Kollision MV DALI mit Francis Scott Key Bridge bei Baltimore/USA

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Thomas14
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Re: Kollision MV DALI mit Francis Scott Key Bridge bei Baltimore/USA

Beitrag von Thomas14 »

Volker Landwehr hat geschrieben: Do 28. Mär 2024, 18:21 Einige Medien haben eine Timeline des Unfalls basierend auf den Angaben des NTSB in der zweiten Pressekonferenz veröffentlicht.
Eine Quelle ist Maritime Executive: https://maritime-executive.com/article/ ... dge-strike
Gruß, Volker
Demnach lagen zwischen dem technischen Defekt und dem Zusammenstoß etwa 4 Minuten. In dieser Zeit konnten an Bord Steuerbefehle gegeben, ein Notruf über UKW-Funk ausgelöst und ein Anker geworfen werden. Ausserdem konnten die Behörden und der Brückenbetreiber die sofortige Sperrung der Brücke veranlassen.

4 Minuten sind für ein Schiff dieser Größe wohl nicht ausreichend, weder um eine Verbesserung der Manövrierfähig erreichen zu können, noch das Schiff rechtzeitig zu stoppen. Vielleicht hätte es die Möglichkeit zum Neustart der Maschinen und dann für ein Ausweichmanöver gegeben, wenn einige Minuten mehr Zeit dafür gewesen wäre. Auf der anderen Seite, das Schiff war doch vorher wohl grundsätzlich auf dem richtigen Kurs, in diesen 4 Minuten wären wohl nur geringe Richtungskorrekturen nötig gewesen, um problemlos unter der Brücke durchfahren zu können. Vielleicht hätte es den Zusammenstoß nicht gegeben, wenn der Blackout 2 Minuten später passiert wäre. Das Schiff wäre dann manövrierunfähig, aber vielleicht gerade noch auf Kurs unter der Brücke durchgefahren.

Durch die vielen Beiträge hier habe ich 2 Gedanken zu dem Thema. Die Maschinen sollten in den entscheidenden Minuten vor so einer Nadelöhr-Durchfahrt nach Möglichkeit nur so gering wie nötig belastet werden. Das könnte die Wahrscheinlichkeit für einen Maschinenausfall verkleinern. Ist es vielleicht möglich, dass die energieaufwändige Kühlung der Fracht für einige Minuten unterbrochen oder zumindest reduziert werden kann, ohne die Fracht zu schädigen? Außerdem frage ich mich, ob bestimmte Schutzmechanismen, die bei technischen Störungen die Maschinen automatisch abschalten, für bestimmte Situationen anders eingestellt oder sogar ausser Kraft gesetzt werden könnten. Meine Überlegung ist, dass ich lieber einen schweren Schaden in Kauf nehme, wenn ich eine kollabierende Maschine weiter laufen lasse, damit ich manövrierfähig bleibe und letztlich eine Kollision verhindere. Bei einer gestörten Kraftstoffzufuhr, wie hier in einigen Beiträgen vermutet, wo eine Maschine nicht kollabiert sondern einfach nur abstirbt, würde das aber auch nicht helfen. Letztlich fehlen mir zur ernsthaften Beurteilung die nötigen Kenntnisse, ich mache mir nur Gedanken als interessierter Laie.
Volker Landwehr
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Re: Kollision MV DALI mit Francis Scott Key Bridge bei Baltimore/USA

Beitrag von Volker Landwehr »

Die DALI hat eine Hauptmaschine mit 41.480 KW bei 82 U/min und 5 Generatorsets mit zusammen 20.800 kW (Quelle NK Register). Laut englisch sprachigen Wiki 4 Generatoren mit zusammen 16.480 KW. Der 5. Generator ist dann vermutlich ein Notstromaggregat mit rund 4320 kW?

Diese Generatoren liefern den gesamten erforderlichen Strom auch für Ruder und Treibstoffpumpen und das 3000 kW Bugstrahlruder

Ich kann mir nicht vorstellen, dass dabei nicht sauber zwischen Generator für Strom für den Schiffsbetrieb und Strom für Ladungskühlung getrennt wird. Ob man ""Kühlgeneratoren" auf das Schiffsbetriebsnetz umschalten kann (evt. unterschiedliche Spannungen?) und wie lange das evt. dauert, können vielleicht unsere Spezialisten sagen.

Was man versucht hat neu zu starten oder automatisch neu gestartet, Hauptmotor, Generator für Schiffsbetrieb oder Notstromaggregat oder verschiedene nacheinander (es gab wohl zwei Blackouts) wird das NTSB ermitteln müssen. Das Notstromaggregat soll laut Solas innerhalb 45 Sekunden starten. Nimmt man die Zeitpunkte von Stop und Wiederstart des VDR lagen dazwischen 63 Sekunden.

Es sind also Vorkehrungen getroffen, sie wirken nur nicht von jetzt auf gleich. Hier scheint der Blackout die DALI zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt getroffen zu haben.
Gruß, Volker

NK-Register: https://www.classnk.or.jp/register/regs ... ships.aspx
Wikipedia für DALI: https://en.wikipedia.org/wiki/MV_Dali

PS: Was mich irritiert, ist dass anscheinend keine wirksamen Schutzmaßnahmen gegen einen Schiffsanprall gibt. Wie das aussehen kann, zeigt die neue Sunshine Skyway Bridge in Tampa, Florida:https://media.istockphoto.com/id/130092 ... WLGpiWIXk=
Die alte Brücke war ebenfalls durch einen Schiffsanprall zerstört worden. So etwas kann man auch nachrüsten
Tim S.
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Re: Kollision MV DALI mit Francis Scott Key Bridge bei Baltimore/USA

Beitrag von Tim S. »

Die Chesapeake 1000 traf vor Ort ein, um die Brückentrümmer zu räumen:
https://edition.cnn.com/2024/03/29/us/f ... index.html
Volker Landwehr
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Re: Kollision MV DALI mit Francis Scott Key Bridge bei Baltimore/USA

Beitrag von Volker Landwehr »

Sal Mercogliano hat ein neues Video veröffentlicht, in dem er die vom NTSB veröffentlichte Zeitleiste des Schiffsdatenschreibers der Dali erörtert und einige der Fragen, die aufgeworfen wurden und die noch beantwortet werden müssen, darlegt: https://www.youtube.com/watch?v=-rxKQ8Tr94s

In den Kommentaren zum Video war auch einer eines Chefingenieurs (foreman79), der mit langsam laufenden Motoren wie auf DALI gefahren ist. Er nimmt zu einigen Punkten Stellung:
1. An Bord gibt es ein Hauptverteilungsbus und einen Notstrombus. Diese beiden sind miteinander verbunden und werden im Normalfall von den Hauptgeneratoren gespeist. Wenn der Notstromgenerator im Fall des Stromausfalls anspringt, werden die Stromkreise getrennt und das Notstromaggregat versorgt nur den Notstrom-Stromkreis. An den Notstrombus ist ein Motor für die Ruderanlage angeschlossen, nicht aber die Decksbeleuchtung. Die Besatzung hat also einen Hauptgenerator wieder gestartet, da die Decksbeleuchtung wieder angeht.

2. Der schwarze Rauch kommt wahrscheinlich von der Hauptmaschine. Bei v=8 kn und dem Befehl „Crash Astern“ verfügt die Motorautomatik über ein separates Programm, dass über einen längeren Zeitraum mehr Startluft als normal einleitet, um den Motor in die richtige Richtung zu drehen, bevor Kraftstoff eingeleitet wird. Dem Motor fehlt zunächst Verbrennungsluft, da die Turbolader nicht sofort voll da sind.

3. Das Ruder wird hydraulisch gesteuert und würde ohne Strom in der letzten Position vor dem Verlust des Stroms bleiben.
Gruß, Volker
Wasserbauer
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Re: Kollision MV DALI mit Francis Scott Key Bridge bei Baltimore/USA

Beitrag von Wasserbauer »

Volker Landwehr hat geschrieben: Sa 30. Mär 2024, 17:41 2. Der schwarze Rauch kommt wahrscheinlich von der Hauptmaschine. Bei v=8 kn und dem Befehl „Crash Astern“ verfügt die Motorautomatik über ein separates Programm, dass über einen längeren Zeitraum mehr Startluft als normal einleitet, um den Motor in die richtige Richtung zu drehen, bevor Kraftstoff eingeleitet wird.
Haben moderne Containerschiffe dieser Größe denn umsteuerbare Motoren? Arbeiten die nicht mit Verstellpropellern bzw. Wendegetrieben?
Volker Landwehr
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Re: Kollision MV DALI mit Francis Scott Key Bridge bei Baltimore/USA

Beitrag von Volker Landwehr »

Wasserbauer hat geschrieben: Sa 30. Mär 2024, 18:04
Volker Landwehr hat geschrieben: Sa 30. Mär 2024, 17:41 2. Der schwarze Rauch kommt wahrscheinlich von der Hauptmaschine. Bei v=8 kn und dem Befehl „Crash Astern“ verfügt die Motorautomatik über ein separates Programm, dass über einen längeren Zeitraum mehr Startluft als normal einleitet, um den Motor in die richtige Richtung zu drehen, bevor Kraftstoff eingeleitet wird.
Haben moderne Containerschiffe dieser Größe denn umsteuerbare Motoren? Arbeiten die nicht mit Verstellpropellern bzw. Wendegetrieben?
Ich gebe nur den Kommentar des Chiefs wieder, aber die Maschine dreht laut Wikipedia und anderen Quellen mit ca. 82 U/min und geht direkt auf einen fixed pitch Propeller. Da muss wohl der Motor umgesteuet werden, oder?
Quelle: https://en.wikipedia.org/wiki/MV_Dali
Gruß, Volker
mücke
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Re: Kollision MV DALI mit Francis Scott Key Bridge bei Baltimore/USA

Beitrag von mücke »

Ich würde mich sehr wundern, wenn man bei Großcontainerschiffen Verstellpropeller oder Getriebe finden würde.
Diese haben einen vergleichsweise hohen Wartungsaufwand und wären außerdem in den Anschaffungskosten viel zu hoch, verglichen mit einer starren Welle und festem Propeller. Und Verstellpropeller haben wahrscheinlich auch eine geringere Effizienz als ein aus einem Stück gegossener Festpropeller.
Außerdem würden sie im Normalbetrieb eines Containerschiffes ohnehin keinen nennenswerten Vorteil liefern, weil bei Manövern sowieso Schlepper dabei sind.
Derart schwere Havarien sind ja glücklicherweise eher die Ausnahme als die Regel.
Gruß vom Lande
Niklas

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Tim S.
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Re: Kollision MV DALI mit Francis Scott Key Bridge bei Baltimore/USA

Beitrag von Tim S. »

Nach Beginn der Räumungsarbeiten wurde Gaspipeline entdeckt:
https://gcaptain.com/dali-salvage-balti ... -pipeline/
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Stephan Giesen
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Re: Kollision MV DALI mit Francis Scott Key Bridge bei Baltimore/USA

Beitrag von Stephan Giesen »

Tim S. hat geschrieben: Sa 30. Mär 2024, 23:27 Nach Beginn der Räumungsarbeiten wurde Gaspipeline entdeckt:
https://gcaptain.com/dali-salvage-balti ... -pipeline/
Merkwürdige Wortwahl in dem Artikel, dass die Gaspipeline "entdeckt" wurde. Hat die sich rein zufällig dort gebildet? :roll:
In der Seekarte ist dort zumindest eine "Cable And Pipeline Area" verzeichnet.
Mit maritimen Gruß

Stephan
Tim S.
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Re: Kollision MV DALI mit Francis Scott Key Bridge bei Baltimore/USA

Beitrag von Tim S. »

Tatsächlich, ja. Ich hoffe, den Verantwortlichen war das von vornherein bewusst..
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