Rettet die Seute Deern

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Stephan Giesen
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Re: Rettet die Seute Deern

Beitrag von Stephan Giesen »

Leichtmatrose hat geschrieben: Sa 26. Okt 2019, 10:27 Irgendwie sollte es in diesem Thread um die "SEUTE DEERN" gehen :(
Und? Hat die Diskussion um die Ursache für das Ende des Schiffes Deiner Meinung nach nichts damit zu tun?
Mit maritimen Gruß

Stephan
Tim S.
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Re: Rettet die Seute Deern

Beitrag von Tim S. »

slowman hat geschrieben: Sa 26. Okt 2019, 11:37
Es wird wenig getan zum erhalt von Historischen Sachen.
Das Problem ist in meinen Augen auch, dass historische Dinge oft nur einen regionalen Bezug haben. Oft werden für die Restauration von historischen Dingen neben Landeszuschüssen auch Bundeszuschüsse gewährt welche auch endlich sind. Wenn nun aus Steuermitteln ein historisches Schiff, ein Wahrzeichen von Bremen / Bremerhaven gerettet wird tangiert das wohl die wenigsten Menschen ab Hannover südwärts. Gleiches gilt auch dafür, wenn in unserer süddeutschen Region ein altes Bauernhaus restauriert werden soll, diese Tatsache wird ein Nordlicht eher weniger interessieren. Auf Bundesebene muss eben auch genug überlegt werden ob eine historische Sache wirklich der Erhaltung bedarf. Falls es von Bedeutung für eine Region ist muss diese sich darum kümmern und ggf. über zu gründende Vereine eine Finanzierung anstoßen. Ich finde dass die Politik nicht für alles in die Verantwortung zu nehmen ist. Haushaltsmittel sind knapp und die Investition von Geldern in Infrastruktur und Bildung ist in meinen Augen wichtiger als der Erhalt jeder irgendwie wichtigen alten Sache. Dies ist letztendlich ein Luxus den sich ein Land oder eine Kommune nur leisten kann wenn wirklich genug Geld vorhanden ist. Was nutzt ein schön restauriertes Schiffchen im Hafen wenn in der Schule der Putz von der Decke fällt oder Straßen mit Löchern übersät sind?

Gruß
Chris
Im Kern nicht verkehrt, was die Eingangsthesen angeht. Allerdings ist es nicht lauter, verschiedene Dinge gegeneinander aufzurechnen. Turnhalle gegen Kulturgut geht nicht. Irgendwas ist immer, die Straße, die Müllabfuhr. Von daher muss tatsächlich gefährdeten Kulturgütern, gerade weil sie nur eine begrenzte Lobby haben, mehr Solidarität gelten. Wenn sie weg sind, sind sie für immer weg. Es geht nicht um ein schön restauriertes Schiffchen, wie du schreibst, sondern um ein Stück Schifffahrtsgeschichte und einen Teil der Identität Bremerhavens, eine Stadt, die auch ich nur mit diesem Schiff kenne. Das ist auch nicht einfach durch etwas anderes zu ersetzen, sondern das ist ein authentisches Denkmal. Das begreifen auch Politiker wie Bürger gern mal nicht, darum hat Denkmalschutz es ja auch häufig so schwer. Und darum wäre es auch richtig gewesen, rechtzeitig den Erhalt der Seute Deern auf die Agenda von Bund, Land und Kommune zu setzen. Mal ganz zu schweigen vom Versagen der Museumsleitung in der Vergangenheit. Für dieses Schiff ist es nun zu spät. Aber dasselbe gilt eben für die Seefalke, die Rau IX und die übrige verbliebene Flotte in Bremerhaven.
Volker Landwehr
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Re: Rettet die Seute Deern

Beitrag von Volker Landwehr »

Ich denke schon, dass man bei begrenztem Finanzrahmen Prioritäten setzen muss. Und da ist für mich Bildung auch wichtiger, als ein mehr als halb verrottetes Schiff zu retten.
Das Problem ist, dass man sich bei der Anschaffung des Museumsschiffes außer über den Kaufpreis wenig Gedanken über die Folgekosten gemacht hat. Dabei war bei der Vorgeschichte der SEUTE DEERN mit hohen Unterhaltskosten zu rechnen.

Die Stadt Bremerhaven hat es dem DSM zur Gründung geschenkt, sich aber nicht für eine ausreichende Finanzierung gesorgt. Die Finanzierung zu je 50% durch Bund und Länder gilt nur für den von der Zugehörigkeit zur Leibniz-Gesellschaft betroffenen Teil.

Man jedem Museum nur raten, ein derartiges Geschenk abzulehnen, wenn die Unterhaltskosten nicht gesichert sind.

Das ist kein Phänomen bei Museen. Als ich 1973 ins Ruhrgebiet kam, bauten viele Städte U-Bahnen. Es kostete ja nichts, der Bund zahlte 90% und das Land 10%. Nur die Unterhaltskosten mussten die Verkehrsträger selbst tragen. Inzwischen ist ein derartiger Sanierungsstau eingetreten, dass z.B. Mülheim überlegt, Strecken still zu legen. Über die Untehaltskosten hatte man sich bei der Bauentscheidung keine Gedanken gemacht.

Um auf die SEUTE DEERN zurückzu kommen, Was verbindet sie mit Bremerhaven, außer dass sie da zufällig 1966 dort hin gelegt wurde?
Sie ist kein Schiff im Originalzustand, war schlecht gebaut und wurde 1938 runderneuert und dabei zur Dreimastbark umgebaut.
Gruß, Volker
slowman
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Re: Rettet die Seute Deern

Beitrag von slowman »

Hallo Volker,

Deinen Kommentar kann man vollumfänglich unterschreiben. Oft ist es bei musealen Dingen auch so dass aus Emotionen heraus entscheiden wird etwas zu behalten ohne sich Gedanken zu machen ob es später auch möglich ist die Sache zu unterhalten und zu erhalten. Natürlich sollen Meilensteine oder interessante Dinge der Zeitgeschichte für die Nachwelt erhalten werden, aber halt nicht jedes alte Teil und nicht an jedem Ort.

Gruß
Chris
Bernd U
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Re: Rettet die Seute Deern

Beitrag von Bernd U »

Volker Landwehr hat geschrieben: Sa 26. Okt 2019, 23:49 Um auf die SEUTE DEERN zurückzu kommen, Was verbindet sie mit Bremerhaven, außer dass sie da zufällig 1966 dort hin gelegt wurde?
Sie ist kein Schiff im Originalzustand, war schlecht gebaut und wurde 1938 runderneuert und dabei zur Dreimastbark umgebaut.
Gruß, Volker
Moin Volker!
Alle unter 54 Jahren kennen Bremerhaven nicht ohne dieses Schiff!
Ist Deine Frage damit beantwortet?
Diese Schiff gehörte bis jetzt zum Stadtbild .
Mfg Bernd(53 Jahre)
Video:https://www.youtube.com/watch?v=8y0kTkMJp2M
Neuenahr
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Re: Rettet die Seute Deern

Beitrag von Neuenahr »

Bernd U hat geschrieben: So 27. Okt 2019, 19:22
Volker Landwehr hat geschrieben: Sa 26. Okt 2019, 23:49 Um auf die SEUTE DEERN zurückzu kommen, Was verbindet sie mit Bremerhaven, außer dass sie da zufällig 1966 dort hin gelegt wurde?
Sie ist kein Schiff im Originalzustand, war schlecht gebaut und wurde 1938 runderneuert und dabei zur Dreimastbark umgebaut.
Gruß, Volker
Moin Volker!
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Ist Deine Frage damit beantwortet?
Diese Schiff gehörte bis jetzt zum Stadtbild .
Mfg Bernd(53 Jahre)
Moin Bernd,
dem kann ich nur zustimmen. Mit 9 Jahren (mittlerweile 50 Jahre älter) habe ich in den Ferien 1 Woche bei Großtante- und Onkel in Bremerhaven verbracht. Mit den beiden war ich damals zum Essen auf der Seute Deern, mein 1. Kontakt mit einem Großsegler und bis heute unvergessen. Während meiner Bundeswehrzeit war ich in Nordholz stationiert und habe immer wieder Kameraden, besonders aus Süddeutschland, Bremerhaven und den Museumshafen gezeigt. Für mich gehört die Seute Deern zu Bremerhaven und es tut mir mehr als Leid, das man es hat soweit kommen lassen. Da ich mindestens 1 x im Jahr in Bremerhaven bin, war der Verfall von Jahr zu Jahr immer deutlicher Sichtbar. Nach dem Schnellboot das zweite Schiff, das in den Schrott geht. Und wenn nicht schnellstmöglich ein Umdenken einsetzt, werden die anderen Schiffe, die noch verblieben sind, das gleiche Schicksal erleiden. Traurig, aber war.
Gruß aus dem Ahrtal
Thomas
Volker Landwehr
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Re: Rettet die Seute Deern

Beitrag von Volker Landwehr »

Bernd U hat geschrieben: So 27. Okt 2019, 19:22
Volker Landwehr hat geschrieben: Sa 26. Okt 2019, 23:49 Um auf die SEUTE DEERN zurückzu kommen, Was verbindet sie mit Bremerhaven, außer dass sie da zufällig 1966 dort hin gelegt wurde?
Sie ist kein Schiff im Originalzustand, war schlecht gebaut und wurde 1938 runderneuert und dabei zur Dreimastbark umgebaut.
Gruß, Volker
Moin Volker!
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Ist Deine Frage damit beantwortet?
Diese Schiff gehörte bis jetzt zum Stadtbild .
Mfg Bernd(53 Jahre)
Nein, für mich beantwortet das die Frage nicht. Aber ich bin auch kein Bremerhavener. Ich habe das DSM über die Jahre sicher 10 mal besucht, aber die SEUTE DEERN hat mich nie übermäßig interessiert, sie passte für mich irgendwie nicht zur Sammlung der übrigen Schiffe.
Gruß, Volker
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Stephan Giesen
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Re: Rettet die Seute Deern

Beitrag von Stephan Giesen »

Die letzten Beiträge bringen das Thema doch sehr gut auf den Punkt:

Da gibt es die, die sich als Bremerhavener (und umzu) einfach an das Schiff als Bestandteil des Stadtbildes gewöhnt haben; die, die eine persönliche Beziehung zu dem Oldie haben; die, die sie zwar wahrgenommen, aber als nicht weiter beachtenswert empfunden haben und die, denen das Schiff schlichtweg völlig schnuppe ist.

Fakt ist, dass das Ende besiegelt ist, egal, wie und was wer dabei empfindet. Dafür, dass es soweit gekommen ist, gibt es Gründe und auch Verantwortliche. Köpfe werden deswegen sicher nicht rollen, aber jeder kann für sich selbst entscheiden, ob man Institutionen, die hier ihre Finger im Spiel haben, weiterhin zB durch das Entrichten von Eintrittsgeldern unterstützt.

Fakt ist auch, dass Schiffe, die eigentlich einen Denkmalstatus verdient hätten, eine wesentlich kleinere Lobby haben als z.B. Gebäude oder Industriedenkmäler. Manchmal geht es gut (Beispiel PEKING, BLEICHEN, CAP SAN DIEGO), manchmal eben nicht (Beispiel SEUTE DEERN). So kann ich bis heute nicht verstehen, dass Schiffe wie die MAXIM GORKIY oder NORWAY in Alang geendet sind und es Städte, zu denen es durchaus einen Bezug gab (Hamburg und Le Havre) nicht geschafft haben, solche Meilensteine des Schiffbaus zu retten, obwohl entsprechende Konzepte vorhanden waren. Die Holländer haben mit der ROTTERDAM eindrucksvoll bewiesen, dass es auch anders geht. Dubai bzw. Long Beach wiederum haben bewiesen, dass mit legendären Schiffen auch ohne Bezug zur Örtlichkeit noch was anzufangen ist; auch, wenn ich mir eine QM oder QE2 lieber in Southampton oder London bzw. NY wünschen würde.

Mein persönliches Fazit ist, dass ich mich entweder selber dafür einsetzen muss, dass solche Oldtimer erhalten werden oder aber damit leben muss, dass das - absichtliche, fahrlässige oder aus Ermangelung an Expertise - Verschwinden in Kauf genommen wird...auch, wenn's nicht immer leicht fällt! Das Vertrauen auf eine Lobby oder gar die öffentliche Hand ist jedenfalls zumeist sinnlos. :roll:
Mit maritimen Gruß

Stephan
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Stephan Giesen
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Re: Rettet die Seute Deern

Beitrag von Stephan Giesen »

Der ehemalige Direktor des DSM schlägt vor, die USA um Hilfe zu bitten:

https://nord24.de/bremerhaven/bremerhav ... te-klipper
Mit maritimen Gruß

Stephan
Volker Landwehr
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Re: Rettet die Seute Deern

Beitrag von Volker Landwehr »

Ist die Seute Deern überhaupt ein Klipper? Meines Wissen ist sie als Viermastschoner gebaut worden und war nur 10 kn schnell. Als sie 1919 gebaut wurden, wurden Klipper (Rahsegler) schon seit vielen Jahren nicht mehr gebaut. https://en.wikipedia.org/wiki/Clipper

Ich habe den englischen Wiki-Eintrag verlinkt, da die deutsche Beschreibung recht ungenau ist. So ist der Baltimore Clipper im deutschen Wiki unter Klipper eingeordnet, obwohl er in den USA eine eigene Gattung ist.

Wie schon mal gesagt, war sie schlecht gebaut. Ich denke, der amerikanische Eigner war froh, als er sie 1931 nach Europa los wurde.

Aber die Hoffnung stirbt zuletzt, besonders wenn man einen nicht geringen Anteil am heutigen Zustand des Schiffes hat.
Gruß, Volker
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