Mehrverbrauch Fähre durch E-Auto Laden

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PeterPan
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Mehrverbrauch Fähre durch E-Auto Laden

Beitrag von PeterPan »

Moin

Mich interessiert Folgendes:

Auf einigen Schiffen von Stena und TT-Line können E-Autos geladen werden, was man bei der Buchung bezahlt.

Diese elektrische Energie ist momentan, soweit ich weiss, noch nicht in Batterien des Schiffs gespeichert, die per Landstrom versorgt werden.

Also wird der Strom unterwegs durch die Generatoren erzeugt.
Natürlich habe ich bei der hohen Gesamtleistung eines Schiffes einen sehr guten Wirkungsgrad, aber dennoch wird es einen Mehrverbrauch des Schiffes an Diesel, LNG oder Methanol geben.

Oder habe ich keinen Mehrverbrauch, weil die Generatoren sowieso einen Überschuss an elektrischer Energie erzeugen?

Weiss da jemand etwas drüber?
Volker Landwehr
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Re: Mehrverbrauch Fähre durch E-Auto Laden

Beitrag von Volker Landwehr »

Ich bin kein Elektrofachmann, aber ich denke Generatoren produzieren nur so viel Strom, wie aktuell verbraucht wird. Also erhöht das Laden von E-Autos den Verbrauch.

Ich habe dabei Diesel-elektrische Lokomotoren im Auge. Bei ihnen erzeugen Dieselgeneratoren Strom, der die Antriebsmotoren antreibt. Zum Bremsen können die Antriebsmotoren als Generatoren geschaltet werden. Ihr Widerstand bremst den Zug, wobei Strom erzeugt wird. bei den meisten Loks gibt es dafür keinen Abnehmer, Batterien sind noch selten, sodass der Strom in Widerstandsbänken in Wärme umgewandelt werden muss.
Gruß, Volker
WeißerHai
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Re: Mehrverbrauch Fähre durch E-Auto Laden

Beitrag von WeißerHai »

Es gibt definitiv einen Mehrverbrauch und keinen Überschuss, der sowieso ins "nichts" gehen würde.

Rein aus ökologischer Sicht ist das Laden an Bord aus fossilen Brennstoffen (egal ob LNG, Schweröl oder Diesel) katastrophal, ökonomisch und als Service für den Kunden natürlich eine super Sache (TT-Line nimmt bspw. knappe 30€ für den E-Auto Stellplatz). Verbrennung fossiler Brennstoffe und Umwandlungsverluste sind einfach eine miserable Bilanz. Das E-Auto aus erneuerbaren Energien zu laden, schneidet dort natürlich deutlich besser ab.

Viele Schiffe, insbesondere dieselelektrische, sind auch ein wenig anders aufgebaut, als man sich das denkt.

Mal als Beispiel das dieselelektrische Prinzip (ob Azipod oder klassische Schraube): Hier hast du mehrere "Diesel"-Generatoren verschiedener Leistung im Schiff (bspw. 2x 3000KW, 1x 5000KW). Die laufen entweder mit Schweröl, "Diesel" (MGO, MDO) oder LNG ; oftmals gehen auch alle drei Brennstoffe als Duel-Fuel Variante und haben keine andere Funktion, als den Strom zu erzeugen und für den Schiffsbetrieb (Küche, Licht, restliche Verbraucher, E-Autos und natürlich den DieselElektrischen (E-Motor für die Schiffsschraube / Propeller) bereitzustellen.

An Bord gibt es auch Erfahrungswerte und Tabellen, wo man ablesen kann, dass mit dem normalen Hotelbetrieb und 2x 3000 KW Dieselmotoren bspw. 14 Knoten schnell gefahren werden kann. Mit 1x 5000KW und normalem Hotelbetrieb bspw. 12,5 Knoten.
Fiktiv müsste das Schiff, um pünktlich am Ziel anzukommen bspw. 12,5 Knoten fahren und es würde theoretisch der Diesel mit 5000KW Leistung ausreichen. ABER kommen jetzt bspw. 20 E-Autos ins Spiel. Diese fahren an Bord, klemmen sich an die Ladekabel an und ziehen jeweils 50KW zum Laden = in Summe 1000KW. Also muss man, um mit 12,5 Knoten fahren zu können UND den Hotelbetrieb aufrecht erhalten zu können UND die E-Autos zu laden, die beiden 3000KW Diesel laufen lassen (5000KW für 12,5 Knoten Schiffsgeschwindigkeit + 1000KW benötigte elektrische Leistung für das Laden der E-Autos). Wenn die E-Autos dann irgendwann voll sind und die angeforderte Leistung sinkt, kann man auf den 5000KW Generator umschalten und verbraucht auch dementsprechend weniger. Klar, du könntest auch mit den beiden 3000er Generatoren bei geringerer Auslastung (65%?) weiterfahren, aber das würde mehr Brennstoff verbrauchen, als den 5000KW Generator im Sweetspot zu betreiben (~80%).

Warum? Da kannst du bei Interesse mal nach dem Verbrauchskennfeld suchen.
Im Bereich der Verbrennungsmotoren wird oft mit g/kWh gerechnet ; bei 50%iger Last braucht der Motor bspw. 240g Brennstoff ne kWh ; bei 80%iger Last nur noch 220g Brennstoff je kWh.

Dies wurde sich auch schon vor der E-Auto Zeit Zunutze gemacht und die Diesel in entsprechend idealen Konstellationen genutzt. Oftmals kann man es auch daran sehen, wenn die Schiffe erst mit "unnötig" hoher Geschwindigkeit in Richtung Ziel unterwegs sind und dann bspw. anstatt wie vorher mit 14 Knoten, nur noch mit 12,5 Knoten fahren. Hier wurde dann bspw. mit den oben erwähnten 2x 3000er Dieseln so lange so schnell wie möglich im idealen Lastbereich gefahren, bis die benötigte Geschwindigkeit, um pünktlich am Ziel anzukommen, auf 12,5 Knoten heruntergegangen war. Dann wurde der 5000er Diesel gestartet und die beiden 3000er Diesel abgeschaltet und im idealen Bereich ihres Kennfeldes (~80%) betrieben, um Brennstoff zu sparen und man fuhr gemütlich mit 12,5 Knoten pünktlich dem Ziel entgegen. Jetzt wird eben mit den 6000KW und nur 12,5 Knoten gefahren, bis die E-Autos voll sind und dann mit 12,5 Knoten weitergefahren, nur eben auf dem einen großen Diesel mit 5000KW, um nur noch das Schiff voranzubringen und den Hotelbetrieb zu sichern.

Somit als kurze Antwort: JA, die Schiffe verbrauchen definitiv durch das Laden von E-Autos (deutlich) mehr Energie, bis die Akkus von diesen voll sind.
Roland H
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Re: Mehrverbrauch Fähre durch E-Auto Laden

Beitrag von Roland H »

Hochinteressant, danke für Deine Ausführungen!
Wer den Hafen nicht kennt, in den er segeln will, für den ist kein Wind der richtige.

Lucius Annaeus Seneca
PeterPan
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Re: Mehrverbrauch Fähre durch E-Auto Laden

Beitrag von PeterPan »

@ WeißerHai

Alles sehr interessant, aber so funktioniert das Laden an Bord aus Erfahrung heraus nicht.

Die Ladeleistung betrug nie mehr als 10kW bei meinem Auto, was ich über meine App verfolgen konnte.

Das reicht ja auch völlig, weil man so locker in der Fahrtzeit den Akku komplett aufladen kann.

Es gibt 32 Ladestellen, die aber nie alle voll sind. Selbst wenn, würde man nur 320kW bereitstellen müssen, was bei der Motorleistung der Peter Pan kaum messbar ist.
Norbert Möller
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Re: Mehrverbrauch Fähre durch E-Auto Laden

Beitrag von Norbert Möller »

Ich habe mir mal die Daten der "Stena Scandinavica" angesehen.
Bordstromversorgung max. 2x2.400 kW Wellengeneratoren und 4x1.200 kW Dieselgeneratoren (Quelle: Wikipedia). Ich kann mir vorstellen, dass die Wellengeneratoren die Grundlast abdecken, die Diesel bei höherem Bedarf zugeschaltet werden und ansonsten als Reserve dienen (weiss das jemand?)
Auf dem Schiff stehen lt. Stena 3 Ladestationen für insgesamt 6 Fahrzeuge zur Verfügung, rechnet man mit 20 kW pro Fahrzeug, sind wir bei 120 kW.
Das wären 1,25 % der installierten Leistung.
WeißerHai
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Re: Mehrverbrauch Fähre durch E-Auto Laden

Beitrag von WeißerHai »

PeterPan hat geschrieben: Sa 1. Feb 2025, 16:25 @ WeißerHai

Alles sehr interessant, aber so funktioniert das Laden an Bord aus Erfahrung heraus nicht.

Die Ladeleistung betrug nie mehr als 10kW bei meinem Auto, was ich über meine App verfolgen konnte.

Das reicht ja auch völlig, weil man so locker in der Fahrtzeit den Akku komplett aufladen kann.

Es gibt 32 Ladestellen, die aber nie alle voll sind. Selbst wenn, würde man nur 320kW bereitstellen müssen, was bei der Motorleistung der Peter Pan kaum messbar ist.
Mag sein, dass es so nicht funktioniert hat bei dir und nicht mit voller Last geladen wird. Entweder eben, um zu vermeiden, dass noch zusätzliche Generatoren ans Netz genommen werden müssen und sich gesagt wird "Hey, auch mit 10KW Ladeleistung bekommen wir die Autos auf 6-9 Stunden Überfahrt voll, lass uns das Problem mit zusätzlichen Dieseln von vornherein umgehen". Oder um das Brandrisiko zu minimieren, falls durch zu große Ladeströme hier ein größeres Risiko bestehen könnte (und die Versicherung der Reederei / Klassifikationsgesellschaft dort entsprechende Limits gesetzt hat und diese eben die Wallboxen begrenzen).

Interessant wäre es allerdings mal, ob schon jemand auf der Route Puttgarden-Rödby geladen hat, wo die Akkus in einer deutlich kürzeren Zeit vollwerden sollen, um einen gewissen Service zu bieten.
Zuletzt geändert von WeißerHai am Sa 1. Feb 2025, 18:02, insgesamt 1-mal geändert.
WeißerHai
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Re: Mehrverbrauch Fähre durch E-Auto Laden

Beitrag von WeißerHai »

Norbert Möller hat geschrieben: Sa 1. Feb 2025, 17:04 Ich habe mir mal die Daten der "Stena Scandinavica" angesehen.
Bordstromversorgung max. 2x2.400 kW Wellengeneratoren und 4x1.200 kW Dieselgeneratoren (Quelle: Wikipedia). Ich kann mir vorstellen, dass die Wellengeneratoren die Grundlast abdecken, die Diesel bei höherem Bedarf zugeschaltet werden und ansonsten als Reserve dienen (weiss das jemand?)
Auf dem Schiff stehen lt. Stena 3 Ladestationen für insgesamt 6 Fahrzeuge zur Verfügung, rechnet man mit 20 kW pro Fahrzeug, sind wir bei 120 kW.
Das wären 1,25 % der installierten Leistung.
Die Scandinavica kenne ich persönlich nicht, ohne genaue Pläne kann man dort das Energiemanagement auch nur vermuten.

Aber in der Regel stellen die Wellengeneratoren während der Überfahrt die Grundlast sicher (Hotelbetrieb inkl. Klimakompressoren, evtl. Osmose-Anlage, Stromversorgung für die Reefer an Bord, E-Auto laden). Die 1200er, so könnte ich mir vorstellen, werden dann beim Manövrieren eingesetzt, da 2x 2200KW Bugstrahlruder verbaut sein sollen, welche in aller Regel elektrisch angetrieben werden (und je nach Wind werden dann sicherlich zwischen 2 und 4 der Generatoren eingesetzt).
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