrag von ASchröder »

Hallo Zusammen,

anbei der Link zu einem sehr interessanten Unfallbericht des "BSU" zu einem tragischen (tödlichen) Seeunfall
an Bord der "Chicago Express" am 24.09.2008.

Hieraus wird deutlich was "schweres" Wetter begleitet von weiteren Umständen (Sicherungsmaßnahmen) auf der Brücke
selbst mit einem Schiff dieser Größenordnung anrichten kann

Untersuchungsbericht Chicago Express

Viele Grüße aus Kiel.

Andreas.
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Fritz
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Re: Interessanter Untersuchungsbericht Unfall "Chicago Express"

Beitrag von Fritz »

Hallo,

danke für den Bericht, fand ihn interessant.

Hier gab es auch mal einen Bericht/eine Quellenangabe etc. zu einem tragischen Geschehen in der Maschine. Ing. im Spülluftkanal umgekommen.
Kann mir jemand die Quelle sagen, den Bericht geben?

Gruß

Fritz
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Michael Bender
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Re: Interessanter Untersuchungsbericht Unfall "Chicago Express"

Beitrag von Michael Bender »

Fritz hat geschrieben:Hallo,

danke für den Bericht, fand ihn interessant.

Hier gab es auch mal einen Bericht/eine Quellenangabe etc. zu einem tragischen Geschehen in der Maschine. Ing. im Spülluftkanal umgekommen.
Kann mir jemand die Quelle sagen, den Bericht geben?

Gruß

Fritz
Hallo Fritz

Das war auf der London Express.

Link: http://www.bsu-bund.de/cln_005/nn_11126 ... 329_03.pdf

Gruß Micha
Meine Frachtschiffreisen & mehr auf meiner Website : http://www.micha2009.de
Fritz
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Re: Interessanter Untersuchungsbericht Unfall "Chicago Express"

Beitrag von Fritz »

Danke Micha

Fritz
Blaubaer

Re: Interessanter Untersuchungsbericht Unfall "Chicago Express"

Beitrag von Blaubaer »

Moin,

der Bericht ist sehr interessant und wurde auch von mir im Rahmen meiner Tätigkeit als DPA analysiert.

Ich möchte dazu allerdings folgende Anmerkungen machen:

1. Eine Reduzierung des GMs auf ein erträgliches Niveau ist fast unmöglich. Selbst bei freien Oberflächen in
allen Ballast Tanks hätte die vieleicht 50 - 70 cm gebracht.
2. Eine Möglichkeit zur Reduzierung wäre gewesen die Beladung anders zu planen, d.h. leichte Container nach unten,
schwere nach oben. Allerdings ist dies vielen Plannern zuwieder weil es gegen (veraltete) Regeln der Seemannschaft
ist. Erschwerend kommt hinzu dass moderne Containerschiffe nur ein sehr eingeschrenktes Stackweight an Deck haben
und dass die Lashing Forces sehr schnell 100 % erreichen können.
3. Gurte an den Sitzen hätten möglicherweise den Kapitän schützen können. Fehlende Handläufer mag sich die
Bauaufsicht sowie die SEE-BG auf ihre Fahnen schreiben. Dies hat auch schon zu schweren Unfällen auf
Probefahrten in der Nordsee geführt.
4. Wo bitte steht dass der Rudergänger stehen muss? Mein Kapitän wärend der Ausbildung vor 40 Jahren war der
Meinung das muss so sein, hier sollte vielleicht etwas moderner gedacht werden.
5. Es gibt sehr wohl Systeme um die Rollbewegungen zu dämpfen. Ich meine da nicht Flossen wie auf Passagierschiffen
die nur Brennstoff kosten. Flume Tanks könmnen hier helfen, mit richtiger Dimensionierung und etwas Erfahrung
beim Befüllen lassen sich Rollbewegungen fast ganz vermeiden. das Problem ist nur: sie kosten Geld und benötigen
extra Platz. Die Frage ist: was machen ein paar mehr BRZ bei einem Schiff dieser Grösse aus in Relation zum
Gewinn an Sicherheit?
Infos über Flume Tanks: http://pws.prserv.net/flumetankstabilizers.htm
Google bietet da noch weitere Links zu an

Es mag im Nachhinein einfach sein diese Situation zu bewerten, wer dies aber schonmal mitgemacht hat und ohne
Verletzungen davon gekommen ist sieht es vielleicht etwas anders.
bonito
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Registriert: Mo 25. Feb 2008, 18:21

Re: Interessanter Untersuchungsbericht Unfall "Chicago Express"

Beitrag von bonito »

Blaubaer hat geschrieben:Moin,
2. Eine Möglichkeit zur Reduzierung wäre gewesen die Beladung anders zu planen, d.h. leichte Container nach unten,
schwere nach oben. Allerdings ist dies vielen Plannern zuwieder weil es gegen (veraltete) Regeln der Seemannschaft
ist. Erschwerend kommt hinzu dass moderne Containerschiffe nur ein sehr eingeschrenktes Stackweight an Deck haben
und dass die Lashing Forces sehr schnell 100 % erreichen können.
Dieses Problem ist leider etwas komplexer. Es ist weniger das Stackweight als die von dir erwähnten Lashing Forces, welche quasi im Wege stehen.
Um das GM mit der Ladung zu reduzieren, müssen die schweren Container an Deck. Dieses wird auch, soweit durchfürbar auch in der Planung berücksichtigt.
Aber : Um das GM zu reduzieren, müssten schwere Container so hoch wie möglich an Deck gestaut werden, also auch über der 3. Lage hinaus. Da das GM jedoch sehr hoch ist, reichen dafür die Lashkräfte nicht. Somit geht zwangsweise zumindest ein Teil der schweren Ladung wieder unter Deck und das GM wird wieder erhoht.
Die Katze beisst sich quasi selbst in den Schwanz.

Gruss
Blaubaer

Re: Interessanter Untersuchungsbericht Unfall "Chicago Express"

Beitrag von Blaubaer »

bonito hat geschrieben:
Blaubaer hat geschrieben:Moin,


Dieses Problem ist leider etwas komplexer. Es ist weniger das Stackweight als die von dir erwähnten Lashing Forces, welche quasi im Wege stehen.


Gruss
Moin,
ok, da geb ich Dir bedingt Recht, aber:
Es ist ja nun so, dass ersteinmal Ladung gefahren werden soll und der Dampfer auch HKG nicht als ersten Hafen hatte. Ich kenne die jetzigen fahrpläne von HALO nicht, aber die werden sicher auch erst eine Löschreise machen und dann wieder laden. Das bedeutet also ich hab hier nur Transshipments zu laden, und eben mtys die irgendwo anders fehlen. Wurde das Schiff also nicht schon in Europa mit Blick auf die Situation während der Küstenreise vorausschauend angelegt hab ich Probleme. Weiterhin sind alle grossen Terminals nur bedingt in der Lage mir erst leichte Kisten zu geben um die schweren dann an Deck zu laden, dass die ihre Stacks freiwillig umgraben hab ich noch nicht erlebt. Zeitverlust und eine verminderte Produktivität sind da doch gängige Argumente.
Mit leeren Kisten verdiene ich so kein Geld, also kommen die zuletzt wenn noch Zeit ist.
In Ostasien stellt sich das Problem Stackweights meistens auch nicht so, da die Ladung im Schnitt leichter ist als ausgehend von Europa oder den USA, das hatte ich übersehen.

Egal wie ich das beleuchte: Schiffe dieser Größe sind auf Grund der hohen Stabilität wohl nicht so sehr geeignet eine herkömmliche Küstenreise problemlos durchzuführen. Vielleicht wäre es besser sie in einem Hafen voll zu machen und den Rest dann eben auf großen Feedern zu verteilen. Es gibt doch z.Zt. genug 3000 TEU Schiffe die aufliegen.
Eines ist aber sicher: wenn hier nicht schnell Lösungen gefunden werden, dann werden sich dies Unfälle wohl leider häufen und das kann in niemands Sinne sein.

Blaubär, der auchmal 7 Jahre Planer war
bonito
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Re: Interessanter Untersuchungsbericht Unfall "Chicago Express"

Beitrag von bonito »

Hallo Blaubär,
das Problem der zu hohen Stabilität ist zumindest in Europa bekannt und wird, soweit wie möglich, auch berücksichtigt, wobei es von Reederei zu Reederei erhebliche Unterschiede gibt (auch im Schiffbaulichen Bereich). Bedauerlich ist, daß bei einer Reederei, bei der man sich durchaus Gedanken über das Thema macht, solch ein tragischer Unfall passiert ist. Aber wie du ja selbst schreibst, ist gerade die Küstenreise das große Problem. Da du ja selbst 7 Jahre Planer warst, weisst du ja, daß eine gute Planung oftmals einer Quadratur des Kreises gleichkommt.
Gruss
Blaubaer

Re: Interessanter Untersuchungsbericht Unfall "Chicago Express"

Beitrag von Blaubaer »

Moin Bonito,

ein Problem ist allerdings gar nicht richtig beleuchtet worden:
Hätten das Schiff mit diesem GM überhaupt auslaufen dürfen? Ok, eine theoretische Frage, aber: es gibt sicher auch dort max. GM Werte und Laschpläne werden oft mit verminderter Stabilität, also mit einem GM von 1,15 m berechnet.

Dies ist in dem Unfallbericht überhauptnicht bedacht worden. Das es auch im wahren Schiffsbetrieb niemanden, und die Chinesen im Besonderen nicht interessiert ist eine andere Sache :-( , einen Gedanken ist es aber wert.

Ok, mein grösstes Schiff als Kapitän hatte 4400 TEU denn grössere gab es zu der Zeit noch nicht, aber auch da hätte ich mit dem GM nicht auf See sein mögen.

Ich werde mal sehen ob ich den Prof. von der TUHH mal sprechen kann, hätte ich das vorher gelesen, hätte ich ihn in der Nacht des Wissens in Hamburg drauf angesprochen.

In dem Sinne
Blaubaer
bonito
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Re: Interessanter Untersuchungsbericht Unfall "Chicago Express"

Beitrag von bonito »

Blaubaer hat geschrieben:Moin Bonito,

ein Problem ist allerdings gar nicht richtig beleuchtet worden:
Hätten das Schiff mit diesem GM überhaupt auslaufen dürfen? Ok, eine theoretische Frage, aber: es gibt sicher auch dort max. GM Werte und Laschpläne werden oft mit verminderter Stabilität, also mit einem GM von 1,15 m berechnet.
Moin Blaubaer,
Interessante Frage, andererseits haben die Lashings ja gehalten. Aber was Lashkräfte und Stackweights angeht, daüber kann man Stundenlang diskutieren ;) ....
Ich weiss jetz nicht, welches max GM bei der Berechnung der Lashkräfte bei Schiffen der Chicago Express etc zugrunde gelegt wird, dieses wird aber sicherlich deutlich höher als 1,15 M sein.
Bei den 4400 TEU PANMAX Schiffen reichen ja schon ca 1,5 M GM um eine unangenehme Reise zu haben. Wobei es da wohl auch unterschiedlich Ansichten gibt.
Kenne einen Kapitän, der gern 50 cm hat (das auch gern im Nordatlantik) , habe aber auch schon eine Reedereianweisung gesehen (4000 TEU Schiff), daß das GM nicht unter 1,2 M sein sollte. Auch dieses ist ein endloses Thema.
Gruss
Bonito
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