Costa Concordia Havarie 13.01.2012

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Flari
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Re: Costa Concordia Havarie 13.01.2012

Beitrag von Flari »

Jens.G hat geschrieben:Moin beisammen,

ich habe da mal eine (moralisch) nicht ganz simple Zwischenfrage. Das Unglück ist jetzt eine Woche her, die Anzahl der Vermissten weitgehend konstant und - man möge mir verzeihen - im Verhältnis zu dem, was hätte passieren können, relativ gering. Es könnten sich also noch etwa 20, 25 Leichen im Wrack befinden. Von Lebenszeichen aus den verschiedenen Bereichen des Schiffes ist bisher noch nichts bekannt geworden. Was mich etwas irritiert, ist die immer noch so intensive Suche nach den Vermissten im Wrack. Ich kann mich im Moment an keinen anderen Fall erinnern, wo man derartig intensiv vor der Bergung eines havarierten Schiffes eine solche Suche betrieben hat. Einen plausiblen Grund kann ich nicht erkennen: für die meisten Angehörigen dürfte das Unabänderliche inzwischen Gewissheit sein und eine Bergung der sterblichen Überreste sollte bei einer späteren Bergung des Wracks auch leichter möglich sein. Ich will keinesfalls pietätlos wirken, aber wie ist diese intensive und nicht ungefährliche Suche erklärbar? Hilft man Angehörigen durch das Aufrechterhalten der Hoffnung auf ein "Wunder" wirklich?
Derjenige, der die Einstellung der Suche anordnet, wird ggf. zum Buhmann der ganzen Welt und bekommt evtl. kein Bein mehr auf den Boden.
Alle anderen dürften erleichtert aufatmen.
Sowas muss also wohlüberlegt sein..
Gruss Flari
Maurice
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Re: Costa Concordia Havarie 13.01.2012

Beitrag von Maurice »

Mittlerweile wurde eine weitere Frauen-Leiche im Heck des Schiffes gefunden.
http://www.focus.de/panorama/welt/costa ... 05244.html

Gruß,
Maurice
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LumixFZ18
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Re: Costa Concordia Havarie 13.01.2012

Beitrag von LumixFZ18 »

Ich komme beim Nachzählen der beschädigten Spanten auf 48. Bei einem üblichen Spantabstand von 700 bis 800mm beträgt die Lecklänge also ungefähr 34 bis 39m.
Die 6 Generatoren sind parallel in einer Abteilung eingebaut. Ein Motor hat eine Länge von 10.5m plus Generator etwa 15m. Das würde heissen für diese Abteilung würde man auf eine Länge von ca. 19-20m kommen. Angenommen dies ist die Abteilungslänge.
Danach wären bei max.39m Lecklänge zwei Abteilungen beschädigt, was ein Überleben des Schiffes gemäß Damage Stability (SOLAS reg II-1/19) bedeutet hätte. Diese Auskunft hatte der Kapitän kurz nach der Havarie aus dem Damage Calculation Contol Programm an Bord. Die anfängliche Backbordkrängung wird durch die eingebauten cross flooding ducts ausgeglichen und für kurze Zeit schwimmt das Schiff aufrecht.

Er geht also davon aus, daß das Schiff zwar an Freibord verliert, aber nicht sinken wird. Sicherheitshalber lässt er die Passagiere mit Rettungswesten an den Muster Stations versammeln.

Durch die anschliessende Steuerbordruderlage fliesst das gesamte Wasser nach Steuerbord und bleibt dort liegen. Interessant wäre eine Untersuchung wie groß der aufrichtende Hebelarm in diesem Leckfall gewesen ist. Lässt sich bestimmt rekonstruieren.

Wie gesagt, alles in der Annahme, daß nur zwei Abteilungen getroffen wurden. Bei dreien sieht Alles ganz anders aus. Ebenso die Sachlage, aus der der Kapitän Entscheidungen zu fällen hätte.

Hat jemand im Forum Zugriff auf einen Schottenplan dieser Serie?
schwedenelch
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Re: Costa Concordia Havarie 13.01.2012

Beitrag von schwedenelch »

LumixFZ18 hat geschrieben:...auf eine Länge von ca. 19-20m kommen. Angenommen dies ist die Abteilungslänge.
Danach wären bei max.39m Lecklänge zwei Abteilungen beschädigt...
entschuldige, da liegt ein Denkfehler vor:

wenn eine abteilung 20m hat und das leck 39 lang ist, heist das nich lange nicht, das nur zwei abteilungen betroffen sind. son leck hält sich ja nicht an regeln, und beginnt nicht zwingend direkt am anfang einer abteilung ;). ist also selbst bei einem "nur" 39 meter langen leck ( eigentlich sprechen udn sprachen alle quellen von einer größeren länge!) möglich das eine sektion komplett getroffen wurde... und zum Beispiel jeweils ca zehn meter der angrenzenden.... und schwups, haste drei sektionen unter Wasser.
LumixFZ18 hat geschrieben: Er geht also davon aus, daß das Schiff zwar an Freibord verliert, aber nicht sinken wird. Sicherheitshalber lässt er die Passagiere mit Rettungswesten an den Muster Stations versammeln.
selbst wenn er davon ausgeht, stellt sich doch weiterhin die frage warum er dann die Küstenwache anlügt, statt denen zu sagen wie es ist.... denn er hat denen ja GAR NICHT vom Wassereinbruch berichtet....
LumixFZ18
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Re: Costa Concordia Havarie 13.01.2012

Beitrag von LumixFZ18 »

Hallo Schwedenelch.
Ja, ich weiss, es ist Spekulation. Aber eine genaue Lecklänge wurde bisher nicht angegeben. Die "Fachleute" der Presse sprach von 50-70m.
Nur beim Auszählen der Spanten auf dem Bild komm ich auf eine geringere Länge.
Und wie schon gesagt, es können auch drei Abteilungen sein.

Und was die Aussagen des Schettino angeht. Ich kann das alles nicht nachvollziehen warum er es nötig hat sich in so ein Lügengerüst zu verstricken.
Warum hat er nicht das Rückrat so zu berichten wie es wirklich war? Aber das ist eine andere Betrachtung...
grity
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Re: Costa Concordia Havarie 13.01.2012

Beitrag von grity »

hier noch ein weiterer AIS plot, (basierend angeblich auf vtexplorer.com)

demnach dreht das erst schiff um 21:49 südlich von giglio bei und eilt zur hilfe, also muss es zu dieser zeit wohl auch funkmeldungen gegeben haben.....
um 23:15 machen sich nochmals etliche schiffe aus civitavechia und st stefano aus auf den weg
(eins fährt immer wieder rückwärts...???)


http://www.youtube.com/watch?v=aw4pVWYe ... re=related
heavyfuel
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Re: Costa Concordia Havarie 13.01.2012

Beitrag von heavyfuel »

Jens.G hat geschrieben:Moin beisammen,

ich habe da mal eine (moralisch) nicht ganz simple Zwischenfrage. Das Unglück ist jetzt eine Woche her, die Anzahl der Vermissten weitgehend konstant und - man möge mir verzeihen - im Verhältnis zu dem, was hätte passieren können, relativ gering. Es könnten sich also noch etwa 20, 25 Leichen im Wrack befinden. Von Lebenszeichen aus den verschiedenen Bereichen des Schiffes ist bisher noch nichts bekannt geworden. Was mich etwas irritiert, ist die immer noch so intensive Suche nach den Vermissten im Wrack. Ich kann mich im Moment an keinen anderen Fall erinnern, wo man derartig intensiv vor der Bergung eines havarierten Schiffes eine solche Suche betrieben hat. Einen plausiblen Grund kann ich nicht erkennen: für die meisten Angehörigen dürfte das Unabänderliche inzwischen Gewissheit sein und eine Bergung der sterblichen Überreste sollte bei einer späteren Bergung des Wracks auch leichter möglich sein. Ich will keinesfalls pietätlos wirken, aber wie ist diese intensive und nicht ungefährliche Suche erklärbar? Hilft man Angehörigen durch das Aufrechterhalten der Hoffnung auf ein "Wunder" wirklich?
Moin Jens,
der Dampfer liegt in Sichtweite, da wird sich keiner trauen aufzuhören. Die Hoffnung stirbt zuletzt und manchmal hat man ja wirklich noch Glück. So wie hier:
http://www.geschichtsatlas.de/~gb2/rett ... %20Lengede

Gruß

heavyfuel
Viele Grüße
heavyfuel

...und immer eine Handbreit
Rum im Glas...
Jens.G
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Re: Costa Concordia Havarie 13.01.2012

Beitrag von Jens.G »

heavyfuel hat geschrieben: Moin Jens,
der Dampfer liegt in Sichtweite, da wird sich keiner trauen aufzuhören. Die Hoffnung stirbt zuletzt und manchmal hat man ja wirklich noch Glück. So wie hier:
http://www.geschichtsatlas.de/~gb2/rett ... %20Lengede
Deshalb auch meine Anspielung auf das kaum zu erwartende "Wunder". Mir erscheint der mögliche "Preis" halt sehr hoch. Wracktauchen unter solchen Bedingungen ist auch für absolute Profis nicht ganz ohne, die Chance hier eher noch Leben zu verlieren, anstatt Leben zu retten ist doch sehr groß. Wie reiner Aktionismus wirkt die Suche auf mich auch nicht - nur eben irgendwie ... komisch.
Gruß Jens
Eddie001
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Re: Costa Concordia Havarie 13.01.2012

Beitrag von Eddie001 »

Peter Hartung hat geschrieben: .....
.....
@ Eddie001:
Herzlichen Dank, Eddie001! Das hatte ich gesucht. Leider habe ich Deinen Beitrag erst jetzt gefunden. Aber: Es bestätigt auch diese Seite, dass es offenbar ein zentrales Havariekommando bisher nicht gibt. Scheint ein ziemlich bürokratischer Verein zu sein. Deshalb: Die Havarie wird immer unübersichtlicher. Dein Link ist dennoch eine große Hilfe.
Moin ans Forum,
hallo Peter,

so wie es aussieht, ist der Oberhut nun zum "Amt für Zivilshutz" (Protezione Civile) gewandert. Anbei der Link http://www.protezionecivile.gov.it/jcms/en/homepage.wp Die Seite gibt es zum Glück auch in Englisch. Wer besser Italienisch spricht, kann jedoch auch umschalten. ;)

Gruß
Eddie001
Peter Hartung
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Re: Costa Concordia Havarie 13.01.2012

Beitrag von Peter Hartung »

Eddie001 hat geschrieben:
Peter Hartung hat geschrieben: .....

Moin ans Forum,
hallo Peter,
so wie es aussieht, ist der Oberhut nun zum "Amt für Zivilshutz" (Protezione Civile) gewandert. Anbei der Link http://www.protezionecivile.gov.it/jcms/en/homepage.wp Die Seite gibt es zum Glück auch in Englisch. Wer besser Italienisch spricht, kann jedoch auch umschalten. ;)
Gruß
Eddie001
Moin Eddie001, danke für den Link. Das führt schon weiter. Ich fasse daraus mal kurz zusammen:

Bekanntlich wurde das Gebiet um das Wrack am 20.1.2012 zum nationalen Notstandsgebiet erklärt. Die Arbeit auf dem Schiff wird in einen Sanierungsplan für die Treibstoffbergung und einen Plan für die Beseitigung des Wracks aufgeteilt.

Um die Sicherheit der Umsetzung dieser Pläne zu gewährleisten, war es notwendig, ständig die Position und die Bewegungen des Schiffes, zu registrieren. Zu diesem Zweck hat die Abteilung für Geowisssnschaften der Universität von Florenz ein System von dreidimensionalen Laser-Scanner und ein mikro-seismisches Überwachungsnetz auf Giglio aufgebaut.

Zur Ergänzung der Monitoring-Systeme auf dem Boden und um den möglichen Austritt von Kraftstoff zu überwachen, werden über die italienische Raumfahrtagentur hochauflösende Satellitenbilder vom Satelliten "Cosmo Sky Med" angefordert.

Soweit der wesentliche Inhalt des Statements, das sich ansonsten hauptsächlich mit einem Rückblick auf die erste Woche seit der Havarie beschäftigt.

Wie man gestern auf Unterwasseraufnahmen im TV erkennen konnte, beginnt das Wrack allmählich zu "siffen", ein leichter Ölfilm wurde um den Havaristen festgestellt.

Weitere Informationen:

Eine Broschüre über die Fähigkeiten von Berger Smit: http://www.smit.com/sitefactor/public/d ... 202006.pdf

Darin beschrieben das "Hot-Tap-Verfahren" zum Abpumpen von Schweröl.

Mit Stand vom 18.1.2012 muss hingegen aber gesagt werden, dass Smit bisher keinen Bergekontrakt mit Costa für das Abräumen des Schiffskörpers geschlossen hat. Da wird wohl immer noch gepokert. "Die Generali" und insbesondere Carnival werden bei der Entscheidung wohl einzubeziehen sein.

Details in englischer Sprache dazu von ap: http://hosted.ap.org/dynamic/stories/E/ ... 8-13-21-55

mfg Peter Hartung
Zuletzt geändert von Peter Hartung am So 22. Jan 2012, 10:29, insgesamt 1-mal geändert.
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