Feste Fehmarnbeltquerung kommt

Peter Hartung
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Re: Feste Fehmarnbeltquerung kommt

Beitrag von Peter Hartung »

Moin!

Viele interessante Argumente und Informationen in diesem Thread!

Was mir "Magendrücken" bereitet, sind folgende Kernpunkte des Staatsvertrages, den ich mir mal genauer angeschaut habe:

1. Wir erleben hier, wie EU-(Vor-)Entscheidungen d. h. die EU-Beschlüsse betreffend Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes aus 1996 und 2006, ein Vorhaben zu zementieren scheinen, ohne dass es zu einer breiten Diskussion entlang der Brückentrasse bei den Betroffenen gekommen ist.

2. Der Staatsvertrag bedarf noch der Zustimmung der Parlamente in Deutschland und Dänemark. Dieses Vorhaben wäre meiner Meinung nach ein Fall für eine Volksabstimmung in DK und D. Hier sind in jedem Fall die Parteien, Fraktionen und Parlamente gefordert, den ahnungslosen Bürgern die Auswirkungen dieses Vorhabens frühzeitig zu verdeutlichen und das Ganze nicht nur einfach schön zu reden.

3. Man will das Vorhaben nach Fertigstellung mit einer Maut abbezahlen. Vorausgesetzt das zu erwartende Verkehrsaufkommen ermöglicht dies. Das heißt es wird noch viele Prognose-Rechnungen geben müssen, ob das Mautaufkommen ausreichend werden wird.

4. Das Königreich Dänemark soll bei diesem Vorhaben jeden Gewinn erhalten und für jeden Verlust haften. Das wird noch heftige Debatten in DK geben.

5. Man wolle die Anerkennung des föderalen Systems der Bundesrepublik Deutschland und der Interessen des Landes Schleswig-Holstein berücksichtigen, steht im Staatsvertrag. Das bedeutet, das bundesdeutsche Planungs- und Baurecht kann nicht so ohne weiteres ausgehebelt werden. Hier geht es um Raumordnungs-, Planfeststellungs-, Flächennutzungs, Bebauungs- und immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren sowie um die Berücksichtung naturschutzrechtlicher Schutzgüter. Ein höchst komplizierter Prozess und sehr wahrscheinlich ist meines Erachtens, dass die Verwaltungsgerichte bis hinauf zum EU-Level reichlich Arbeit bekommen und viel Zeit verbrauchen werden.

6. Wer die Strecke Kopenhagen-Rödby (sowohl Bahn als auch Straße) kennt, weiß das erhebliche Investitionen für die dänischen Hinterlandanbindungen notwendig werden. Das kostet. Das gilt aber auch für die deutsche Hinterlandanbindung des Brückenvorhabens.

7. Man will die Schienenverbindung auf eine Mindestgeschwindigkeit von 160 km/h (Personenzüge) und 120 km/h (Güterzüge) festlegen. Diese technische Herausforderung muss erst noch bewältigt werden. Sie ist aber auch eine Wetter-Herausforderung. Mal sehen, wie oft dann Güterzüge gestoppt oder umgeleitet werden müssen, wenn es mal kräftig aus West oder Ost über den Belt pfeift.

8. Ein interessanter Knackpunkt im Staatsvertrag ist die Regelung, dass zwar die Straßenbaulast für die "deutschseitige" Fernstraßenverbindung bei der BRD liegt, diese aber bezüglich die Errichtung, den Betrieb und die Finanzierung an DK übertragen wird. Auch muss das Königreich Dänemark auf der deutschen Seite für die Beschaffung, Anbringung, Entfernung und Unterhaltung aller für den Betrieb erforderlicher Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sorgen.

9. Hinzuweisen ist auch auf die Vertragspassage, dass der Ausbau der Schienenstrecke zwischen Bad Schwartau und Puttgarden zu einer zweigleisigen elektrifizierten Schienenstrecke spätestens sieben Jahre nach der Eröffnung der Festen Fehmarnbeltquerung betriebsbereit sein soll. Die Schienenstrecke über die Fehmarnsundbrücke soll eingleisig bleiben. Was natürlich die Kapazität der Strecke vermindert.

10. Und zum Schluss das Hintertürchen: "Sollten die Voraussetzungen für das Projekt oder für Teile des Projekts sich deutlich anders entwickeln als angenommen und anders, als es zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrags bekannt ist, werden die Vertragsstaaten die Lage aufs Neue erörtern. Dies gilt unter anderem für wesentliche Kostensteigerungen in Zusammenhang mit den Hinterlandanbindungen." Hört, hört. Das heißt aber auch: Die Brücke kommt zuerst.

11. Hoffentlich wird das keine SODA-Brücke, eine Brücke die irgendwann einfach SO DA im Fehmarnbelt steht...

mfg Peter Hartung
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Overandout
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Re: Feste Fehmarnbeltquerung kommt

Beitrag von Overandout »

Hallo Peter!

Dazu muss man noch erwähnen,dass ja momentan in DK auch eine Kattegatbrücke im Gepräch ist .Die soll laut Medienberichten soviel kosten ,wie alle anderen großen Brücken in DK und S zusammen.Des weiteren fährt mit Mols-Linien gerade eine weitere Fährgesellschaft schnurgerade in Richtung Zahlungsunfähigkeit.

Was den Ausbau der Zuganbindung nach Puttgarden angeht,so habe ich es so verstanden ,dass man auf deutscher Seite abwarten will.
Je nach dem wie hoch die Auslastung der alten Strecke ist,dem entsprechend wird dann gebaut.Und das ganze mit einem "Puffer" von 7 Jahren.
Wenn denn wirklich die Auslastung später so hoch sein sollte,dann kann man auch davon ausgehen ,dass die Öresundsbron davon direkt oder indirekt betroffen ist.

Ich bin dann mal gespannt,ob es eine "Sperrungsregel" geben wird.Bei der Länge der Brücke kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen,es keine geben wird.Zumal sich das Weltklima ja in den letzten Jahren doch recht stark verändert hat.


MfG
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Timo
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Re: Feste Fehmarnbeltquerung kommt

Beitrag von Timo »

Overandout hat geschrieben:Je nach dem wie hoch die Auslastung der alten Strecke ist,dem entsprechend wird dann gebaut.MfG
Ähnliches habe ich auch gehört, insbesondere im Bezug auf die Fehmarnsundbrücke. Je nachdem, wie hoch das Verkehrsaufkommen sein wird, soll eine zweite Verbindung vom Festland rüber zur Insel Fehmarn gebaut werden. Ob man hier dann auf eine Tunnellösung oder doch wieder auf eine Brückenlösung setzen wird, ist zurzeit natürlich noch unklar.

Ein Tunnel von Puttgarden nach Dänemark war ja auch einmal im Gespräch. Diese Lösung hielte ich persönlich für gar nicht mal so schlecht, da: sehr wahrscheinlich geringere Belastung der Umwelt, keine Gefahr der Sperrung aufgrund von Starkwind o.ä. (wurde hier im Thread glaube ich noch gar nicht erwähnt: die Fähren können auch noch bei relativ starkem Wind und Wellengang fahren, die neue Brücke dürfte wohl hin und wieder mal aufgrund von starken Winden für den Verkehr gesperrt werden (zumindest für LKW, Autos mit Anhängern etc.)), keine Vereisungsgefahr im Winter etc. pp. Zudem könnte ja theoretisch auch der Fährverkrkehr parallel zu einem Tunnel weiterhin angeboten werden.
Viele Grüße, Timo
Overandout
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Re: Feste Fehmarnbeltquerung kommt

Beitrag von Overandout »

Das was mich aber wirklich mal interessiert ist ,warum D finanziell nur marginal in dieses Großprojekt einsteigt.
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MariusC
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Re: Feste Fehmarnbeltquerung kommt

Beitrag von MariusC »

Weil es für Deutschland keinen großen nutzen hat und zudem auch viele Politiker dieses Projekt nicht unterstützen. Auch hat man bei uns weniger Erfahrungen mit dem Bereich, da D ja nun nicht so stark durch Wasser getrennt ist wie Dänemark. Der Kosten/Nutzen-Faktor ist für D einfach zu gering. Für die Dänen ist das vielleicht anders...

Ähnlich ist es im Bereich der Fährschiffahrt, diese hat in Skandinavien als auch in GB eine viel stärkere Lobby und genießt höhere Aufmerksamkeit. Besonders aber auch in Mittelmeerstaaten.

Marius
Overandout
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Re: Feste Fehmarnbeltquerung kommt

Beitrag von Overandout »

Die Baukosten für die Hinterlandanbindungen auf deutscher Seite werden mit insgesamt 840 Mio. EUR veranschlagt (Preisstand 2003).
http://www.fehmarnlink.com/de/Startseit ... eutschland
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Overandout
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Re: Feste Fehmarnbeltquerung kommt

Beitrag von Overandout »

Geotechnische Messungen abgeschlossen


Die geotechnischen Untersuchungen für die feste Fehmarnbeltquerung sind für dieses Jahr abgeschlossen. Die Femern Bælt A/S hatte im Zeitraum 16.–24. November die erforderlichen geoelektrischen Messungen an Land auf deutscher Seite durchgeführt und ist nun bereit, in die Planung der im nächsten Sommer beginnenden Probebohrungen einzusteigen.

„Wir haben die Messungen wie geplant durchgeführt und konnten befriedigende Ergebnisse mit nach Hause nehmen. Die Arbeit verlief problemlos, wobei wir uns sehr über das große Verständnis gefreut haben, das uns von Seiten der Grundstückseigentümer entgegengebracht wurde, deren Grundstücke von unseren Mitarbeitern mit Messausrüstung begangen werden mussten“, sagt Jens Kammer, Projektmanager der Femern Bælt A/S.

Das Ergebnis der jetzt abgeschlossenen geoelektrischen Messungen wird nun zusammen mit bereits früher durchgeführten seismischen Untersuchungen zeigen, wo die Probebohrungen im kommenden Sommer angesetzt werden. An Land werden in Deutschland und Dänemark fünf oder sechs Punkte bestimmt, an denen Bohrungen bis in 100 Meter Tiefe unter der Erdoberfläche durchgeführt werden.

Wenn die Ergebnisse dieser Bohrungen im Laufe des Jahres 2009 vorliegen, wählt die Femern Bælt A/S ein etwa 2.000 m2 großes Gelände (entspricht etwa zwei bis drei Eigenheimgrundstücken) aus, auf dem dann Feldversuche in größerem Maßstab durchgeführt werden.

Diese Feldversuche sollen zeigen, wie der Untergrund die Last der künftigen Verkehrsanlage ohne störende Setzungserscheinungen aufnehmen kann und in welchem Ausmaß Pfahlgründungen erforderlich werden, die tief in den Untergrund reichen.

Entscheidend für das künftige Bauvorhaben ist, dass die Ingenieure im Voraus präzise Detailkenntnisse über die Erdschichten erlangen, auf denen das Bauwerk gegründet sein soll. Gleichzeitig wird das Ergebnis der geotechnischen Untersuchungen einen wesentlichen Teil der Grundlage für die Entscheidung zur endgültigen Linienführung der Querung darstellen.

Die Gesamtkosten der geotechnischen Untersuchungen werden mit ca. 40 Millionen Euro veranschlagt.

Nähere Auskunft erteilt auf Anfrage Jens Kammer, Projektmanager der Femern Bælt A/S unter der Telefonnummer + 45 33 41 63 09.

Die Femern Bælt A/S ist eine zu 100 Prozent staatliche Gesellschaft im Geschäftsbereich des dänischen Verkehrsministeriums. Aufgabe des Unternehmens sind die Voruntersuchungen und Vorbereitungen zum Bau der festen Fehmarnbeltquerung zwischen Dänemark und Deutschland.
http://www.fehmarnlink.com/de/Serviceme ... eschlossen

Und dazu noch die PDF der Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2002.Dort kann man recht interessante Dinge erfahren. ;)
http://www.fdjv.com/download/eng/Execut ... inal_A.pdf

Diese interessanten Dinge schienen aber nicht wirklich in das Konzept Einiger zu passen.So wurde ein halbes Jahr später eine neue Analyse erstellt!!!
http://www.fehmarnlink.com/de/Material+ ... r+der+Nutz
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Overandout
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Re: Feste Fehmarnbeltquerung kommt

Beitrag von Overandout »

Das habe ich gerade in der FR von heute gefunden:
Die geheime Streichliste der Bahn
(...)
Viele Verkehrsprojekte der Bundesregierung zum Ausbau von Schienenwegen sind demnach finanziell nicht abgesichert. Mindestens ein Dutzend Vorhaben steht nun auf Grubes brisanter Streichliste (siehe Tabelle). "Keine Realisierungschancen" sieht der Staatskonzern gleich für mehrere politisch gefeierte Prestigevorhaben - und das bis 2025.

Ganz oben steht die Y-Trasse nach Hannover, die für bessere Anbindung der Seehäfen Hamburg und Bremen sorgen soll. Das gleiche gilt für den Neu- und Ausbau von Rheydt über Mönchengladbach bis zur holländischen Grenze, ein wichtiges Güterzugprojekt.

Für unbestimmte Zeit verschoben - dieses Verdikt droht außerdem der Anbindung der Fehmarnbeltquerung nach Dänemark in Schleswig-Holstein sowie der Aus- und Neubaustrecke Hanau-Fulda-Würzburg in Hessen und Bayern.
(...)
http://www.fr-online.de/in_und_ausland/ ... -Bahn.html
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