Landanschluß vs Sicherheit

Arne J
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Re: Landanschluß vs Sicherheit

Beitrag von Arne J »

N'Abend,
habe den Beitrag aus Lübeck auch gesehen. Richtig ist, dass Marineschiffe in ihren Heimathäfen schon immer mit Fremdstrom (Landanschluss) versorgt wurden. Das ein Schiff ein nicht "unerheblicher" Stromabnehmer ist wird hier kaum jemand anzweifeln. Die Sicherung gegen Blitzschlag soll angeblich über 2 Transformatoren laufen, die einen totalen Blackout vermeiden sollen. Wie das funktionieren soll, war mir allerdings aus den gegebenen Erklärungen auch nicht klar. Sollten beispielsweise an Bordspannungen von 6000Volt erforderlich sein, von denen ich noch nie was gehört habe, sollte das über Transformation auch kein Problem sein. Das für die Reedereien durch diese Massnahme ein zusätzlicher Kostenfaktor entsteht, steht ausser Frage!

Gruß
Arne
Marko Stampehl
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Re: Landanschluß vs Sicherheit

Beitrag von Marko Stampehl »

jaja, alles schön einfach zu fordern, aber die Umsetzung ist mal wieder verdammt schwierig. Das blöde ist ja nicht nur das Kabel, sondern dass da auch noch irgendwoher Strom kommen muss. Der muss also irgendwo produziert werden. Und für eine Queen Mary 2 können wir in Hamburg gleich Moorburg II dazuplanen... Ob das nun wirklich umweltfreundlicher ist, wage ich zu bezweifeln...
San Fernando
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Re: Landanschluß vs Sicherheit

Beitrag von San Fernando »

Ich nochmal.
Ich hab so den Eindruck, ihr glaut hier ich erzähle Blödsin.
Die großen containerschiffe, z.B. von der HAPAG haben Mittelspannungsgeneratoren, von 6kV (6000V). Bei den enormen Leistungen, würden Niederspannungsgeneratoren viel zu groß werden. Auch die Bugstrahlruder und ganz großen Pumpen, werden dort mit Mittelspannung betrieben. Und sowas in diesen Leistungsbereichen mal eben hin und her zu transformieren ist nicht so einfach und ziemlich verlustreich.
Sirius

Re: Landanschluß vs Sicherheit

Beitrag von Sirius »

Etwas zut Erklärung :

Steckdosen und Stecker gibt es auch heute nicht für den Landanschluß. Man hat die nackten Litzen mit Ösen, die im Landanschlußkasten an Bord angeschraubt werden.
So war das schon immer und soll wohl so bleiben. Ein Stecker wäre bei den Größen nicht in die Dose zu kriegen.

Das Problem bei Landanschluß ist nicht so sehr der Übergang Land - Schiff, sondern die Technik an Bord. Es muß eine gewisse Temperatur eingehalten werden, damit die Maschinen überhaupt anspringen können und das geht nur über Dampf, also Kessel in Betrieb oder laufende Diesel, die diese Vorwärmung erzeugen. Es gibt keine elektrischen Vorwärmer für diese Zwecke.

Nur noch ein kleines Beispiel für den Energieverbrauch im Hafen :

Das Schmieröl der Hauptmaschine muß mindestens 40 bis 50 Grad Celsius warm sein.
Es sind, sagen wir mal 10 Kubikmeter und mehr.

Um diese Menge warm zu halten, läuft ein Separator 24 h (Zentrifuge zum Entfernen von Wasser und Schmutz), der große Mengen Dampf bzw heißes Wasser zur Erwärmung des Öles benötigt. Ohne Erwärmung des Schmieröles vor dem Separator auf mindestens 80 Grad, würde nichts gehen. Ohne eine Erwärmung des Schmieröles würde die Hauptschmierölpumpe (Hauptmotor) abwerfen und bei niedrigeren Schmieröltemp. in den Lagern der Hauptmaschine, würden diese Schaden nehmen.

Dazu laufen im Hafen noch ein Schwerölseparator und Separatoren für verschiedene Systeme, die alle sehr große Wärmemengen benötigen. Dazu kommt die permanente Erwärmung von Bunkertanks auf mindestens 40 Grad. Sagen wir ungefähr 500 bis 1000 mto.

Diese großen Energiemengen von Land zu nehmen, wäre sehr viel teurer, als die Eigenerzeugung. Was jeden Reeder abschrecken würde, diesem System zuzustimmen.

Und immer noch ist mir nicht klar, wo da der Blitz einschlagen könnte. Ich habe beide Systeme - Landanschluß - Selbsterzeugung - jahrelang mitgemacht (Bei Bundesmarine und christl. Seefahrt) und habe noch nie Blitzeinschläge in die E-Anlage erlebt. Nicht mal Blitzeinschläge ins Schiff. Die Stromkabel zum Schiff hängen nicht frei in der Luft, wie Hochspannungsleitungen. Sie kommen aus der Pier, liegen meistens auf der Gangway und verschwinden an Deck in einem Kasten. Oder kommen aus der Pier und verschwinden in der Luke in der Bordwand, wie heute die Bunkerleitungen.
Einen Blitzeinschlag in ein Schiff habe ich in fast 40 Jahren Seefahrt noch nicht erlebt.

Die wirkliche Gefahr besteht nur für das Schiff, wenn von Land die Spannungen nicht eingehalten werden und die gesamte Schiffsanlage Schaden nimmt.
Oder, wie bei schon üblichen Landanschlüssen (Werft, Auflieger usw), bei bordseitiger Überlast, andauernd die gesamte Anlage ausfällt. Das bringt große Schäden. Selbst der Kreiselkompass macht das nicht lange mit.

mfgSirius
Henri
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Re: Landanschluß vs Sicherheit

Beitrag von Henri »

Ein weiters Problem ist das man das komplette Schiff pro Hafenanlauf dann zweimal komplett tot machen muss. Denn soweit ich weiß kann man die eigenen Diesel nicht mit dem Netz synchronisieren.
Speed has never killed anyone. Suddenly becoming stationary, that's what gets you.
Sirius

Re: Landanschluß vs Sicherheit

Beitrag von Sirius »

Da hast Du vollkommen recht.

Und während dieser Vorgänge, geht meistens irgend etwas kaputt. Wenn nicht alles vorher abgestellt wurde.
Z.B. nur die Separatoren. Das dann alles wieder in Betrieb haben, kann Stunden dauern.
Man stelle sich die Brücke vor mit ihrer ganzen nautischen Technik, alles tot.

mfgSirius
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O. Hansen
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Re: Landanschluß vs Sicherheit

Beitrag von O. Hansen »

Für mich sieht die ganze Sache wieder nach einem politischen Schnellschuss von selbsternannten "Experten" ohne Ahnung der Materie aus.
Überhaupt ist das kürzlich entdeckte Schreckgespenst CO2 momentan ja der Quotenbringer schlechthin... :roll:
Grüße von der Elbe...
Oliver
Sirius

Re: Landanschluß vs Sicherheit

Beitrag von Sirius »

Nach dem "Feinstaub", der vor zwei Jahren noch völlig unbekannt war, mußte doch was Anderes her.

Mich wundert, das die Fäkalien, die auf einem Schiff anfallen, nicht längst von "Experten" zum Thema gemacht wurden.
frank0265
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Re: Landanschluß vs Sicherheit

Beitrag von frank0265 »

Soviel mir bekannt ist, hat die LT CORTESIA einen Bordgenerator mit 6600 V Spannung. Habe diese riesige Anlage bei einem Besuch des Maschinenraums gesehen. Der Chief meinte dazu : "Bitte nicht berühren ! Sonst haben wir ein Motiv für ein Buch mit dem Titel "Der Tote im Maschinenraum".

Ein Blitz hat vor vielen Jahren wirklich mal in ein Schiff eingeschlagen und großen Schaden angerichtet. Es handelte sich um einen in Genua liegenden japanischen Tanker, der m.E. beladen war.


LG Frank
Deutsche Gesellschaft für Schifffahrts-und Marinegeschichte e.V. ; FB Handelsschifffahrt
horkini

Re: Landanschluß vs Sicherheit

Beitrag von horkini »

Moin,
dazu muss ich mich doch noch melden!
Sirius hat, wie meistens, Recht.

Bis auf:
1. Der Brennstoff für den Dampferzeuger ist in der Regel der gleiche, wie für den Hauptmotor, zumindest nicht schlechter.
2. Für die europäischen Häfen (und Ostasien?) wird bereits jetzt ein schwefelarmer Brennstoff gefahren.
3. Die Transformatoren werden nicht wegen Blitzgefahr, sondern wegen Potentialtrennung eingesetzt, denn Strom (von Land) und Wasser vertragen sich laut VDE nicht.

Sobald alle Dieselmotoren mit CR-Einspritzung (nicht nachrüstbar) ausgerüstet sind, ist zumindest die schlechte Verbrennung durch Teillastbetrieb beseitigt.
Einige Schiffe mit Katalysatortechnik sind bereits seit Jahren in Fahrt. Leider nur wenige, und diese nur, weil der Charterer es verlangt und bezahlt. Beispiel: Papierfrachter "Cellus".

Die Umstellung auf Landstrom, z.B. in Hamburg, ist illusorisch!
Grüße
horkini
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