Mai 2022: Gdansk, Polferries und Nynäshamn
Verfasst: So 29. Mai 2022, 16:00
Hallo zusammen,
diesmal ging es für mich wieder nach Polen. Genauer genommen zunächst nach Danzig.
Ebenso stand eine Fähre der Polferries auf dem Programm, mit der ich schon lange mal reisen wollte.
Aber der Reihe nach.
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~ ~ ~ Tag 1/6 ~ ~ ~ Nächtliche Reise durch Polen bis Danzig ~ ~ ~
Zu meiner (persönlichen) Freude fuhr der Zug diesmal ab Lichtenberg, dem früheren, heimlichen Hbf auf ehemals Ostberliner Seite der Stadt.
Das Gegenstück war damals der Bahnhof Zoo auf der Stadtbahn.
Er ist noch allgegenwärtig, der alte Reichsbahn-Charme aus vergangenen Zeiten.
Das polnische Ufer der Oder kam in Sicht.
Auf diesem Zuglaufschild fiel mir eine Besonderheit auf. Den Lehrter Bahnhof gibt es als Gebäude seit Jahrzehnten (seit Sommer 1959) nicht mehr.
Quelle: http://www.eisenbahn-berlin.de/lehrterbf/
Guten Abend.
In Wroclaw erfolgte ein Umstieg in einen TLK-Nachtzug in Richtung Gdynia.
Kurz vor Mitternacht kam der Nachtzug in Wroclaw an und hatte dann noch 30 Minuten Standzeit.
Das Bettzeug meiner Liege im 3er-Abteil musste ich nicht machen.
Es lag alles schon bereit und man konnte sich gleich schlafen legen.
~ ~ ~ Tag 2/6 ~ ~ ~ Tag in Gdansk und abendliche Seereise nach Schweden ~ ~ ~
Guten Morgen.
Für so etwas lohnt es sich am Zugfenster zu stehen!
Pünktlich wurde um 06:06 Uhr, ...
... der Danziger Hauptbahnhof erreicht.
Ich schloss hier wieder mein Gepäck in einem der Schließfächer ein, um – sagen wir „unbeschwert“ – durch die Stadt flanieren zu können.
Zunächst zog ich mir eine Tageskarte für den ÖPNV.
Mit der Straßenbahn fuhr ich erstmal bis Jelitkowo (dt. Glettkau), ...
... um etwas Zeit am Strand zu verbringen.
Auf dem Weg zur Altstadt entstand dann noch diese kleine Ansicht hier.
Hier lagen allerhand Boote herum.
Der alte Frachter SOŁDEK passte gut für eine maritime Ansicht.
Eine besondere Geschichte kann die SOŁDEK vorweisen.
Schließlich ist sie das erste Schiff, was nach dem Kriege in einer dann polnischen Werft vom Stapel lief.
Sie ist zwar nicht mehr fahrfähig, wird aber für die Nachwelt als Museumsschiff erhalten bleiben.
Näheres: https://de.wikipedia.org/wiki/So%C5%82dek_(Schiff)
Die Schornsteinmarke der PŻM (Polska Żegluga Morska) findet Ihr in abgewandelter Form auch an anderen Schiffen in diesem Bericht.
Mit größeren Schiffen wird ab Danzig das Seebad Sopot angesteuert.
Mein Weg führte mich in die zweite Reihe der Häuser am nördlichen Ende der Altstadt.
Weil ich mich ja sehr für geschichtliches interessiere, hielt ich wieder nach alten Häusern Ausschau.
Sie sollten natürlich nicht saniert sein! Im Folgenden wurde ich sogar fündig .
Hier kann man links schon mal die Hausnummer 19b (Sukiennicza-Straße) erkennen.
Sowie „Hufbeschlag &“ ...
... „Wagen ... von ... “ (ich vermute mal Wagenräder) ...
... den Vornamen „Adolf“ konnte ich noch entziffern (dann wird es zu unleserlich).
Aber mit Hufbeschlag muss ich wohl richtig liegen. Das Haus wurde 1900 gebaut.
Rechtzeitig holte ich mein Gepäck vom Hauptbahnhof ab, um dann die Weiterreise wasserseitig fortzusetzen.
Das Schiff dafür bekam ich schon etwas früher vor die Linse.
~ ~ ~ Linie: Gdansk – Westerplatte – Nynäshamn ~ ~ ~
~ ~ ~ Schiff: DANUTA (1966) und NOVA STAR (2011) ~ ~ ~
Da ist es, das abgewandelte Reederei-Wappen von dem ich sprach. Hier wäre es die Żegluga Gdańska, die bereits seit 1946 existiert.
Bereits 1966 lief es in einer Danziger Werft vom Stapel und ist immer noch im Einsatz.
Die 40-minütige Fahrt ging an Werften und großen Frachtern vorbei.
So an der WILSON NANJING (IMO 9431018) mit späterem Ziel Ventspils, ...
... an der STAR COURAGE (IMO 9765859), die dann nach Russland und darauf nach Cristobal ging.
Der kleine Tanker ARABELLA (IMO 9909247) hatte als nächstes Ziel England und die Niederlande.
Zum Schluss war da noch die FEDEREAL SABLE (IMO 9595888), die später mit Ziel Nemrut in der Türkei ablegen sollte.
Schließlich kam die NOVA STAR in Sicht!
Erst die PŻM, dann die Żegluga Gdańska und so auch in Form der PŻB Polska Żegluga Bałtycka.
Nur wenn man ab der Altstadt fährt, wird noch bis vor das Westerplatte-Denkmal gefahren, mit folgenden Nebeneffekten.
Der Fahrplan lag praktisch, war er doch folgendermaßen:
16:00 Uhr Abfahrt ab Altstadt (Przystań Pasażerska - Passagierhafen)
16:40 Uhr Ankunft an der Westerplatte mit anschließendem Check-In
17:00 Uhr Einstieg zur Fähre
18:00 Uhr Abfahrt ab Westerplatte nach Nynäshamn
Ich gebe zu, es gab einen Bus, der ebenfalls bis vor das Terminal fuhr. Doch diese Art der Anreise war mir wahrlich lieber .
Weil man schon so früh an Bord war, konnte ich in Ruhe die Kabine aufsuchen und allen Krempel erst mal ablegen.
Pünktlich ging es los.
Blick zum Westerplatte-Denkmal.
Später hatten wir die Danziger Bucht durchfahren und die Halbinsel Hel wurde an Backbord ersichtlich.
Die MEIN SCHFF 6 (IMO 9753208) fuhr von Gdynia nach Visby.
Später konnte ich noch die STENA VINGA (IMO 9323699) und die INSIGNIA (IMO 9156462) ausmachen. Letztere lag an der Westerplatte.
Der Abend stand unmittelbar bevor ...
... und konnte sich wirklich sehen lassen!
Schließlich zog ich mich wieder in meine Kammer zurück. Ich war doch wirklich von der ausserordentlichen Ruhe überrascht.
Kein Klappern und kein nix weiter war zu hören. Es stand ein guter Schlaf an.
~ ~ ~ Tag 3/6 ~ ~ ~ Ankunft ~ ~ ~
Der Morgen sah in etwa so aus.
Es stand nochmal ein kleiner Fotorundgang auf dem Programm.
Die NOVA STAR hat wirklich weitläufige Decks! Das gefällt sehr.
Hier ist ein Detail ersichtlich. Jedenfalls fällt das nur auf, wenn man es kennt (Stichwort Schornstein).
Weitere Innenaufnahmen hier: http://www.faktaomfartyg.se/extra_bilde ... _omb_1.htm
Nynäshamn war nun nicht mehr weit und die GOTLAND lief vorbei.
Zwischen den Schären brauste die Marine herum ...
... bzw. lief aus dem Hafen aus.
Mein Weg führte mich in Richtung des Bahnhofs, doch ich wollte nicht nach Stockholm fahren.
Ich zog es vor hier zu bleiben, um die Zeit in der Natur und am Wasser zu verbringen.
Im Hotel konnte ich mein Gepäck abgeben. Einchecken war noch nicht möglich, weil ich zu früh war. So vertrat ich mir noch die Füße.
Während der kleinen Wanderung sprang sogar ein kleines Bildchen raus.
Es war ziemlich stürmig und die Bäume neigten sich knarrend. Mein Zimmer war auf der Leeseite des Gebäudes und somit einem kleinen Wald zugewandt.
Nachts rauschten jene Bäume im Wind, sonst war nichts weiter zu hören, keinen Straßenlärm o.ä.
~ ~ ~ Tag 4/6 ~ ~ ~ Tag in Nynäshamn und abendliche Seereise nach Polen ~ ~ ~
Nach einer guten Nacht gab es Frühstück mit Blick aufs Wasser.
Ich konnte mein Gepäck nach dem Check-Out noch im Hotel lassen und es auf dem Rückweg abholen. So konnte ich wieder wandern gehen.
Zwischenzeitig zog auch etwas Küstennebel auf.
Nach einigen Stunden war ich dann wieder am Hafen.
Auch wenn der Aufenthalt hier kurz war, konnte ich mich nicht beklagen. Gut, dass ich doch nicht nach Stockholm gefahren bin.
Eine Großstadt kann ich auch so haben !
~ ~ ~ Linie: Nynäshamn – Gdansk (Westerplatte) ~ ~ ~
~ ~ ~ Schiff: WAWEL (1980) ~ ~ ~
Es sei noch anzumerken, dass ich mit der WAWEL schon einmal unterwegs war.
Das war Ende Dezember 2015: https://forum-schiff.de/phpBB3/viewtopi ... =14&t=6533
Ein Blick lohnt sich, denn in der Zeit hat sich einiges geändert (Schiffe, Details und Bahnhöfe).
Wow! Das ist also die „Skyline“ ... ! Ich bin schwer beeindruckt.
Die DROTTEN verholte zu ihrem Liegeplatz, um dann nach Rostock ( ) abzulegen.
„Hmpf, immer diese Leute mit ihren Kameras! Ich verstecke mich jetzt.“
Ätsch !
Blick zum Hafen von Norvik.
Ganz langsam verschwanden die Schären hinterm Horizont. Lindenberg sang einst „hinterm Horizont geht’s weiter ...“
Ui! Ja, das war was schönes! Der war sogar vollständig.
Bei genauem Betrachten sieht man sogar links einen zweiten.
Guten Abend, ...
... gute Nacht.
Nach dem Abendessen ging es schließlich in die Koje. Zunächst und die ersten Stunden war alles gut.
~ ~ ~ Tag 5/6 ~ ~ ~ Tag in Gdansk und abendliche Abreise mit dem Nachtzug ~ ~ ~
Doch gegen 02:00 Uhr wurde wohl die Drehzahl geändert und irgendetwas fing ganz nervig an zu klappern und zu quitschen.
Nicht leise. Gar nicht leise! So bekam ich die nächsten Stunden kein Auge zu.
Ich hatte mir den Wecker auf kurz nach vier gestellt, um den Sonnenaufgang zu bestaunen. Nach nur einem Pips war er schon wieder aus !
Es sollte sich aber gelohnt haben!
Auch deswegen.
Nach dreistündigem „Nachschlafen“ ging es ab zum Frühstück vorne im Salon auf der Steuerbordseite.
Das war meine Kabine, in der sich die eine Koje hochklappen ließ. Sehr praktisch.
Zum Zeitpunkt des Baus des Schiffes fertigte die damals westdeutsche Firma Schmersal die Fahrstühle.
Es kann sein, dass sie zur Kockums Werft in Malmö geliefert wurden, nachdem die Reederei Nordö sie als SCANDINAVIA in Auftrag gegeben hatte.
Lebenslauf der WAWEL: http://www.faktaomfartyg.se/scandinavia_1980.htm
Weitere Innenaufnahmen findet Ihr natürlich unter den folgenden Links.
→ http://www.faktaomfartyg.se/extra_bilde ... _omb_1.htm
→ http://www.faktaomfartyg.se/extra_bilde ... _omb_2.htm
→ http://www.faktaomfartyg.se/extra_bilde ... _omb_3.htm
Das Schild hier wurde wohl nachträglich angebracht. Vielleicht steht es darunter auf schwedisch.
Bald kam auch Hel wieder in Sichtweite.
Hinter der Hafeneinfahrt wurde das Wendemanöver eingeleitet.
Die SAMPOGRACHT (IMO 9288071) mit späterem Ziel Greenock ...
... passte nicht mehr in voller Länge ins Bild.
Diesmal lag die EUROPA 2 (IMO 9616230) an der Westerplatte. Später sollte sie noch Kopenhagen und Kiel anlaufen.
Hier seht Ihr wie kurz der Weg zu dem Fahrgastschiff war.
Diesmal sah der Fahrplan folgendermaßen aus.
12:00 Uhr Ankunft an der Westerplatte
12:50 Uhr Abfahrt in Richtung Altstadt
13:25 Uhr Ankunft Altstadt (Przystań Pasażerska - Passagierhafen)
Zwischen den Fahrten war natürlich genug Zeit über, keine Frage.
Doch man wollte in Ruhe machen und das Fahrgastschiff legte zehn Minuten vor der planmäßigen Abfahrt an.
Mit einem Bus in die Stadt kann man immer noch fahren, wenn ausserhalb der Saison keine Schiffe fahren.
~ ~ ~ Linie: Westerplatte – Gdansk ~ ~ ~
~ ~ ~ Schiff: MAŁGORZATA (1966) ~ ~ ~
Wie auf der Hinfahrt ging es nun mit dem Frachter-Foto-Spaß weiter. Hier war die LADY LILLY (IMO 9642021) mit Ziel Safi, ...
... die SAROCHA NAREE (IMO 9726449) aus Antwerpen, ...
... die SIDER MONTEDIPROCIDA (IMO 9868443) aus Rotterdam, ...
... die DA TONG YUN (IMO 9451343) bei der Schönheitskur, ...
... die ACADIA SEAWAYS (IMO 9809112) - danke, Markus K- ...
... die RYSY (IMO 9452622), ...
... die ISA (IMO 9180358) aus Immingham, ...
... und die SUSANNE THERESA (IMO 9334404), die augenscheinlich das „Titanic-Prinzip“ nicht verstanden hat.
Soo, der wasserseitige Teil der Reise neigt die dem Ende zu.
Das Gepäck ließ ich wieder im Schließfach am Hauptbahnhof. In der Altstadt herrschte emsigen Treiben.
Viele Touristen tummelten sich an interessanten Orten. Nach dem Krieg lag hier alles in Schutt und Asche, nur noch Hauswände standen.
Beachtlich ist, dass doch vieles wieder originalgetreu saniert oder unter Wiederverwendung erhaltener Teile rekonstruiert wurde.
Wenn Häuser Geschichte erzählen könnten … ! Dem Anschein nach könnte diese Säule noch original sein.
An selbigen fiel mir eine Tafel mit einer Inschrift auf. Die da lautet:
„Was Menschen und der Zeiten Zahn dem Hause übles angetan ward hier trotz Krieg mit viel Bedacht nach Kräften wieder gutgemacht“.
Es sollte jedem mal nahe gelegt werden, sich mit Geschichte zu befassen.
Ob das, was man jedoch dazu ließt, wirklich stimmt, ist eine andere Sache. Ich sage es anders.
Es bedarf einen Blick in die Vergangenheit, um zu sehen, was Furchtbares passieren kann.
In der Hoffnung, das ein Jeder daraus seine ganz eigene Lehre zieht.
Anbei wären hier noch zwei historische Filmaufnahmen aus Danzig.
→ 1939: https://www.youtube.com/watch?v=_lZswGqljRY (vermutlich Sommer also vor Beschuss der Westerplatte im September)
→ 1940 bis 1942: https://www.youtube.com/watch?v=6r62TiMoHhY (Hafen mit Altstadt in Farbe)
→ 1942: https://www.youtube.com/watch?v=fBmJU4zGiKw (Hafen - Dampferfahrt nach Bohnsack/Sobieszewo)
→ 1945: https://www.youtube.com/watch?v=nZM612y1m9g
Wie ich zum Beginn der Aufenthalts nach Jelitkowo (dt. Glettkau) gefahren war, tat ich es zum Ende nochmal.
Gute Nacht.
~ ~ ~ Tag 6/6 ~ ~ ~ Umstieg in Wroclaw und letzte Etappe bis Berlin ~ ~ ~
In aller Herrgottsfrühe (kurz nach vier Uhr) musste ich in Breslau umsteigen. So gewählt, so gefahren … !
Dafür hatte ich einen Tag in Danzig.
Kurz nach dem Ausstieg fiel mir diese schöne Lok in Retro-Farben auf!
Die restliche Zeit wurde im Warteraum verbracht. Bloß nicht wegratzen, bloß nicht einschlafen.
Schließlich kam der Zug, der wieder einen längeren Halt hatte, weil noch Waggons angekuppelt wurden.
Mein Abteil war noch leer und ich döste etwas. Rums! Die Wagen waren dann auch dran. Pünktlich ging in die letzte Etappe der Reise.
Zu meiner Freude lief hier ein Wagen mit Schiebefenstern mit!
Wir näherten uns der Stadt Legnica (dt. Leignitz) in Niederschlesien.
So müssen viele Bahnhöfe nach dem Kriege ausgesehen haben.
In einem der Schlafwagen wurde kleines Frühstück angeboten. Mit der Zeit zählte man die Bahnhöfe, die noch bevorstanden.
Mehr war von der Oder nicht möglich, denn kurz nach dem Auslösen rollte auf dem Gegengleis ein langer Güterzug vorbei.
In Frankfurt/Oder erfolgte eine Passkontrolle durch die Polizei. Das war wahrscheinlich im Fahrplan enthalten.
Auch die vielen Betriebshalte auf der Strecke, bei denen uns ein Fernzug und zwei Regionalzügen (!) überholten.
Ein kleiner Knipser mit Spree-Kanal und Kupfergraben sollte zum Abschluss sein.
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So, liebe Leser, ich hoffe Euch hat die kleine Reise auch so gefallen wie mir. Die NOVA STAR wollte ich mir schon früher mal ansehen.
Ich bin überzeugt.
Müsste ich zwischen den Fähren ab Gdansk wählen, würde meine Wahl auf die NOVA STAR fallen.
Auch die Natur um Nynäshamn ist immer einen Besuch wert! Ebenso die Danziger Altstadt.
Viele Grüße in die Runde, Reise, Reise!
Johannes
diesmal ging es für mich wieder nach Polen. Genauer genommen zunächst nach Danzig.
Ebenso stand eine Fähre der Polferries auf dem Programm, mit der ich schon lange mal reisen wollte.
Aber der Reihe nach.
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~ ~ ~ Tag 1/6 ~ ~ ~ Nächtliche Reise durch Polen bis Danzig ~ ~ ~
Zu meiner (persönlichen) Freude fuhr der Zug diesmal ab Lichtenberg, dem früheren, heimlichen Hbf auf ehemals Ostberliner Seite der Stadt.
Das Gegenstück war damals der Bahnhof Zoo auf der Stadtbahn.
Er ist noch allgegenwärtig, der alte Reichsbahn-Charme aus vergangenen Zeiten.
Das polnische Ufer der Oder kam in Sicht.
Auf diesem Zuglaufschild fiel mir eine Besonderheit auf. Den Lehrter Bahnhof gibt es als Gebäude seit Jahrzehnten (seit Sommer 1959) nicht mehr.
Quelle: http://www.eisenbahn-berlin.de/lehrterbf/
Guten Abend.
In Wroclaw erfolgte ein Umstieg in einen TLK-Nachtzug in Richtung Gdynia.
Kurz vor Mitternacht kam der Nachtzug in Wroclaw an und hatte dann noch 30 Minuten Standzeit.
Das Bettzeug meiner Liege im 3er-Abteil musste ich nicht machen.
Es lag alles schon bereit und man konnte sich gleich schlafen legen.
~ ~ ~ Tag 2/6 ~ ~ ~ Tag in Gdansk und abendliche Seereise nach Schweden ~ ~ ~
Guten Morgen.
Für so etwas lohnt es sich am Zugfenster zu stehen!
Pünktlich wurde um 06:06 Uhr, ...
... der Danziger Hauptbahnhof erreicht.
Ich schloss hier wieder mein Gepäck in einem der Schließfächer ein, um – sagen wir „unbeschwert“ – durch die Stadt flanieren zu können.
Zunächst zog ich mir eine Tageskarte für den ÖPNV.
Mit der Straßenbahn fuhr ich erstmal bis Jelitkowo (dt. Glettkau), ...
... um etwas Zeit am Strand zu verbringen.
Auf dem Weg zur Altstadt entstand dann noch diese kleine Ansicht hier.
Hier lagen allerhand Boote herum.
Der alte Frachter SOŁDEK passte gut für eine maritime Ansicht.
Eine besondere Geschichte kann die SOŁDEK vorweisen.
Schließlich ist sie das erste Schiff, was nach dem Kriege in einer dann polnischen Werft vom Stapel lief.
Sie ist zwar nicht mehr fahrfähig, wird aber für die Nachwelt als Museumsschiff erhalten bleiben.
Näheres: https://de.wikipedia.org/wiki/So%C5%82dek_(Schiff)
Die Schornsteinmarke der PŻM (Polska Żegluga Morska) findet Ihr in abgewandelter Form auch an anderen Schiffen in diesem Bericht.
Mit größeren Schiffen wird ab Danzig das Seebad Sopot angesteuert.
Mein Weg führte mich in die zweite Reihe der Häuser am nördlichen Ende der Altstadt.
Weil ich mich ja sehr für geschichtliches interessiere, hielt ich wieder nach alten Häusern Ausschau.
Sie sollten natürlich nicht saniert sein! Im Folgenden wurde ich sogar fündig .
Hier kann man links schon mal die Hausnummer 19b (Sukiennicza-Straße) erkennen.
Sowie „Hufbeschlag &“ ...
... „Wagen ... von ... “ (ich vermute mal Wagenräder) ...
... den Vornamen „Adolf“ konnte ich noch entziffern (dann wird es zu unleserlich).
Aber mit Hufbeschlag muss ich wohl richtig liegen. Das Haus wurde 1900 gebaut.
Rechtzeitig holte ich mein Gepäck vom Hauptbahnhof ab, um dann die Weiterreise wasserseitig fortzusetzen.
Das Schiff dafür bekam ich schon etwas früher vor die Linse.
~ ~ ~ Linie: Gdansk – Westerplatte – Nynäshamn ~ ~ ~
~ ~ ~ Schiff: DANUTA (1966) und NOVA STAR (2011) ~ ~ ~
Da ist es, das abgewandelte Reederei-Wappen von dem ich sprach. Hier wäre es die Żegluga Gdańska, die bereits seit 1946 existiert.
Bereits 1966 lief es in einer Danziger Werft vom Stapel und ist immer noch im Einsatz.
Die 40-minütige Fahrt ging an Werften und großen Frachtern vorbei.
So an der WILSON NANJING (IMO 9431018) mit späterem Ziel Ventspils, ...
... an der STAR COURAGE (IMO 9765859), die dann nach Russland und darauf nach Cristobal ging.
Der kleine Tanker ARABELLA (IMO 9909247) hatte als nächstes Ziel England und die Niederlande.
Zum Schluss war da noch die FEDEREAL SABLE (IMO 9595888), die später mit Ziel Nemrut in der Türkei ablegen sollte.
Schließlich kam die NOVA STAR in Sicht!
Erst die PŻM, dann die Żegluga Gdańska und so auch in Form der PŻB Polska Żegluga Bałtycka.
Nur wenn man ab der Altstadt fährt, wird noch bis vor das Westerplatte-Denkmal gefahren, mit folgenden Nebeneffekten.
Der Fahrplan lag praktisch, war er doch folgendermaßen:
16:00 Uhr Abfahrt ab Altstadt (Przystań Pasażerska - Passagierhafen)
16:40 Uhr Ankunft an der Westerplatte mit anschließendem Check-In
17:00 Uhr Einstieg zur Fähre
18:00 Uhr Abfahrt ab Westerplatte nach Nynäshamn
Ich gebe zu, es gab einen Bus, der ebenfalls bis vor das Terminal fuhr. Doch diese Art der Anreise war mir wahrlich lieber .
Weil man schon so früh an Bord war, konnte ich in Ruhe die Kabine aufsuchen und allen Krempel erst mal ablegen.
Pünktlich ging es los.
Blick zum Westerplatte-Denkmal.
Später hatten wir die Danziger Bucht durchfahren und die Halbinsel Hel wurde an Backbord ersichtlich.
Die MEIN SCHFF 6 (IMO 9753208) fuhr von Gdynia nach Visby.
Später konnte ich noch die STENA VINGA (IMO 9323699) und die INSIGNIA (IMO 9156462) ausmachen. Letztere lag an der Westerplatte.
Der Abend stand unmittelbar bevor ...
... und konnte sich wirklich sehen lassen!
Schließlich zog ich mich wieder in meine Kammer zurück. Ich war doch wirklich von der ausserordentlichen Ruhe überrascht.
Kein Klappern und kein nix weiter war zu hören. Es stand ein guter Schlaf an.
~ ~ ~ Tag 3/6 ~ ~ ~ Ankunft ~ ~ ~
Der Morgen sah in etwa so aus.
Es stand nochmal ein kleiner Fotorundgang auf dem Programm.
Die NOVA STAR hat wirklich weitläufige Decks! Das gefällt sehr.
Hier ist ein Detail ersichtlich. Jedenfalls fällt das nur auf, wenn man es kennt (Stichwort Schornstein).
Weitere Innenaufnahmen hier: http://www.faktaomfartyg.se/extra_bilde ... _omb_1.htm
Nynäshamn war nun nicht mehr weit und die GOTLAND lief vorbei.
Zwischen den Schären brauste die Marine herum ...
... bzw. lief aus dem Hafen aus.
Mein Weg führte mich in Richtung des Bahnhofs, doch ich wollte nicht nach Stockholm fahren.
Ich zog es vor hier zu bleiben, um die Zeit in der Natur und am Wasser zu verbringen.
Im Hotel konnte ich mein Gepäck abgeben. Einchecken war noch nicht möglich, weil ich zu früh war. So vertrat ich mir noch die Füße.
Während der kleinen Wanderung sprang sogar ein kleines Bildchen raus.
Es war ziemlich stürmig und die Bäume neigten sich knarrend. Mein Zimmer war auf der Leeseite des Gebäudes und somit einem kleinen Wald zugewandt.
Nachts rauschten jene Bäume im Wind, sonst war nichts weiter zu hören, keinen Straßenlärm o.ä.
~ ~ ~ Tag 4/6 ~ ~ ~ Tag in Nynäshamn und abendliche Seereise nach Polen ~ ~ ~
Nach einer guten Nacht gab es Frühstück mit Blick aufs Wasser.
Ich konnte mein Gepäck nach dem Check-Out noch im Hotel lassen und es auf dem Rückweg abholen. So konnte ich wieder wandern gehen.
Zwischenzeitig zog auch etwas Küstennebel auf.
Nach einigen Stunden war ich dann wieder am Hafen.
Auch wenn der Aufenthalt hier kurz war, konnte ich mich nicht beklagen. Gut, dass ich doch nicht nach Stockholm gefahren bin.
Eine Großstadt kann ich auch so haben !
~ ~ ~ Linie: Nynäshamn – Gdansk (Westerplatte) ~ ~ ~
~ ~ ~ Schiff: WAWEL (1980) ~ ~ ~
Es sei noch anzumerken, dass ich mit der WAWEL schon einmal unterwegs war.
Das war Ende Dezember 2015: https://forum-schiff.de/phpBB3/viewtopi ... =14&t=6533
Ein Blick lohnt sich, denn in der Zeit hat sich einiges geändert (Schiffe, Details und Bahnhöfe).
Wow! Das ist also die „Skyline“ ... ! Ich bin schwer beeindruckt.
Die DROTTEN verholte zu ihrem Liegeplatz, um dann nach Rostock ( ) abzulegen.
„Hmpf, immer diese Leute mit ihren Kameras! Ich verstecke mich jetzt.“
Ätsch !
Blick zum Hafen von Norvik.
Ganz langsam verschwanden die Schären hinterm Horizont. Lindenberg sang einst „hinterm Horizont geht’s weiter ...“
Ui! Ja, das war was schönes! Der war sogar vollständig.
Bei genauem Betrachten sieht man sogar links einen zweiten.
Guten Abend, ...
... gute Nacht.
Nach dem Abendessen ging es schließlich in die Koje. Zunächst und die ersten Stunden war alles gut.
~ ~ ~ Tag 5/6 ~ ~ ~ Tag in Gdansk und abendliche Abreise mit dem Nachtzug ~ ~ ~
Doch gegen 02:00 Uhr wurde wohl die Drehzahl geändert und irgendetwas fing ganz nervig an zu klappern und zu quitschen.
Nicht leise. Gar nicht leise! So bekam ich die nächsten Stunden kein Auge zu.
Ich hatte mir den Wecker auf kurz nach vier gestellt, um den Sonnenaufgang zu bestaunen. Nach nur einem Pips war er schon wieder aus !
Es sollte sich aber gelohnt haben!
Auch deswegen.
Nach dreistündigem „Nachschlafen“ ging es ab zum Frühstück vorne im Salon auf der Steuerbordseite.
Das war meine Kabine, in der sich die eine Koje hochklappen ließ. Sehr praktisch.
Zum Zeitpunkt des Baus des Schiffes fertigte die damals westdeutsche Firma Schmersal die Fahrstühle.
Es kann sein, dass sie zur Kockums Werft in Malmö geliefert wurden, nachdem die Reederei Nordö sie als SCANDINAVIA in Auftrag gegeben hatte.
Lebenslauf der WAWEL: http://www.faktaomfartyg.se/scandinavia_1980.htm
Weitere Innenaufnahmen findet Ihr natürlich unter den folgenden Links.
→ http://www.faktaomfartyg.se/extra_bilde ... _omb_1.htm
→ http://www.faktaomfartyg.se/extra_bilde ... _omb_2.htm
→ http://www.faktaomfartyg.se/extra_bilde ... _omb_3.htm
Das Schild hier wurde wohl nachträglich angebracht. Vielleicht steht es darunter auf schwedisch.
Bald kam auch Hel wieder in Sichtweite.
Hinter der Hafeneinfahrt wurde das Wendemanöver eingeleitet.
Die SAMPOGRACHT (IMO 9288071) mit späterem Ziel Greenock ...
... passte nicht mehr in voller Länge ins Bild.
Diesmal lag die EUROPA 2 (IMO 9616230) an der Westerplatte. Später sollte sie noch Kopenhagen und Kiel anlaufen.
Hier seht Ihr wie kurz der Weg zu dem Fahrgastschiff war.
Diesmal sah der Fahrplan folgendermaßen aus.
12:00 Uhr Ankunft an der Westerplatte
12:50 Uhr Abfahrt in Richtung Altstadt
13:25 Uhr Ankunft Altstadt (Przystań Pasażerska - Passagierhafen)
Zwischen den Fahrten war natürlich genug Zeit über, keine Frage.
Doch man wollte in Ruhe machen und das Fahrgastschiff legte zehn Minuten vor der planmäßigen Abfahrt an.
Mit einem Bus in die Stadt kann man immer noch fahren, wenn ausserhalb der Saison keine Schiffe fahren.
~ ~ ~ Linie: Westerplatte – Gdansk ~ ~ ~
~ ~ ~ Schiff: MAŁGORZATA (1966) ~ ~ ~
Wie auf der Hinfahrt ging es nun mit dem Frachter-Foto-Spaß weiter. Hier war die LADY LILLY (IMO 9642021) mit Ziel Safi, ...
... die SAROCHA NAREE (IMO 9726449) aus Antwerpen, ...
... die SIDER MONTEDIPROCIDA (IMO 9868443) aus Rotterdam, ...
... die DA TONG YUN (IMO 9451343) bei der Schönheitskur, ...
... die ACADIA SEAWAYS (IMO 9809112) - danke, Markus K- ...
... die RYSY (IMO 9452622), ...
... die ISA (IMO 9180358) aus Immingham, ...
... und die SUSANNE THERESA (IMO 9334404), die augenscheinlich das „Titanic-Prinzip“ nicht verstanden hat.
Soo, der wasserseitige Teil der Reise neigt die dem Ende zu.
Das Gepäck ließ ich wieder im Schließfach am Hauptbahnhof. In der Altstadt herrschte emsigen Treiben.
Viele Touristen tummelten sich an interessanten Orten. Nach dem Krieg lag hier alles in Schutt und Asche, nur noch Hauswände standen.
Beachtlich ist, dass doch vieles wieder originalgetreu saniert oder unter Wiederverwendung erhaltener Teile rekonstruiert wurde.
Wenn Häuser Geschichte erzählen könnten … ! Dem Anschein nach könnte diese Säule noch original sein.
An selbigen fiel mir eine Tafel mit einer Inschrift auf. Die da lautet:
„Was Menschen und der Zeiten Zahn dem Hause übles angetan ward hier trotz Krieg mit viel Bedacht nach Kräften wieder gutgemacht“.
Es sollte jedem mal nahe gelegt werden, sich mit Geschichte zu befassen.
Ob das, was man jedoch dazu ließt, wirklich stimmt, ist eine andere Sache. Ich sage es anders.
Es bedarf einen Blick in die Vergangenheit, um zu sehen, was Furchtbares passieren kann.
In der Hoffnung, das ein Jeder daraus seine ganz eigene Lehre zieht.
Anbei wären hier noch zwei historische Filmaufnahmen aus Danzig.
→ 1939: https://www.youtube.com/watch?v=_lZswGqljRY (vermutlich Sommer also vor Beschuss der Westerplatte im September)
→ 1940 bis 1942: https://www.youtube.com/watch?v=6r62TiMoHhY (Hafen mit Altstadt in Farbe)
→ 1942: https://www.youtube.com/watch?v=fBmJU4zGiKw (Hafen - Dampferfahrt nach Bohnsack/Sobieszewo)
→ 1945: https://www.youtube.com/watch?v=nZM612y1m9g
Wie ich zum Beginn der Aufenthalts nach Jelitkowo (dt. Glettkau) gefahren war, tat ich es zum Ende nochmal.
Gute Nacht.
~ ~ ~ Tag 6/6 ~ ~ ~ Umstieg in Wroclaw und letzte Etappe bis Berlin ~ ~ ~
In aller Herrgottsfrühe (kurz nach vier Uhr) musste ich in Breslau umsteigen. So gewählt, so gefahren … !
Dafür hatte ich einen Tag in Danzig.
Kurz nach dem Ausstieg fiel mir diese schöne Lok in Retro-Farben auf!
Die restliche Zeit wurde im Warteraum verbracht. Bloß nicht wegratzen, bloß nicht einschlafen.
Schließlich kam der Zug, der wieder einen längeren Halt hatte, weil noch Waggons angekuppelt wurden.
Mein Abteil war noch leer und ich döste etwas. Rums! Die Wagen waren dann auch dran. Pünktlich ging in die letzte Etappe der Reise.
Zu meiner Freude lief hier ein Wagen mit Schiebefenstern mit!
Wir näherten uns der Stadt Legnica (dt. Leignitz) in Niederschlesien.
So müssen viele Bahnhöfe nach dem Kriege ausgesehen haben.
In einem der Schlafwagen wurde kleines Frühstück angeboten. Mit der Zeit zählte man die Bahnhöfe, die noch bevorstanden.
Mehr war von der Oder nicht möglich, denn kurz nach dem Auslösen rollte auf dem Gegengleis ein langer Güterzug vorbei.
In Frankfurt/Oder erfolgte eine Passkontrolle durch die Polizei. Das war wahrscheinlich im Fahrplan enthalten.
Auch die vielen Betriebshalte auf der Strecke, bei denen uns ein Fernzug und zwei Regionalzügen (!) überholten.
Ein kleiner Knipser mit Spree-Kanal und Kupfergraben sollte zum Abschluss sein.
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So, liebe Leser, ich hoffe Euch hat die kleine Reise auch so gefallen wie mir. Die NOVA STAR wollte ich mir schon früher mal ansehen.
Ich bin überzeugt.
Müsste ich zwischen den Fähren ab Gdansk wählen, würde meine Wahl auf die NOVA STAR fallen.
Auch die Natur um Nynäshamn ist immer einen Besuch wert! Ebenso die Danziger Altstadt.
Viele Grüße in die Runde, Reise, Reise!
Johannes