Gorch Fock

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horkini

Re: Gorch Fock

Beitrag von horkini »

Leichtmatrose hat geschrieben:Warum fährt ein Ausbildungsschiff rund um das Kap Horn - es fehlt aber der Hauptbestandteil, die Auszubildenden (Kadetten). Das muß mir mal jemand als Steuerzahler erklären?
Ja, warum?
Weil der Kommandant seine Karriere damit krönen wollte!
Und:
Warum hat der Kommandant (offensichtlich, nach bisherigen Aussagen von ehemaligen Offiziersanwärtern) Vorfälle geduldet, die auf einem normalen Handelsschiff massiv sanktioniert worden wären?
Warum werden die Offiziersanwärter nicht an Land an einem vollgeriggten Mast (mit den notwendigen Sicherheitsmaßnahmen) geschult, um eine Vorauswahl treffen zu können?
Warum werden Sicherheitsmaßnahmen, die in der Handelsschiffahrt längst Standard sind (z.B. in Fahrt an Deck grundsätzlich Rettungsweste anlegen), offensichtlich nicht umgesetzt?
Es stellen sich noch etliche Fragen mehr, die hoffentlich durch die Untersuchung beantwortet und öffentlich gemacht werden.
Und was den Kommandanten angeht: Der Fisch stinkt immer am Kopf zuerst!
Grüße
horkini
A.Schlatterer
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Re: Gorch Fock

Beitrag von A.Schlatterer »

Hallo Carsten

Ich danke Dir, endlich jemand der die Dinge auch mal sachlich sieht und dies auch in angenehmer Form zum Ausdruck bringt.

mit freundlichen Gruessen

A.Schlatterer
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Globus
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Re: Gorch Fock

Beitrag von Globus »

Leichtmatrose hat geschrieben:Warum fährt ein Ausbildungsschiff rund um das Kap Horn - es fehlt aber der Hauptbestandteil, die Auszubildenden (Kadetten). Das muß mir mal jemand als Steuerzahler erklären?


Ganz einfach : Weil dann die Deutsche Marine den jüngsten "Cap Hornier" in ihren Reihen hätte. Nur darum geht es.

Die anderen sind bald ausgestorben.
A.Schlatterer
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Re: Gorch Fock

Beitrag von A.Schlatterer »

Hallo Horkini

zu deiner Aussage

Warum werden Sicherheitsmaßnahmen, die in der Handelsschiffahrt längst Standard sind (z.B. in Fahrt an Deck grundsätzlich Rettungsweste anlegen), offensichtlich nicht umgesetzt?

Wie ist das gemeint?

beim oeffnen der Lotsenpforten, ist das Pflicht, beim präparieren der Gangway ist der Sicherheitsgurt wie auch Rettungsweste angesagt , aber generell Rettungsweste bei arbeiten an Deck? Ist mir da etwas entgangen?
mit freundlichem Gruss
A.Schlatterer
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Alexander
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Re: Gorch Fock

Beitrag von Alexander »

horkini hat geschrieben:Ja, warum?
Weil der Kommandant seine Karriere damit krönen wollte!
Wenn das der Grund gewesen wäre, würde das aber doch voraussetzen, daß der Kapitän alleine entschieden hätte, die Fahrt rund Kap Hoorn fortzusetzen. Ich gehe aber davon aus, daß wir uns dahngehend einig seid, daß bei einer streng hierarchisch aufgebauten Organisation wie der Deutschen Marine die Entscheidung, den Törn nach dem Tod der OA fortzuführen, nicht von einem (zwar als Kapitän zur See durchaus hochrangigen) Offizier gefällt wurde, sondern von einer übergeordneten Stelle. Oder siehst Du das anders?
horkini hat geschrieben: Warum werden die Offiziersanwärter nicht an Land an einem vollgeriggten Mast (mit den notwendigen Sicherheitsmaßnahmen) geschult, um eine Vorauswahl treffen zu können?
Hm, eine durchaus berechtigte Frage. Andererseits möchte ich hier zu Bedenken geben, daß es so was auch bei den diversen Rahseglern, auf denen ich schon gefahren bin, nicht gibt. Nehmen wir als Beispiel den nach der "Gorch Fock" zweitgrößten deutschen Rahsegler, die "Alexander von Humboldt". Dort kommen bei einem Crewwechsel teilweise Trainees an Bord, die vorher noch nie einen Fuß auf ein Schiff, geschweige denn auf einen Rahsegler gesetzt haben. Und selbst die schaffen es, sofern sie denn wollen (hier gilt ganz klar das Prinzip der Freiwilligkeit), selbst bei einem nur einwöchigen Törn, ins Rigg zu gehen - und das gegen Ende des Törns auf einem sicheren Niveau. Natürlich werden die ersten Gehversuche im Rigg immer von erfahrenen Stammcrew-Mitgliedern begleitet, um die Leute gut einzuweisen. Die ersten Begehungen erfolgen i.d.R. schon im Hafen oder zumindest nur bei ganz schwachem Seegang. Andererseits gehen Trainees natürlich bei extrem widrigen Wetterverhältnissen i.d.R. nicht ins Rigg. Hier gilt klar der Gedanke des "Safety First".

Natürlich sind alle, die ins Rigg gehen, auch entsprechend gesichert - wo immer das geht, vor allem natürlich beim in meinen Augen kritischsten Teil, dem Überstieg aus den Wanten in die Saling (welcher nach meinem Kenntnisstand auf der "Gorch Fock" ungesichert zu erfolgen hat). Nicht gesichert ist man im Wesentlichen nur beim Aufentern in den Wanten (weil dort eine Sicherung kaum praktikabel ist). Als Zugeständnis an die Sicherheit erfolgt ein Aufstieg aber nur in Luv, was ja zwei Effekte hat. Zum einen wird der Winkel, in dem man aufentern muß, durch die bei einem Segelschiff ja fast immer gegebene Schräglage des Schiffs flacher, zum anderen sorgt der Winddruck dafür, daß man in die Wanten gepresst wird.

[quote="horkini]
Warum werden Sicherheitsmaßnahmen, die in der Handelsschiffahrt längst Standard sind (z.B. in Fahrt an Deck grundsätzlich Rettungsweste anlegen), offensichtlich nicht umgesetzt?
[/quote]

Aus meiner Erfahrung auf diversen Großseglern würde ich mal sagen, daß dies auf solchen Schiffen eher nicht praktikabel ist, da solche Rettungswesten sowohl bei der Arbeit an Deck aber noch mehr bei der Arbeit im Rigg sehr hinderlich sind - zumal man auch bei der Arbeit an Deck jederzeit in eine Situation kommen kann, bei der man dann doch ins Rigg muß. Und dann erst mal die Live Vest auszuziehen wäre kaum praktikabel.

Was aber z.B. an Deck IMMER getragen werden sollte, ist das Gurtzeug, welches eben nicht nur zur Sicherung bei Arbeiten im Rigg dient, sondern jederzeit auch an Deck ein sicheres Einpicken ermöglicht . Dies, gepaart mit der alten Regel "Eine Hand für Dich, eine Hand für's Schiff", sorgt meines Erachtens durchaus für ausreichend Sicherheit. Wird das Wetter bzw. die See dann irgendwann zu extrem, dann dürfen die Trainees gar nicht mehr an Deck, sondern nur noch die absolute Minimalzahl von Stammcrew-Mitgliedern (und dann wird irgendwann natürlich auch nicht mehr unter Segeln gefahren). Wie gesagt: SAFETY FIRST!

Und dieses Konzept scheint zu funktionieren, denn obwohl wir auf der "Alex" mit teilweise absolut unerfahrenen Leuten segeln, blieben uns solche Schlagzeilen wie jetzt bei der "GoFo" erspart. Das spricht wohl für das Sicherheitskonzept der "Alex".
Meine Schiffsfotos bei Fotocommunity: http://home.fotocommunity.de/squarerigg ... 4&g=240434
Alexander
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Re: Gorch Fock

Beitrag von Alexander »

Globus hat geschrieben:Ganz einfach : Weil dann die Deutsche Marine den jüngsten "Cap Hornier" in ihren Reihen hätte. Nur darum geht es.
.
Dazu zwei ergänzende Anmerkungen:

Zum einen weiß ich von einem befreundeten Marineoffizier, daß es die Verantwortlichen bei der Bundesmarine tatsächlich gefuchst hat, daß die zivile (und von so manchem Marineangehörigen mit einer gewissen Arroganz betrachtete) "Alexander von Humboldt" dies bereits im Jahr 2006 unter Führung von Kapitän Klaus Ricke geschafft hat. Ich denke schon, daß man diese (aus Sicht eben jener elitärer Marineoffiziere, die diese Sichtweise teilten) Schmach tilgen wollte.

Zum anderen bleibt anzumerken, daß man sich zwar selbst nach einem solchen Törn als "Cap Hoornier" bezeichnen mag, dies aber nach den Regeln der Vereinigung der Cap Hoorniers nicht ist. Dies würde nämlich voraussetzen, daß man auf einem frachttragenden Segelschiff die Umrundung geschafft hätte. Und da es diese heute nicht mehr gibt, kann es auch keine neuen Cap Hoorniers mehr geben. Ich meine (aber da bin mir nicht ganz sicher), daß die letzte "offizielle" Umrund der "Passat" gelungen ist. Aber nagel mich bitte nicht darauf fest...

Unabhängig davon, ob man den Titel offiziell führen darf oder nicht, hab ich Respekt vor jedem, der es mit einem Segler geschafft hat. Ich habe diesen Traum noch; bei der Umrundung mit der "Alex" kam ich leider nicht zum Zug, da die Zahl der Interessenten für diesen Törn deutlich höher als die verfügbare Kojenzahl war. :-(
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schwedenelch
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Re: Gorch Fock

Beitrag von schwedenelch »

horkini hat geschrieben: Ja, warum?
Weil der Kommandant seine Karriere damit krönen wollte!
wie Alexander schon schreibt, das ist maximal ein kleiner Teil der Wahrheit. sicherlich wollte Kommandant Schatz das Kap Hoorn "bezwingen", ist ihm auch nicht zu verdenken. aber auch ein Kommandant Schatz kann nicht einfach so hinfahren wo er will, sondern das wird (auch) in höheren Stellen abgesprochen/geplant. Und darüber bestand ja offenbar in der gesamten Führungsriege der Marine/Bundeswehr durchaus Einigkeit, sonst wäre das wohl schon vor den aktuellen Vorwürfen zur Sprache gekommen bzw. man hätte die Bark schin direkt nach dem Unfall zurückbeordert.

gestern abend wurde ja in der ARD die aus aktuellem Anlass zusammengeschnittene dokumentation von der Gorch Fock gesendet. dort wurde zumindest vom Kommandanten merhfach betont, das das aufentern freiwillig sei, bei schlechtem wetter auch nur die besten hochgeschickt würden. in der dokumentation kam allerdings quasi nur Stammbesatzung zu wort, logisch, die OAs waren bei dne dreharbeiten ja nicht mehr an Bord, deren meinung wurde nur in form von zitaten aus den bekannten pressemeldungen im nachhinein eingeflochten. Wer da näher an der Wahrheit liegt, werdne die Untersuchungen evtl. zeigen.

Wie es aber ganz konkret an dem Tag des Unfalls war, dazu kann wohl nur der erste Offizier was sagen. der Kommandant hatte Urlaub, war nicht an Bord des Schiffes als die OA verunfallte. und der erste Offizier hatte somit die Gesamtführung inne. mal abwarten was die Untersuchungskommission die ja seit heute vor Ort ist, da weiter ermittelt.
horkini

Re: Gorch Fock

Beitrag von horkini »

@ A. Schlatterer!
Also nochmal zur Rettungsweste:
1. Die modernen Automatikwesten (mit integriertem Lifebelt) behindern keineswegs bei Arbeiten an Deck und wenn eine Leine von ca. 1,5 - 2 m Länge angeschäkelt ist, kann diese problemlos an geeigneter Stelle eingepickt werden.
2. Die aktuellen Tragevorschriften kennst Du sicherlich besser. Zu meiner Zeit (bis 1978) gab es dazu gar nichts. Aus veröffentlichten Unfalluntersuchungen ist jedoch bekannt, daß diverse Todesfälle mit angelegter Weste vermieden worden wären.
3. Meine Erfahrungen stammen aus der Sportsegelei. Ich trage an Deck grundsätzlich eine Automatikweste mit Lifebelt und Leine.
Ich bin meistens mit meiner Frau unterwegs, verhalte mich aber immer, als wenn ich allein wäre.
Denn ich weiß: Selbst mit mehreren Leuten ist es fast unmöglich, einen 80 - 100 kg schweren Körper aus dem Wasser an Bord zu ziehen. Das gilt übrigens auch für große Berufsschiffe und allemal bei schlechtem Wetter.
Grüße
horkini
Spreecaptain
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Registriert: Mi 3. Jun 2009, 20:22
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Re: Gorch Fock

Beitrag von Spreecaptain »

Hallo,

wenn die Aufregung über die Vorfälle an Bord nun langsam zur Ruhe kommt, werden die Befürworter einer reinen Berufsarmee
Oberwasser bekommen. Und in einer Marine, die Teil einer solchen Berufsarmee ist, wird die Gorch Fock keinen Platz mehr finden.
Zu diesem Schluss wird letztlich auch die Kommission gelangen, die sich mit der zukünftigen Verwendung der GF befassen wird.
Insoweit ist für mich sogar dass Argument des (letzten) Kap Hoorniers nachvollziehbar.

Warum nicht schon in der Vergangenheit mehr Wert auf eine zielgerichtete Auswahl der OA gelegt wurde, erschliesst sich mir dagegen
nicht. Überall in der freien Wirtschaft sind Assessment Center darauf ausgelegt, die Voraussetzungen potenzieller Bewerber eingehend
zu prüfen. Fürs Militär schliesst das eben auch körperliche Voraussetzungen besonders mit ein. Wenn man nun die Gorch Fock abschafft,
kann man sich getrost auf die technischen, theoretischen und charakterlichen Eignungen der Bewerber konzentrieren. Körperliche
Beeinträchtigungen spielen dann nur noch eine untergeordnete Rolle. Die Marine wird unter dem Freiherrn eh`noch einen viel grösseren Beitrag
zu Sparen beitragen müssen. Da kommt die aktuelle Diskussion wie gerufen für eine sang- und klanglose Außer-Dienst-Stellung. Wenns nicht
schon beschlossene Sache ist.

Schaut euch eure Fotos der GF gut an. So werdet ihr sie nicht mehr lange sehen. Am langen Ende der Zeit bleiben für alle Beteiligten
Erinnerungen, zum Guten oder zum Schlechten.

Gruss aus Berlin

Jens
Alexander
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Beiträge: 1073
Registriert: Fr 11. Jan 2008, 13:59

Re: Gorch Fock

Beitrag von Alexander »

Spreecaptain hat geschrieben:wenn die Aufregung über die Vorfälle an Bord nun langsam zur Ruhe kommt, werden die Befürworter einer reinen Berufsarmee
Oberwasser bekommen. Und in einer Marine, die Teil einer solchen Berufsarmee ist, wird die Gorch Fock keinen Platz mehr finden.
Diese These kann ich so derzeit nicht nachvollziehen. Warum sollte es so wie von Dir geschildert sein? Schon heute dient die "Gorch Fock" ausschließlich der Ausbidlung von Offiziersanwärtern, sprich: von Zeit- und Berufssoldaten, also genau von solchen Leuten, wie es sie auch zukünftig geben wird.
Spreecaptain hat geschrieben:Warum nicht schon in der Vergangenheit mehr Wert auf eine zielgerichtete Auswahl der OA gelegt wurde, erschliesst sich mir dagegen
nicht. Überall in der freien Wirtschaft sind Assessment Center darauf ausgelegt, die Voraussetzungen potenzieller Bewerber eingehend
zu prüfen. Fürs Militär schliesst das eben auch körperliche Voraussetzungen besonders mit ein. Wenn man nun die Gorch Fock abschafft,
kann man sich getrost auf die technischen, theoretischen und charakterlichen Eignungen der Bewerber konzentrieren. Körperliche
Beeinträchtigungen spielen dann nur noch eine untergeordnete Rolle.
Ebenfalls meines Erachtens nicht nachvollziehbar. Schon heute finden ja Auswahlverfahren für potentielle OA statt. Und grundlegend verkehrt scheinen die ja nicht zu sein, da bisher außer der in den Medien zu findenden Behauptung, daß manche OA für die körperlichen Anforderungen der "Gorch Fock" nicht geeignet sind, dazu nichts zu hören oder lesen war (Oder hast Du dazu evtl. weitere Infos?) Körperliche Fitness wird auch zukünftig ein Kriterium für die Auswahl des BW-Nachwuchses sein müssen - allein schon um die Grundausbildung zu bestehen. Dies gilt um so mehr für OA, denn auch heute meines Wissens der Lehrgang "Führer einer auf sich gestellten Gruppe" (früher: "Einzelkämpferlehrgang") nicht mehr verpflichtend ist, so wird zumindest beim Heer (für die Marine liegen mir hierzu keine Infos vor - allerdings kämpft die Marine bis auf ein paar Ausnahmen ja eher selten an Land) und bei der Luftwaffe zumindest für das fliegende Personal dennoch erwartet.
Meine Schiffsfotos bei Fotocommunity: http://home.fotocommunity.de/squarerigg ... 4&g=240434
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