1. & 2. Fährfahrt. Von Deutschland über Schweden nach Estland

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Lion Prince
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Registriert: Do 5. Apr 2018, 20:01

1. & 2. Fährfahrt. Von Deutschland über Schweden nach Estland

Beitrag von Lion Prince »

:D Im letzten Sommer war ich mit einem über 40 Jahre alten Oldtimer auf meiner persönliche Revival-Tour durch den Norden und das Baltikum unterwegs. Ein Ziel der Reise war es viele in den letzten 40 Jahren besuchte Orte auf einer Tour wieder zu besuchen und einige noch fehlende Fährverbindungen zu nutzen. 5 Wochen später hatte unser Auto 9000 km mehr auf dem Tacho und es waren 13 Fährfahrten auf 11 verschiedenen Routen absolviert.
Wenn man in solch kurzem Zeitabstand verschiedene Fährunternehmen kennenlernen kann, dann lernt man auch schnell, wo die Schwächen der einzelnen Gesellschaften liegen, ein interessanter Nebenaspekt dieser Reise.


Für diese Reise gab es ein paar Zwangspunkte und Wünsche, aus denen sich dann die Route ergab. Da ich eine Vorliebe für Lastwagenfähren habe, wurde diese bei der Route bevorzugt. Ausser der Überfahrt mit Eckerö Linjen, waren alle benutzten Langstreckenfähren in erster Linie auf den Güterverkehr ausgelegt. Ich mag diese Art der Fähren lieber, sie bieten nach meiner Einschätzung, mehr Authentizität. Hier erlebt man in erster Linie arbeitende Menschen der bereisten Länder, auch das Essen orientiert sich mehr an der "Hausmannskost", als bei den Kreuzfahrtfähren, die natürlich auch ihren Reiz haben.

Hier die anderen Teile:
2.Teil: Wird nachgereicht
3. Teil: https://forum-schiff.de/phpBB3/viewtopi ... =14&t=8449
4. Teil: https://forum-schiff.de/phpBB3/viewtopi ... =14&t=8463
5. Teil: https://forum-schiff.de/phpBB3/viewtopi ... =14&t=8466

Die Hitze am Tag hatte ein Niveau erreicht, dass für mich unerträglich war. Um es etwas kühler zu haben, erfolgte die Anreise über Nacht. In der zweiten Nacht erreichte ich den Skandinavienkai in Travemünde, pünktlich zum geplante Termin um 23:30 Uhr. Es war also ausreichend Zeit für den Einkauf von ein paar Reisemitbringseln und auch der Eigenbedarf sollte nicht zu kurz kommen. Bei Hitze soll der Mensch ja viel trinken. . .
Nach dem Einkauf war erstmal Warten angesagt, die FINNPARTNER musste ja erst noch entladen werden.
Die FINNPARTNER ist 1994 bei Stocznia Gdanska, Polen, gebaut worden und kann 274 Passagiere aufnehmen und hat 3050 Lademeter. Ihre Länge ist 183 m die Breite 28,7 m.

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Um kurz nach 1:30 Uhr wurden die PKW vom Führungswagen abgeholt und durften an Bord der Finnpartner fahren. Kurz das Gepäck in die Kabine gebracht und dann zum Mitternachtssnack. Im Jahr davor hatte ich diesen „ Mitternachtssnack“ erstmals auf der Fahrt nach Helsingfors erlebt, dort bestand er aus Brot, Käse, Wurst, Fisch und einer leckeren Suppe. Doch auf der FINNPARTNER gab es dass normale Finnlines Abendbufett. Da ich aufgrund der Hitze den ganzen Tag mein Essen nur getrunken hatte, eine sehr angenehme Überraschung.
Nach dem das Büfett ausreichend geplündert war ging es in die Kabine, wie immer bei Fahrten im Sommer auf Nord- oder Ostsee, eine Innenkabine. Denn nichts finde ich schlimmer als wenn mein leichter Schlaf auf einer Fähre durch den frühen Sonnenaufgang beendet wird.

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Trotzdem war die Nacht eher kurz, denn schon vor 9 Uhr war ich an Deck, wollte ich doch etwas sehen, bisher waren alle meine Fahrten auf dieser Route die 22 Uhr Abfahrten gewesen.

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Die Kreidefelsen von Møn lagen schön in der Morgensonne als ich an Deck kam. Erstmals hatte ich auch die Möglichkeit ein Schiff der Hansaklasse zu erkunden, wie ich feststellte war ich bereits einmal auf einem dieser Schiffe unterwegs gewesen, aber damals war ich direkt in die Kabine und hatte das Schiff nicht kenengelernt. Ja, jetzt konnte ich die Begeisterung verstehen mit der mir immer wieder von den Fähren der Hansaklasse berichtet wurde.

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Beim morgendlichen Brunchbüfett erreichte ich Malmö und kurz nach 11.30 Uhr ging es auf die E6. So ausgedörrt wie 2018 hatte ich das sonst so grüne Schweden noch nie erlebt. Kurz vor fünf war ich an meinem Ziel bei Uddevalla. Selbst der obligatorische Sprung ins kühle Nass musste unterbleiben, der Bootssteg von „meinem“ See stand weit vom Wasser entfernt am Ufer.

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Nach schönen Tagen in Schweden, die zum Service unseres Oldis genutzt wurden, starteten wir um 1 Uhr in der Nacht in Richtung Kapellskär. Als Verladeschluss war 8 Uhr für die Abfahrt um 10 Uhr angegeben. Noch wussten wir nicht wie der alte Knabe die lange Standzeit im Schuppen verkraftet hatte, da schien der Zeitpuffer angebracht. Doch der kleine schnurte wie am ersten Tag über die leere Autobahn nach Örebro. Dann begann bereits der Sonnenaufgang und es wurde schnell unangenehm. Der flache Einfallswinkel der Sonne ließ die Fahrt zum Blindflug werden, besonders die Landstrasse ab Enköping war die Hölle, schön dass wir uns Zeit lassen konnten.

Wir erreichten Kapellskär kurz vor 7 Uhr. Mit allen Papieren und dem Buchungsausdruck ging es in den Container von DFDS. Wir waren die Zweiten an diesem Morgen und es sollten auch nicht mehr viele folgen. Neu für mich war die Selbstbedienung. Am Schalter bekamen wir einen Code, mit dem wir das Tor zum Wartebereich selbst öffnen mussten.

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Die Fähre LIVERPOOL SEAWAYS der DFDS war gerade eingelaufen und ich machte mich bereit ein paar Fotos zu machen, da kamen auch schon unsere Freunde aus Stockholm, das große Hallo vereitelte meine Fotosafari, denn die drei Lastwagen waren schnell entladen und wir mussten an Bord fahren.
Die Fähre LIVERPOOL SEAWAYS ist 1997 bei Visentini, Italien, gebaut worden und kann 340 Passagiere aufnehmen und hat 2300 Lademeter. Ihre Länge ist 186 m die Breite 25,6 m.

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Da die Überfahrt nach Paldiski über den ganzen Tag ging, hatte ich auf die Buchung einer Kabine verzichtet und nur den obligatorischen Schlafsessel dazu gebucht. Ein grosser Fehler, wie ich schnell feststellte. Mein Traum, die Überfahrt dösend auf dem Sonnendeck zu genießen ließ sich jedenfalls nicht umsetzen, die LIVERPOOL SEAWAYS hat keines.

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Schade, dann muss ich wohl doch den Schlafsessel nutzen, noch war ich guter Dinge und wir beobachteten das Einlaufen der VIKING ROSELLA, die ihr Gnadenbrot als Ålandsfärja verdienen muss.

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Sie lief auch bald wieder aus in Richtung Mariehamn, als nächstes sollte die FINNFELLOW folgen, die wir zu einem späteren Zeitpunkt auch noch eingeplant hatten. Doch was war das jetzt? Um kurz nach Neun legten wir ab, eine Stunde zu früh. Wie wir auf Nachfrage erfuhren, waren alle gebuchten Fahrzeuge an Bord, so dass man im Sinne einer besseren Ökonomie vorzeitig ablegte um so etwas Treibstoff zu sparen.

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Wir blieben natürlich draußen bis wir das offene Meer erreicht hatten. Dann, als es draussen zugig wurde, wollten wir uns beim Mittagsmahl stärken, doch an Bord galt schon die OEZ und das Restaurant war bereits in der Räumungsphase. Unsere Freunde verabschiedeten sich in ihre Kabine und wir mussten feststellen, dass an Schlafen im Sessel nicht zu denken war, da die Klimaanlage auf Gefrierhaustemperatur eingeregelt war. Mit klappernden Zähnen sehnte ich den Zeitpunkt herbei, wenn das Restaurant wieder zum Abendessen öffnet.

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Ein gemütliche Bibliothek, wenn es an Bord nicht so kalt gewesen wäre. Die vorhandene Literatur erforderte aber, dass man Estnisch lesen kann.

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Jedes Leiden endet einmal und so kam der Zeitpunkt, an dem auf der LIVERPOOL SEAWAYS wieder Leben einkehrte, das Restaurant und der Shop öffneten wieder. Das angebotene Essen war vorzüglich und was besonders wichtig war, es wärmte von innen.

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Sehr pünktlich liefen wir in Paldiski ein und da wir nur eine Hand voll Fahrzeuge waren, lief das Entladen sehr schnell ab. Jetzt genossen wir die Hitze auf dem kurzen Weg nach Tallinn, die uns den ganzen Tag gefehlt hatte.

Auf dieser Route jedenfalls werde ich, sollte es einmal wieder vorkommen, nur noch Nachts und mit Kabine mitfahren.

Die nächsten Tage verbrachten wir in Tallinn, der Hauptstadt von Estland. Eigentlich hatten wir uns die ausgiebige Besichtigung der Altstadt vorgenommen, die noch immer die alte Hansestadt Reval, den nordöstlichste Punkt des mächtigen Hansebundes anschaulich macht. Ihren großen Reichtum verdankte die Stadt einst ihrer Schlüsselstellung für den Handel des Westens mit dem Russischen Reich und weiter Richtung Osten. Doch bei fast 40 Grad verzichteten wir auf die Kultur des alten Revals und genossen lieber das Strandleben des heutigen Tallinns vor unserer Unterkunft.

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Erstes in Estland gebautes U-Boot von 1854. Komplett aus Holz und 5 m lang.

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Wir machten nur eine Ausnahme, mit dem Besuch des Seeflughafen von Tallinn. Der Aufenthalt im historischen Wasserflugzeug-Hangar versprach Kühle für einen angenehmen und sehr spannenden Rundgang. 200 Exponate sind hier ausgestellt: ein U-Boot mit dem Namen „Lembit“, den 100 Jahre alten Eisbrecher „Suur Tõll“, das Wasserflugzeug Short 184, das Wrack des ältesten Schiffes estnischer Herkunft und viele weitere, darunter auch das Modell der Estonia mit einigen geborgenen Dingen der Opfer und die Schiffsglocke. Dieses Museum sollte man keinesfalls versäumen!

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