Nachdem meine letzte Frachtschiffreise an Bord MS Aurora ja gar nicht so lange zurückliegt und diese auch sehr interessant war, mit Schnee und Eis, war eigentlich geplant, im Sommer einen Städteurlaub zu planen.
Jedoch hat aufgrund meiner Erzählungen über eben diese letzte Reise mein Partner ziemlich Lust auf eine Schiffsreise bekommen, so dass es sich ergeben hat, dass wir in unserem Pfingsturlaub eine solche Reise wieder machen wollen.
So hatten wir bei der Agentur Zylmann angefragt wegen einer Rundreise Richtung Norden für den Zeitraum 20.-5.-02.06.10. Es wurde eine Reise mit der Route Bremerhaven-Kaliningrad-Riga und retour, welche auch gut klang und trotz Visumpflicht reizte es, mal dorthin zu fahren wo die diversen Touristenströme noch nicht eingefallen sind. Gebucht, und es stellte sich im Nachhinein heraus, dass das Schiff MS Lappland heissen wird.
Allerdings nicht für lange. Die Charter des Schiffs ging zuende, stattdessen sollte unser Schiff dann „Emstal“ heissen. Nach einiger Suche nach Informationen usw., war für uns klar, dass dieses Schiff aus diversen Gründen für uns nicht in Frage kommt, worauf wir dann „Heinrich Ehler“ für eine Reise nach Rotterdam angeboten bekommen haben, welche von Rotterdam nach Finnland gehen sollte. Da kam natürlich richtig Freude auf, denn eine Reise auf diesem neuen Feederriesen wäre sicher etwas besonderes.
Leider gab es wieder Fahrplanverschiebungen, so dass es mit unserem Urlaub nicht passend war. Am Ende, 4 Tage vor dem geplanten Reisebeginn hiess es dann, „Lappland“ fährt und es würde wohl heissen Kiel, Bremerhaven, Hamburg, wieder via NOK nach Kaliningrad und Riga.
Schnell den Nachtzug gebucht so dass wir am Donnerstag den 20.5 an Bord gehen konnten. Den Nachmittag vertrieben wir uns noch in Kiel, wo wir unter anderem die Spezialitäten einer mobilen Fischräucherei genossen hatten und ansonsten gebummelt sind. Um ca. 18.00 nahmen wir uns ein Taxi zum Hafen und kamen nach einigem Durchfragen sowie einen Anruf an Bord dann auch an.

Die Kammer für uns beide war mit einem Etagenbett, einer Sitzecke, Tisch und Schrank ausgerüstet und war recht beengt. Irgenwie hatte ich mir das anders vorgestellt und zwar mit Etagenbett, getrenntem Wohn- und Schlafraum und natürlich Kühlschrank. Aber ich hatte da wohl noch die Bilder des Angebots „Heinrich Ehler“ im Kopf. Wie denn auch sei, es war schon die richtige Kammer und wir sagten uns na ja, man hält sich dort ja sowieso nur zum Schlafen auf, das ist schon in Ordnung. Uns wurde aber gesagt, wir könnten auch zwei Kammern haben und so bin ich dann ein Deck höher gezogen, in die Hospitalkammer mit Blick auf den Schornstein. So kann man sich schön ausbreiten und wenn so etwas klappt, ist das natürlich super, wenn nicht, wäre es aber auch o. k.

Mit an Bord ist sowohl die Frau des Kapitäns Freudenthal, sowie die Reederin Frau Heinrich. Mit beiden hatten wir sehr angeregte Gespräche und hat so allerhand erfahren und ausgetauscht.
Abends ging es um 23.00 los in Kiel, leider war es schon dunkel und von der Fahrt durch den Kiel-Kanal haben wir nur den letzten Abschnitt mitbekommen, kurz vor der Ausschleusung Brunsbüttel. Dann ging es bei Tageslicht nach Bremerhaven, wo natürlich alle möglichen Schiffe zu fotografieren waren und ganz besonders habe ich mich natürlich gefreut, als genau vor uns das Feederschiff „Sven“ festmachte, denn damit verbinde ich ein ganz besonders schönes Frachtschiffreiseerlebnis.


Die Zeit in Bremerhaven nutzte mein Partner um sich mal so richtig auszupennen und ich konnte nicht an Schlaf denken, immerhin war draussen so einiges an Verkehr und die Fotos wollte ich mir natürlich nicht entgehen lassen. Das hat natürlich den Nachteil, dass man ab und zu zuwenig Schlaf bekommt, aber den kann man dann schon irgendwann nachholen wenn man auf See ist.

Dies steht natürlich im krassen Gegensatz zu der Annahme, eine Frachtschiffreise könne langweilig sein oder gar nur in Passagen langweilig. Ich habe meist eher damit zu tun, überhaupt genug auszuruhen und irgendwie ist immer etwas los.
Nach einem Tag in Bremerhaven ging es nach Anbruch der Dämmerung um ca. 22.00 Richtung Hamburg los. Als ich aufgewacht war, lagen wir schon am Burchardkai und es war leider sehr neblig draussen, so dass mit Fotografieren nicht viel los war. Zudem legten wir schon bald Richtung CTA ab, von wo es dann am Nachmittag weiter gehen soll Richtung NOK und dann Kaliningrad und Riga.


So hatte ich die Zeit genutzt und mich noch etwas hingelegt, da am CTA nicht so besonders viel los war und zudem das Wetter nicht gut. Die anschliessende Fahrt auf der Elbe ist immer wieder ein Erlebnis mit den diversen Schiffen die es zu sehen gibt und der schönen Landschaft an den Ufern. Da Kapitän Freudenthal nicht sicher war ob wir bei der Schiffsbegrüssungsanlage Schulau auch begrüsst werden, hatte er mittels Signalhorn erfolgreich versucht, Aufmerksamkeit zu erhalten und so konnten wir dann noch die Melodie der deutschen Nationalhymne hören.
Um ca. 16.00 war dann Einschleusung in den Nord-Ostsee Kanal und es ging zügig voran, auch wenn ein Schiff „Baltic Swan“, welches aufgrund seines höheren Tiefgangs langsamer zu fahren hatte, vor uns war – wir aber später in einer Weiche überholen durfren. Nach vielen Fotos und mit reichlich Erschöpfung ging ich gegen Mitternacht dann schlafen, um am nächsten Tag ohne Sicht auf irgendwelches Land wieder aufzuwachen.



Man konnte den Tag geniessen mit Nichtstun, lesen, vorne am Bug sich hinsetzen und den Wellen lauschen und auch mal ein Nickerchen machen. Immerhin soll man ja am nächsten Tag, den 24. Mai in Kaliningrad ankommen und da sollte man dann schon fit sein, um sich auf die Stadt konzentrieren zu können.
Am Morgen wurden wir recht unsanft um 07.00 morgens geweckt, wir mussten in der Offiziersmesse erscheinen zur Gesichtskontrolle durch den russischen Zoll. Was hiess, dass ich schnell in die Klamotten vom Vortag gesprungen bin, in dem Zustand dort hinunter zur Begutachtung, welche einige Minuten dauerte um dann sich nochmals hinzulegen und etwas zu schlafen.
Nach dem Frühstück zu gewohnter Zeit hiess es dann, auf in die Innenstadt. Der 1. Ing. hatte einen Teil der Strecke schon mal zu Fuss zurückgelegt und konnte uns immerhin die Richtung sagen. In diese gingen wir, der Rest wurde mit Händen und Füssen erfragt, so dass wir schlussendlich im Bus Nr. 4 sassen, Richtung Innenstadt, nachdem wir nochmals am Zoll unseren Pass vorzeigen mussten. Der Spass kostete 10 Rubel, was ca. 30 Cent entspricht. Wir sahen uns etwas um, wobei auffiel dass es in einigen Nobelläden ziemlich teuer war, dafür aber in anderen normalen Läden eher günstig, und solches wie Brot usw. sehr billig. Nach einem ausgiebigen Rundgang und einen Zwischenstopp in einem Cafe kauften wir noch leckeres russisches Schwarzbrot und Gebäck für billig für die Crew und machten uns wieder auf den Weg zurück.











Allgemein fiel auf, dass einige Strassen und Gebäude sehr gut renoviert sind, einige dagegen dieses dringend nötig haben. Positiv aber, es wird etwas getan. Da es mit unserem Russisch nicht so weit her ist, gab es ab und zu Verständigungsprobleme, es war jedoch immer jemand bereit, uns da etwas auf die Sprünge zu helfen.
Mit vielen Eindrücken dieser sehr kontrastreichen Stadt fuhren wir wieder mit dem Bus Nr. 4 zurück, um aufs Schiff zu gehen, wo es am späten Abend Richtung Riga losgehen sollte.
Geplant war es, ca. 21.00 in Riga zu sein, so wollten wir noch zu Fuss in die naheliegende Innenstadt laufen. Allerdings gab es einen Zwischenfall. Eine Segelyacht mit 2 Personen an Bord trieb mit Motorschaden und Mastbruch in unserer Nähe. Ein anderes Schiff war schon zur Stelle, der Kapitän hielt Kontakt sowohl mit der Crew an Bord der Yacht als auch dem anderen Schiff und der lettischen Küstenwache. Schlussendlich kamen die beiden völlig aufgelösten Crewmitglieder der Yacht an Bord, wo sie erstmal einen Kaffee zum Aufwärmen bekamen und auf das Eintreffen der Küstenwache warteten, welche die Yacht mit den beiden dann ins Schlepp nahm Richtung der nächstgelegenen lettischen Küstenstadt. Für die beiden war der Urlaub erstmal unterbrochen und sie erzählten, dass sie zuerst einen Motorschaden hatten, worauf sie von dem Chemietanker „West Lynda“ abgeschleppt werden sollten, und bei dem Versuch der Mast brach, und sie somit in diese missliche Lage gerieten.
Für uns hiess dies allerdings klar, einige Stunden Verspätung, so dass wir erst um Mitternacht in Riga eintrafen.



(mehr dazu hier
http://www.mdr.de/thueringen/ostseeumse ... 68137.html)
Geplant war ein Gang in die Stadt am nächsten Morgen, woraus leider nichts wurde, da die Lade- und Löscharbeiten schneller vonstatten gingen als geplant. Schade, aber so kann es passieren. Gerne hätte ich Riga mal wieder besucht, es ist immerhin ca. 10 Jahre her, als ich das erste Mal da war.
So konnte ich nur noch die Abfahrt aus dem Hafen fotografieren und ansonsten der Dinge harren, die da kommen mögen. Es gab dort alle möglichen uralten Schiffe.




Langweilig war es jedenfalls nicht, denn die Frau des Kapitäns hatte Geburtstag und lud zu Kaffee und Kuchen ein, und der erste Ingenieur zu einer ausführlichen Führung durch den Maschinenraum. Zwischendrin sassen wir auf der Brücke oder vorne am Bug und liessen uns von der Sonne bescheinen. Fast könnte man in so einer Lage leicht einschlafen, man hört das Wasser und entspannt sich völlig.


In Kiel, wo unsere Reise begann, sollten wir dann eigentlich von Bord gehen, jedoch wurde uns angeboten, dass wir ja noch ein Stück mitfahren können, wenn wir wollen – durch den NOK nach Bremerhaven. Das bot sich natürlich an, nachdem die Reise angenehm ist, und eigentlich viel zu kurz, und es egal ist, ob wir von Bremerhaven oder von Kiel aus den Zug nach Hamburg nehmen. Sozusagen hatten wir also noch eine „Zugabe“ erhalten

Dieselben Auflieger wie vom letzten Jahr sind übrigens immer noch da.
Bei der Einfahrt nach Kiel begegnten wir noch diesem auffällig „geschminkten“ Teil

Die insgesamt dritte Fahrt durch den NOK war wieder am Tag und klar, freute ich mich auf die diversen entgegenkommenden Schiffe, welche man dort fotografieren kann. Das Wetter war nicht gerade warm aber immerhin meist sonnig, so bin ich relativ häufig die Leiter zum Peildeck hinaufgeklettert um von dort schnell Fotos zu machen, und mich dann unten wieder aufzuwärmen, oder einen Kaffee zu trinken.






Am Abend trafen wir dann in Bremerhaven ein und die letzten Sonnenstrahlen liessen den Hafen in einem schönen Licht scheinen. Wir hatten gleich nochmals Glück und konnten mit dem Sohn des Kapitäns im Auto mit nach Hamburg fahren, wo wir sehr spät nachts um ca. 02.00 ankamen.


Abschliessend kann ich nur sagen, dass es eine sehr schöne Reise mit einem familiären Flair war. Man ist an Passagiere gewohnt und so eine Reise macht gleich doppelt so viel Spass, wenn man merkt dass man auf der Brücke jederzeit willkommen ist und man dort auch Sitzecken findet, in denen man sich mal unauffällig verdrücken kann. Ein ganz besonderer Dank geht daher an die Reederin, welche hier solche Reisen möglich macht sowie den Kapitän Herrn Freudenthal und seine Crew, welcher mit seiner lockeren Art und immer interessanten Geschichten dafür sorgt, dass man sich als Passagier gut aufgehoben und willkommen fühlt.

