Mai 2023: Mit einem genieteten Oldtimer durch Berlin geschippert

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Johannes7
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Mai 2023: Mit einem genieteten Oldtimer durch Berlin geschippert

Beitrag von Johannes7 »

Moin die Runde,

diesmal folgt (wieder) etwas von der Spree.
Die letzte Fahrt war schon etwas Besonderes, wenn man in diesem Zusammenhang von einem der ältesten Berliner Fahrgastschiffe spricht.

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~ ~ ~ Tag 1/1 ~ ~ ~

Als erstes stand eine Anfahrt nach Spandau auf dem Plan, denn da lag der altehrwürdige und frühere Dampfer.
Über Kontakte erhielt ich die seltene Gelegenheit mitzufahren. Damit wurde ein kleiner Traum wahr :) .

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Einpaar Tage zuvor war ich schon mal dort, um dieses und einpaar andere Bildchen zu machen.

Hier könnt Ihr Euch über den Lebenslauf der HEINRICH ZILLE informieren (https://www.ddr-binnenschifffahrt.de/db ... Id=4003012).
Das dient auch als Quelle der hier im Bericht angefügten Informationen zum Schiff.

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Blick auf den Oberhafen, der zukünftig wieder genutzt werden soll.

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Die Schulenburgbrücke (erbaut 1907 - 1909) soll in einigen Jahren einem Ersatzneubau weichen.

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Die Inneneinrichtung lässt den Betrachter in eine längst vergangene Zeit zurück reisen.

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Kurzer Blick auf den Steuerstand.

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Mit dem Handrad rechts ließ sich die Maschine steuern.

~ ~ ~ Linie: Spandau (Oberhafen) – Friedrichshain (Osthafen) ~ ~ ~
~ ~ ~ Schiff: HEINRICH ZILLE (1896) ~ ~ ~


Nachdem noch ein Kollege zugestiegen war, hieß es schließlich „Leinen los!“. Dieses überaus urige Schiff hat in Berlin eine kleine Fangemeinde.

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So tuckerten wir am Lindenufer von Spandau vorbei.

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1896 trifft 1909! Ahoi, schöne HEITERKEIT.

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Wir verließen die Havel und hielten über Steuerbord auf die Unterspree zu, welche wir zu Berg befuhren.

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An der rechten Uferseite kam der Kühlturm des Kraftwerk Reuter West in Sicht.

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Immer im Ohr: das wohlklingende Tuckern der SKL-Maschine aus dem Schornstein.

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Nach einer Weile kam auch die erste Schleuse in Sichtweite, die Schleuse Charlottenburg.

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Wir setzten unsere Fahrt über den Westhafenkanal fort. Am rechten Ufer: die Stadtautobahn, am linken Industrie ... also wenig interessant.

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Um so mehr gefiel mir die Inneneinrichtung!

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Bis ca. 2019 wurde die HEINRICH ZILLE für Fahrten genutzt. Nur bis 2020 war ich den Binnengewässern noch nicht so zu geneigt :| wie heute.

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Einpaar alte Prospekte zeugten von damaligen Fahrten.

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Später kam dann schon der Westhafen der BEHALA in Sichtweite (https://www.morgenpost.de/berlin/articl ... ssten.html).

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Als die ERNST REUTER 1957 vom Stapel lief, war die heutige HEINRICH ZILLE schon 61 Jahre alt und trug noch den Namen PANKE.

In einem sw-Film über die Baumblüte Werder aus den 1950er Jahren liegt meine Vermutung nahe, dass man sie kurz als PANKE sehen kann.
Hier unter dem Dach unterhalb des Schiffsführers (Minute 05:45 -> https://www.youtube.com/watch?v=w6h5q1vGL_g).

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Während der Fahrt durfte ich mir auch mal den Maschinenraum genauer ansehen :geek: .

Ursprünglich lief sie bekanntlich als Doppelschraubendampfer in Stettin vom Stapel und wurde 1956 in Aken auf Diesel umgebaut und verlängert.

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Erst 1973 wurden die zwei Dieselmotoren wieder ausgebaut und durch nur einen SKL 6 NVD 36-1U mit 218 PS ersetzt. Wir liefen mit ca 200 U/min.

Zw. der Maschine und der Welle gibt es kein Kupplungsgetriebe, was hat zur Folge, dass die Maschine für Manöver gedrosselt und gestoppt werden muss.
Darauf wird die Nockenwelle mittels Druckluft verschoben und die Maschine erneut gestartet.

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Da schaut her! Das wurde für die Ewigkeit gemacht! Nieten wohin das Auge sah.

In der Zwischenzeit hatten wir den Humboldthafen passiert und unterfuhren die Stadtbahnbrücke östlich des Berliner Hauptbahnhofs.
Also schnell wieder an Deck! Wollte ich denn alles verpassen? Nur das nicht, denn die wirklich prachtvollen Bauten lagen erst spreeaufwärts.

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Westlich des Bahnhofs Friedrichstraße mussten wir einpaar Talfahrer durchlassen.

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Die Weidendammer Brücke und die BAURATH HOBRECHT (wie HEINRICH ZILLE zu erst hieß) sind vom Jahr her gleich alt.

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Hier wäre noch ein historisches Bild von 1897, einem Jahr nach der Eröffnung (Quelle: Wikimedia.org/wikipedia).

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Nur das Bode-Museum (erbaut 1898 bis 1904) ist geringfügig jünger, aber ebenso prachtvoll.

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Später hatten wir die Museumsinsel am linken Spreeufer.

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Vor der Mühlendammschleuse mussten wir die LUNA vorbei lassen.

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Darauf liefen wir in die weiter oben genannte Schleuse ein.

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Querab hatten wir die Fischerinsel, einem Teil der ehemaligen Doppelstadt Berlin-Cölln.
Das war die cöllner Seite, am rechten Spreeufer gegenüber wiederum Berlin, was heute als Alt-Berlin bezeichet wird.
Etwas zur Geschichte hätten wir hier (https://www.berlinstadtservice.de/xinh/ ... insel.html, https://www.flussbad-in-berlin.de/geschichte.html).

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Ein Blick ging nochmal über Steuerbord zum Historischen Hafen (http://www.historischer-hafen-berlin.de ... on-andreas). Hier ist der Urprung der Stadt.

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Am rechten Spreeufer hatten wir das über 140 Jahre alte Stadtbahnviadukt (https://sbahn.berlin/aktuelles/artikel/ ... stadtbahn/).

Unser Schiff dampfte schon 1896 von der Jannowitzbrücke mit Fahrgästen hier vorbei bis raus zur Gewerbeausstellung nach Treptow.
Interessantes zur Ausstellung (https://www.tagesspiegel.de/berlin/berl ... 55278.html).

Bis in unsere heutige Zeit hat z.B. die Archenhold-Sternwarte auch bekannt als Riesenfernrohr, die Jahrzehnte überdauert.

Vergleicht man den alten Lageplan mit einem Stadtplan, so wird man sehen, dass sich auf der Fläche des Sowjet-Ehrenmals ein künstlicher Teich befand.
Bei genauerem Hinsehen ist erkennbar, dass die Konturen übereinstimmen. Weiter westlich davon befindet sich eine große Wiese.
Dort stand das Hauptgebäudeder Ausstellung.

Doch zurück zur Schifffahrt. Die heutige ZILLE wurde mit der OBERBÜRGERMEISTER ZELLE (heute WINDFLÜCHTER) als Zubringerschiff gebaut.
Bei dem letztgenannten Schiff erkennt man heute am Bugsteven noch die Nieten.

Das Leben der beiden Schiffe (http://www.berliner-dampfer.de/html/heinrich_zille.html, http://www.berliner-dampfer.de/html/obe ... zelle.html).

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Da hätten wir noch ein altes Pumpwerk (https://industriekultur.berlin/ort/pump ... lsystem-v/).

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Nachdem wir die Oberbaumbrücke …

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… unterquert hatten, liefen wir wieder den Liegeplatz im Osthafen an.

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Also wirklich, das war eine großartige Fahrt! So etwas hat man nicht alle Tage. Ich danke nochmals aus vollem Herzen.

Zum Schluss stellen sich wahrscheinlich einige von Euch noch die Frage, wer eigentlich Heinrich Zille war?
Er war Grafiker, Zeichner, Fotograf und wird auch "heimlicher Vater von Berlin" genannt.
Dazu könnte Ihr Euch hier belesen (https://www.stadtmuseum.de/artikel/heinrich-zille).

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Viele Grüße in die Runde und bis bald mit einem größeren Reisebericht aus Norwegen.

Ahoi und Tschüss,
Johannes
Die Schifffahrt im Herzen - seit über 30 Jahren.
Benno
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Re: Mai 2023: Mit einem genieteten Oldtimer durch Berlin geschippert

Beitrag von Benno »

Moin Johannes,

danke für den Bericht von dem schönen Schiff. Hat bestimmt einen herrlichen Klang.

Gruß Benno
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