Reisebericht: 13 Tage mit der MV Ceres

muschelschubser
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Reisebericht: 13 Tage mit der MV Ceres

Beitrag von muschelschubser »

Unsere "Vater & Sohn" Tour sollte uns, in 9 Tagen, über Weihnachten und den Jahreswechsel, von Bremerhaven über Hamina (via NOK) nach Helsinki, zurück nach Bremerhaven (via NOK) und dann nach Hamburg führen.

Schlussendlich wurde dann doch ein deutlich längerer Törn daraus, aber dazu später mehr.

„Unser Schiff“:

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Die MV Ceres, knapp 2 Jahre alt, Ma Wei Shipbuilding Ltd, 140,7x23,2m, ca. 880 TEU, Reederei Gebr. Winter, aktuell im Charter bei Unifeeder.
Bei der Reederei Gebr. Winter läuft noch das, etwas ältere, Schwesterschiff Carat. Zwei weitere Schwesterschiffe dieses Typs stehen kurz vor der Auslieferung.

Im Idealfall wollten wir schon am 22.12. in Hamburg an Bord gehen. Bedingt durch persönliche Umstände und eine kurzfristige Abfahrtszeitverschiebung schafften wir das dann leider nicht mehr.


Tag 1.

Also hieß es am 23.12. in Bremerhaven aufzusteigen. Die Taxifahrerin die uns zum Zentralgate fuhr, sagte uns, dass wir gar nicht zur Rezeption zu gehen bräuchten sondern gleich zum Wartehäuschen am Terminalzaun gehen könnten. Dort wäre ein Klingelknopf auf den wir drücken sollten. Es würde dann kurzfristig ein Shuttlebus kommen. Dem Busfahrer bräuchten wir nur zu sagen auf welches Schiff wir wollen würden du wir würden dann direkt zum Schiff gebracht werden.

Auch von anderer Stelle hatten wir im Vorwege schon von dieser „individuellen“ Auslegung des ISPS-Code in Bremerhaven gehört, also gingen wir ins Wartehäuschen und drückten den Klingelknopf.
Es kam alles so wie beschrieben: Völlig unkompliziert und unbürokratisch.

Die Ceres lag ziemlich am nördlichen Ende der Stromkaje und so wurde schon die Fahrt mit dem Shuttlebus, kreuz und quer durch Van-Carrier und Reach-Stacker zu einem beeindruckenden Erlebnis.
Wenig später wurden wir dann vom Shuttle vor der Ceres abgesetzt.

Die Ladearbeiten an der Ceres waren voll im Gang.
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Kaum waren wir ausgestiegen kam uns schon ein Mitglied der Philippinischen Crew entgegen, hieß uns willkommen und kümmerte sich sofort darum unser Gepäck an Bord zu schaffen.
Als wir am oberen Ende der Gangway angekommen waren wurden wir vom dritten Offizier begrüßt der sich als erstes danach erkundigte ob wir schon zu Abend gegessen hätten oder ob er noch etwas für uns arrangieren solle. Als wir danken ablehnten (wir hatten schon zu Abend gegessen) zeigte er uns unsere Kammern und die Offiziersmesse wo wir unsere Mahlzeiten einnehmen würden.

Nun ging es weiter zum Kapitän, der uns ebenfalls eine sehr herzliche Begrüßung zu Teil werden ließ und sich dann sofort danach erkundigte ob wir noch ein Abendessen haben wollen würden.
Er erzählte uns dann, dass wir morgen früh wohl gegen 6:00 ablegen würden und wir jederzeit auf die Brücke dürften. Dann bat er uns darum, wenn ein Lotse an Bord wäre und er gerade mit den Hafenmanövern beschäftigt sei, doch etwas „Abstand“ zu halten um die „Pilots“ nicht zu stressen.

Wir freuten uns über diese großen „Freiheiten“ für uns und über die klare Ansage wann wir uns besser etwas im Hintergrund halten sollten.

Danach gab es dann noch eine „Brückenführung“, mit einer ersten Erläuterung der Brückenausstattung.
Schwer beeindruckt und glücklich über den sehr herzlichen Empfang auf diesem Schiff, machten wir uns daran unsere Kammern einzuräumen
und schauten dann noch lange bei den Ladearbeiten zu.
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Zuletzt geändert von muschelschubser am Fr 13. Jan 2012, 23:29, insgesamt 2-mal geändert.
Beste Grüße
vom Muschelschubser
muschelschubser
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Re: Reisebericht: 13 Tage mit der MV Ceres

Beitrag von muschelschubser »

Tag 2, 24.12.
Der Wecker klingelt um 5:30, schließlich wollen wir doch beim Auslaufen dabei sein.
Bis ca. 4:00 wurde am NTB-Terminal /Bremerhaven mit nur einer Gantry an der Ceres be- und entladen.
Erst danach ging es mit zwei Containerbrücken weiter. Somit verzögert sich unser Auslauftermin auf ca. 11:30.

Unser erstes Frühstück an Bord genießen wir ab 7:30, wir müssen ziemlich ausgehungert aussehen was wir aber nicht sind. Der Cookie bereitet für jeden von uns „gefühlte“ 6 scambled eggs und dazu mindestens 10 Scheiben bacon.

Nach dem Frühstück, um 9:00, bittet und der 3. Offizier zur Sicherheitsunterweisung, zum Probesitzen im Freifall-Rettungsboot sowie zu einem Schiffsrundgang an Deck.
Die Beladearbeiten sind noch voll im Gange und es ist schon sehr beeindruckend wenn, keine 10 m entfernt, ein gut 30t schwerer Container, präzise auf den Twistlocks des Lukendeckels abgesetzt wird.

Bei der Sicherheitsunterweisung erfahren wir, dass wir uns bei den Ladearbeiten nicht an Deck aufhalten sollen und bei den Manövern nicht im Bereich von den Manöverstationen auf der Back und achtern. Ansonsten können wir uns jederzeit frei auf dem gesamten Schiff bewegen.
Das man, auf einem Frachtschiff, nicht nachts oder bei schwerem Wetter auf Deck „rumtobt“ ist eigentlich selbsterklärend und sei deshalb nur am Rande erwähnt.

Um 11:00 geht es los. Das Wetter ist sehr untypisch für einen Heiligen Abend. Wir haben + 10° eine steife Brise aus Südwest. Der Himmel wechselt zwischen absolut wolkenverhangen und strahlendem Sonnenschein
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Nachdem die See auf der Außenweser etwas ruppig war
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Kommen uns dann, aus Hamburg auslaufend, zwei beeindruckende Schiffe vom CMA/CGM und MSC entgegen.
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Der Abendhimmel lässt auf einen schönen Sonnenuntergang hoffen
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Den wir dann auf Höhe von Cuxhaven erleben
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Als wir in Brunsbüttel in die Schleuse einlaufen ist es bereits stockdunkel.
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Also wird unsere erste NOK-Passage leider kpl. im Dunkeln stattfinden. Aber erstmal wird, nach dem Ausschleusen, die gemeinsame Heiligabendfeier stattfinden.

Gegen 18:15 haben wir in Brunsbüttel fertig geschleust sowie den Kanallotsen und die beiden Kanalsteuerer an Bord genommen.
Nun wird die Brücke dem Lotsen überlassen und die gesamte Crew findet sich gemeinsam mit uns beiden Frachtpaxen in der Crewmesse ein.

Neben dem festlich geschmückten Weihnachtsbaum
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stehen für jeden eine riesige Tüte mit Weihnachtsleckereien (von der Reederei ) sowie ein kleines Präsent der Brunsbüttler Seemannsmission bereit.

Die Tische biegen sich förmlich unter den asiatischen und europäischen Köstlichkeiten.
Es gibt Ente, fritierten Fisch im Teigmantel, phillipinische Spezialitäten, Tortellini Salate, Rotwein, sowie 2 Sorten Weihnachtskuchen.

Den von uns für die Crew „gestifteten“ Kasten Bier will der Captain erst morgen ausgeben weil er die gesamte Crew, im Kiel-Kanal, jederzeit einsatzbereit braucht.

Nach dem fürstlichen Heiligabend-Dinner gehen wir noch kurz auf die Brücke. Der Lotse führt ein angeregtes Gespräch mit dem Kanalsteuerer, ansonsten ist wenig Verkehr im Kanal und wir gehen früh in die Koje.

Um ca. 4:00 sollen wir an der Schleuse Kiel Holtenau sein. Das Schleusen und die Fördefahrt wollen wir uns nicht entgehen lassen.

Danach liegen anderthalb Seetage auf der Ostsee vor uns, da können wir dann bestimmt den fehlenden Schlaf nachholen.
Zuletzt geändert von muschelschubser am Fr 13. Jan 2012, 22:29, insgesamt 1-mal geändert.
Beste Grüße
vom Muschelschubser
muschelschubser
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Re: Reisebericht: 13 Tage mit der MV Ceres

Beitrag von muschelschubser »

Tag 3, 25.12.

Der Wecker klingelt um 2:30 und es geht, ziemlich verschlafen, auf die Brücke.
Als könne er meine Gedanken lesen, bekomme ich sofort nach dem Betreten der Brücke einen Kaffee vom 2. Offizier angeboten.
Mit einem heißen Kaffee in der Hand bewundere ich wie der 2. Kanallotse und der Kanalsteuerer die Ceres unter der Levensauer – und Holtenauer-Hochbrücke hindurch in Richtung Schleuse steuern.

In der Holtenauer Schleuse kommt der Fördelotse an Bord und berichtet von einer Sturmwarnung für die kommende Nacht.

Die Fahrt durch die nächtliche Kieler-Förde ist sehr interessant für mich. Hier habe ich, in Kindheitstagen, oft die Sommerferien verbracht und denke gerne an die Zeit hier zurück.


Nachdem der Fördelotse vom Lotsentender abgeholt wurde
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begeben wir uns in die Messe.

Nach einem ausgiebigen Frühstück und einem guten Klönschnack geht es wieder auf die Brücke.

Wir kommen gerade rechtzeitig zur Einfahrt in die Kadettrinne. Gespannt verfolgen wir auf dem Radar und der elektronischer Seekarte wie viel Verkehr in dieser schwierigen und meistbefahrenen Fahrrinne der Ostsee herrscht.

Danach unternehmen wir beiden einen anderthalbstündigen Rundgang auf Deck und erkunden das Schiff
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Inzwischen ist auch die detaillierte Wetterprognose an Bord eingetroffen:
Mittlere- und nördliche Ostsee, Windgeschwindigkeiten bis 25m/s, erwartete Wellenhöhe bis 5m.

Der Captain und der 1. Offizier planen auf Grund der erwarteten Windrichtung die Route ein wenig um. Wir werden nun westlich an Gotland vorbeilaufen.

Den Nachmittag und auch den gesamten Abend verbringen wir auf der Brücke bei zunehmendem Wind und Seegang.

Die Ceres hat ein erstaunlich junges Team an Bord. Das nautische „Führungsquartett“ ist erst Mitte dreißig
Captain, erster Offizier und der Chief-Engineer kommen aus Polen. Der 2. Offizier ist Philippiner, der 3. Offizier und der technische-Offiziersanwärter sind deutsche.
Der 2. Egineer kommt aus Lettland und der Schiffselektriker aus der Ukraine.
Der Rest der der insgesamt sechzehnköpfigen Crew sowie der Koch, von allen liebevoll „Cookie“ genannt, kommt von den Philippinen.

Wir fühlen uns in dieser Internationalen Bordgemeinschaft sehr herzlich aufgenommen.

Es ist spannend mitzuerleben wie die Abläufe auf einem Frachtschiff so sind. In die Kommunikation sind wir als „Passengers“ vom ersten Augenblick an voll mit eingebunden worden.
Der Kapitän versteht es hervorragend die Mannschaft zu führen. Mit so manchem Lächeln und freundlichem Wort geht er als echtes Vorbild voran. Man hat das Gefühl als wenn in diesem Team alle mit Freude zusammenarbeiten und gemeinsam Höchstleistungen erbringen ohne sich dabei übermäßig gestresst zu fühlen. Das was hier auf der Ceres gelebt wird, ist genau das was in sündhaft teuren Teamtrainings an Führungspersonal vermittelt werden soll.

Wir als Frachtpassagiere profitieren unwahrscheinlich davon. Alle unsere Fragen werden geduldig und ausführlich beantwortet. In der Messe und auf der Brücke führen wir lange und gute Gespräche über Gott und die Welt, über die Heimatländer, die unterschiedlichen Bräuche zu Weihnachten und auch über ganz persönliche Dinge.
Beste Grüße
vom Muschelschubser
muschelschubser
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Re: Reisebericht: 13 Tage mit der MV Ceres

Beitrag von muschelschubser »

Tag 4, 26.12.

Ich verbringe eine unruhige Nacht in meiner Koje. Die Ceres rollt um bis zu 15° um die Längsachse.
Es dauert einige Zeit bis ich eine Schlafposition gefunden habe in der ich nicht besorgt bin aus dem Bett zu rollen.

Nach dem Frühstück geht es wieder auf die Brücke.

Hier werde ich von einem, fast schon kitschigen, Sonnenaufgang begrüßt
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Der Wind hat sich nicht so stark entwickelt wie es vorhergesagt war. Auch die Wellenhöhe hat sich bei „nur“ ca. 4m eingependelt.
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Das Schiff rollt weiterhin erheblich und nicht gleichmäßig, da Wind und Wellen schräg von Achtern kommen
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2xBlick aus den Fenstern der Steuerbord-Nock
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Kombiniert mit den Stampfbewegungen hat man manchmal das Gefühl als wenn sich dieses 140 m Schiff wie ein Surfbrett auf den Wellenkämmen verhalten würde.



Nachmittags wird es dann am Himmel noch kitschiger als es morgens schon gewesen ist.
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Nach dem Einlaufen in den Gulf of Finland haben wir dann eine stabile Schiffslage.

Heute Abend lehne ich den, auf der Brücke angebotenen, Kaffee dankend ab und freue mich auf eine entspannte Nacht bei stabiler Schiffslage.

Der Wecker wird auf 0:30 gestellt, weil wir bei der Revierfahrt nach Hamina auf der Brücke sein wollen. Die auf der elektronischen Seekarte bereits markierten Wegpunkte, durch den vorgelagerten Schärengürtel, kündigen einen spannenden Morgen an.

Forts. folgt
Beste Grüße
vom Muschelschubser
Mattis
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Re: Reisebericht: 13 Tage mit der MV Ceres

Beitrag von Mattis »

Moin Muschelschubser,
einen klasse Reisebericht mit sehr schönen Fotos lieferst Du uns hier! Es kommt mir sehr bekannt vor, was Du beschreibst, auch wenn ich mit der AURORA nicht zu Weihnachten unterwegs war. Ich bin gespannt auf die Fortsetzung deines Berichtes und auf Fotos von Vuosaari. Dort habe ich die CERES damals auch angetroffen. (Siehe meinen Bericht "12 Tage mit der MS AURORA unterwegs")
Freue mich auf die Fortsetzung!
LG
Mattis
Detlef N.
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Re: Reisebericht: 13 Tage mit der MV Ceres

Beitrag von Detlef N. »

hallo muschelschubser,
ein wirklich gelungener Bericht. habe selber schon 23 trips
unternommen und kann eure gefühle nachvollziehen.
hast du die tour über eine agentur oder direkt über die
reederei gebucht ?
gruß aus dem cuxland
detlef n.
muschelschubser
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Re: Reisebericht: 13 Tage mit der MV Ceres

Beitrag von muschelschubser »

Tag 5, 27.12. , Teil 1
Noch ziemlich schlaftrunken begebe ich mich gegen 0:45 auf die Brücke.
Eine absolut faszinierende Stimmung empfängt mich. Außer der gedimmten Leuchte über dem Navigationstisch spenden nur die Bildschirme von Radar, elektronischer Seekarte und der Hauptmaschinenüberwachung ein wenig Licht. Draußen funkeln tausende von Sternen über den, nur schemenhaft erkennbaren, Schären.
Die, an dieser Stelle weiß blitzenden, Fahrwassertonnen markieren die Route zur Lotsenstation von Hamina/Kotka. Am Horizont kann man schon schwach den Lichtschein des Hafens von Kotka erkennen.

Nachdem meine Augen sich an die Lichtverhältnisse gewöhnt haben, lasse diese einmalige Stimmung auf mich wirken und erschrecke ziemlich als der 2. Offizier mir einen Kaffee anbietet. Mit einem dampfenden Kaffee in der Hand ziehe ich mich nun erstmal auf das „Gästesofa“ an der Backbordnock zurück.


Wenig später kommt der Lotse an Bord welcher nun, gemeinsam mit dem Captain, die Revierfahrt durch den Schärengürtel nach Hamina übernehmen wird.
Die Elektronische Seekarte hatte am Vorabend nicht zu viel versprochen. Hunderte von kleinen und kleinsten Schäreninseln, meist bewaldet, teilweise aber auch nur nackter Granit.
Ein verwinkeltes und teils sehr enges Fahrwasser welches in einem wilden „Zickzackmuster“ zwischen den Inseln hindurch führt. Der Lotse entscheidet sich für die östliche Route nach Hamina.

Als ich mir diese Route auf dem Navigationstisch anschaue, staune ich nicht schlecht. An einer Stelle der Route sind dort nur 2,6 m Wassertiefe eingezeichnet. Viel zu wenig für die Ceres mit Ihren, aktuell, 8,7 m Tiefgang. Aber was mache ich mir, als Landratte, Gedanken um Dinge von denen ich keine Ahnung habe. Captain und Lotse werden schon wissen was sie tun.
Wir nähern uns mit 10 Knoten Geschwindigkeit der, vermeintlichen, Untiefe und ich schaue gespannt auf das Echolot. An der flachsten Stelle sind es dann aber immer noch mehr als 5 m Wasser unterm Kiel. Also müssen die Finnen diese Stelle ausgebaggert haben um noch eine zweite Anfahrtsroute für größere Schiffe nach Hamina zu bekommen.

Direkt danach schaltet der Lotse den Autopiloten ab und bittet den Captain die Handsteuerung zu übernehmen.
Im ca. Minutentakt sagt der Lotse nun laut und deutlich den neuen Kurs an. Die Ansage wird vom Captain wiederholt an dann am Steuer umgesetzt. Meist handelt es sich lediglich um Kursänderungen von nur einem °. Das Fahrwasser ist hier extrem eng. Nach dieser kniffeligen Stelle wird wieder auf Autopiloten umgeschaltet und die Lichter des Hafens von Hamina liegen vor uns. Nach einem perfekten Anlegemanöver ist die Ceres nun, gegen 3:30, festgemacht und die Hauptmaschine wird abgestellt. Der Captain geht von ca. 5-6 Std. Liegezeit in Hamina aus.


Nun verziehe mich in meine Kammer und falle augenblicklich in einen sehr tiefen Schlaf. Ich bekomme es nicht Mal mit, als gegen 6:00 mit den Entladearbeiten der Containerreihe unmittelbar vor meinem Kammerfenster begonnen wird.

Gegen 8:00 steht mein Sohn lachend vor meine Koje:
„Eh Papa, wenn Du noch etwas zum Frühstück haben willst musst Du jetzt langsam mal aufstehen. Ich war übrigens schon unterwegs und habe Fotos der Entladearbeiten gemacht.
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„Draußen ist der herrlichste Sonnenschein, also hoch mit Dir jetzt“.


Eigentlich könnte ich gut noch einige Stunden schlafen, aber die morgendlichen Eier-Variationen des Cookies möchte ich mir auch nicht entgehen lassen.
Also machen wir uns auf den Weg in die Offiziers-Messe.
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Verschlafen nehme ich am Tisch Platz. Heute gibt es Rührei und dazu eine Bratwurst, Thüringer Art. Eine außergewöhnliche Kombination, aber äußerst lecker.

Dann kommt der Cookie mit einer halbierten Pampelmuse für jeden. Als ich die Pampelmusenhälfte näher in Augenschein nehme, werden Kindheitserinnerungen wach. Meine Großmutter hatte die Pampelmusen für die Enkel immer ebenso vorbereitet wie sie nun heute Morgen vor mir steht: Das Fruchtfleisch ist mit einem Messer sorgfältig aus der Schale gelöst und dann senkrecht in Form von Tortenstücken eingeschnitten. So muss selbst jetzt nur noch mit einem Teelöffel die einzelnen Stücke aus der Schale heben und sie dann essen. Ich freue mich über diesen außergewöhnlichen Service und frage mich wann der Cookie heute Morgen wohl mit den Arbeiten in der Galley begonnen hat, wenn er zusätzlich zu den normalen Tätigkeiten auch noch die Pampelmusen für die insgesamt 18 Personen an Bord so vorbereitet hat.

Wir nutzen die wenigen Tageslichtstunden um einige Impressionen des Hafenlebens in Hamina einzufangen:
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Der Philippinische Bootsmann unternimmt eine Vordecksführung mit uns, erläutert den Ablauf der Stau- und Lascharbeiten und zeigt uns die riesigen Laderäume
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die Manöverstationen auf der Back mit den Festmacher- sowie Ankerwischen, sowie den Farbstore und den Bugstrahlruder-Raum unterhalb der Back.


Die Ladearbeiten verlaufen nur schleppend. Es macht den Anschein als wenn in Hamina andere Arbeitsbedingungen für die Stevedores herrschen. Spätestens alle 2 Std wird eine größere Pause eingelegt und die Ladearbeiten kommen während dieser Pausenzeiten vollständig zum Erliegen. Selbst der Fahrer der Gantry verlässt seine Führerkanzel in luftiger Höhe, steigt zu Boden herab und wird, nach der Pause, durch einen anderen Kranführer ersetzt.


Vor allem beim Verladen der Oversize-Container
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– wir sollen 10 Flat-Racks mit Maschinenbauteilen, es schaut nach Kraftwerksteilen aus, an Bord bekommen- zeigt sich wie sorgfältig die finnischen Hafenarbeiter mit diesen überbreiten und teils zusätzlich überhohen Containern umgehen. Unser Laderaum 3 gleicht inzwischen eher einem Projektcargo-Schiff als einem Container-Feeder. Allen Ladebemühungen zum Trotz verbleiben schlussendlich dann doch 2 Oversize-Container an der Pier von Hamina, als wir dann gegen 14:30 endlich auslaufen.


Aus geplanten 5-6 Std. Liegezeit in Hamina sind nun 11 Stunden geworden. Nach der Verzögerung vor Bremerhaven und dem schlechten Wetter zwischen Gotland und dem Gulf of Finland, haben wir inzwischen mehr als anderthalb Tage Verspätung gegenüber dem Fahrplan des Charterers.

Der Captain zeigt sich ein wenig besorgt wegen der angekündigten 9 Bft Windstärken für unserem Weg nach Helsinki.


Das „Rückwärts-Ausparken“ aus dem Hafen von Hamina
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erledigt der Captain ebenso souverän wie schon das Anlegemanöver erfolgt ist.
Für mich bleibt es, wieder und wieder, faszinierend wie man einen derart großes Schiff so spielerisch und präzise manövrieren kann.

Forts. folgt
Beste Grüße
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Re: Reisebericht: 13 Tage mit der MV Ceres

Beitrag von muschelschubser »

Tag 5, 27.12. , Teil 2
Hamina verabschiedet uns mit einem traumhaften Abendhimmel
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Kaum haben wir den Hafen verlassen wird mein Sohn, im Vorbeigehen am Fahrstand der Ceres, vom Captain angesprochen.
Noch ehe er es selbst realisiert hat steht er am Steuer der Ceres,
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rechts von Ihm der finnische Lotse und links der Captain. Beide zu Ihm hingeneigt, ruhig erklärend und unterstützend eingreifend. Es gesellt sich nun noch der 2. Offizier dazu. Der einzige der wirklich angespannt dreinschaut ist mein Junior.
Alle anderen sind völlig entspannt und achten nebenbei darauf, dass auch ja nichts schief geht.
Nach der nun erfolgten Einfahrt in den Schärengürtel stellt der Lotse auf Autopilot um, nicht ohne sich vorher beim neuen „Rudergänger“ für die getane Arbeit zu bedanken.

Ich habe die Szenerie von der Nock aus beobachtet und freue mich sehr darüber, wie die Profis einem jungen Menschen einen absoluten Traum erfüllt haben.

Freudestrahlend und innerlich gerade um mindestens 15 cm gewachsen, kommt mein Junior zu mir. Der 2. Offizier gesellt sich noch zu uns und erklärt, dass man doch als Rudergänger mehr den Bug und den Gyro-Kompass im Auge haben solle. So würde man die Kursänderung des Schiffes bemerken, noch ehe es an der Digitalanzeige, oberhalb der Brückenfenster, erkennbar wäre.

Auf dem Weg nach Vuossari, dem neuen Frachthafen von Helsinki, stampft die Ceres schwer gegen den Wind.
Die Brecher gehen über die Back und die Gischt fliegt gegen die Fenster der Brücke.

Beim Einlaufen hat sich der Captain dazu entschlossen die Hilfe eines Heck-Schleppers in Anspruch zu nehmen weil der Wind, mit ca. 8-9 Bft, genau rechtwinklig auf die Kaimauer steht. Mit dem aktuellen Beladungszustand hat die Ceres eine Windangriffsfläche von ca. 1.800 qm. Das ist nur undeutlich weniger als die gesamte Segelfläche der Gorch Fock.
Frierend stehen wir draußen auf der Nock und beobachten dieses beeindruckende Schauspiel.

Gegen 22:00 ist die Ceres an der Kaimauer von Vuossari fest. Unmittelbar nach dem Festmachen beginnen die Entladearbeiten in rasanter Geschwindigkeit. Die Stevedores haben 650 „Moves“ - Container von- bzw. an Bord- vor sich. Der Captain rechnet mit einer Liegezeit von ca. 22-24 Std.

Morgen früh wollen wir von Bord gehen und Helsinki besichtigen.
Beste Grüße
vom Muschelschubser
muschelschubser
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Re: Reisebericht: 13 Tage mit der MV Ceres

Beitrag von muschelschubser »

Danke schön !

Für die positiven Feedbacks zu meinem bisherigen Reisebericht. Ich freue mich sehr darüber und das Weiterschreiben macht so gleich doppelt so viel Spaß.

Buchen lässt sich diese Reise eigentlich über alle namhaften Frachtschiff-Reiseagenturen wie z.B.
- Hamburd Süd Reiseagentur
- Zylmann
- Martina Naß

Das es für einen "Otto-Normal-Frachtschifftouristen" überhaupt möglich sein sollte direkt bei der Reederei zu buchen entzieht sich meiner Kenntnis. Vorstellen kann ich mir das aber, ehrlich gesagt, nicht.

Bucht Ihr denn alle direkt bei der Reederei?

Nochmals vielen Dank
und beste Grüße

vom Muschelschubser
Beste Grüße
vom Muschelschubser
Detlef N.
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Re: Reisebericht: 13 Tage mit der MV Ceres

Beitrag von Detlef N. »

hallo muschelschubser,

ich habe natürlich auch schon über zylmann & co gebucht. die meisten reisen
allerdings über die reedereien direkt. ging zumindest bis märz 2011.
u.a. bei
-briese, leer - komrowski, hh - ehler, otterndorf - heinrich, jork-, drewin, cuxhaven, schepers, haren
es soll noch mehr reedereien geben, die eine direktbuchung durchführen. müsste
ich aber erst noch recherchieren.
gruß aus dem cuxland
detlef n.
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