Costa Concordia Havarie 13.01.2012

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bonito
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Re: Costa Concordia Havarie 13.01.2012

Beitrag von bonito »

scratch hat geschrieben:Zumindest in Teilen kann ich da etwas beitragen. Der 1. Offizier Pellegrini sagt aus, dass ihm vom wachhabenden 1. und 2. Offizier berichtet wurde, dass Schettino das Kommando selbst übernommen habe nachdem der 1. Offizier Ambrosio zu früh (für den Kapitän) nach Norden drehen wollte. Er war wohl der Meinung, nicht nah genug an der Küste zu sein. Man kann jetzt überlegen, ob das der Zeitpunkt gewesen wäre, an dem die Offiziere hätten handeln müssen. Im Prinzip hatten sie es ja schon getan.
Der Rudergänger berichtet auch, dass Schettino ca. 10 Minuten vor der Kollision das Kommando übernommen hat, allerdings sagt er nichts zu den Gründen aus denen das geschehen ist.

Ein "Hängenlassen" der Reederei... Naja. Unterstützung kann er von dort nur via Telefon erhalten. Er stand mit dem Krisenmanager Ferrarini in Kontakt und hat diesen auch nach der Nummer einer Schlepp-Reederei gefragt, die er auch erhalten hat. Das hat er aber erst getan, als aus dem Maschinenraum die Nachricht kam, das Wasser habe Deck 0 und damit die Oberkante der wasserdichten Schotten erreicht. Definitiv zu spät.
Wir wissen derzeit nicht, wo sich der Kapitän auf der Brücke aufgehalten hat, ich vermutte mal, dass er in der Nock stand und auf Sicht für. Es waren aber genug "Stars and Stripes" auf der Brücke und einer von diesen muss weiter die Position des Schiffes verfolgen, auch wenn der Kapitän zu diesem Zeitpunkt da Kommando übernommen hat. Denn das macht den Wachoffizier ja nicht arbeitslos und sich dieser einfach in die Ecke stellen kann. Die Frage ist also, wurde die Position kontinuierlich beobachtet, wurde der Kapitän auf die gefährliche Annäherung (Abstand, Richtung) hingewiesen und, wenn ja, wie hat der Kapitän reagiert.

Wg des Hängenlassen der Reederei : Natürlich geht das nur telefonisch, aber wenn ich das irgendwo richtig gelesen hatte, gab es mehrere Gespräche und angeblich sollte er mit der Evakuierung des Schiffes noch warten. Es ist auch merkwürdig, dass sich die Reederei sehr schnell von ihrem Kapitän distanziert hat und ihm sämtlich Schuld zuschiebt. Ich wüsste nicht (man möge mich ggf korrigieren) , dass solch ein Verhalten bei anderen Fällen in dieser Form öffentlich noch vor etwaiger Seeamtsverhandlungen oder sonsitgen Untersuchungen etc geschehen ist.
Die oben genannten Punkte entbinden ihn zwar nicht von der Gesamtverantwortung aber es gibt im Leben eben noch mehr Farben ausser schwarz und weiss.
Gruss
Jochen
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Re: Costa Concordia Havarie 13.01.2012

Beitrag von Jochen »

Es ist auch merkwürdig, dass sich die Reederei sehr schnell von ihrem Kapitän distanziert hat und ihm sämtlich Schuld zuschiebt. Ich wüsste nicht (man möge mich ggf korrigieren) , dass solch ein Verhalten bei anderen Fällen in dieser Form öffentlich noch vor etwaiger Seeamtsverhandlungen oder sonsitgen Untersuchungen etc geschehen ist.


Hat das nicht auch eine Hamburger Reederei gemacht, als eins ihrer Schiffe von Piraten gekapert und der Kapitän sehr schnell öffentlich beschuldigt wurde durch sein Verhalten die Freigabeverhandlungen behindert /verzögert zu haben? Noch vor der Kündigung und einem Verfahren vor dem Arbeitsgericht? Das hatte auch einen sehr starken Ablenkungscharakter - wie bei der CC vielleicht auch und entspricht der Regel Nummer eins im Mediengeschäft: Immer einen Schuldigen präsentieren und darauf hinweisen, was schon auf den ersten Blick die Ursache ist (oder sein könnte).
Gruß Jochen
KaiR
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Re: Costa Concordia Havarie 13.01.2012

Beitrag von KaiR »

zum Schaden kommt jetzt auch noch der Spott:

http://www.youtube.com/watch?v=HDM_1TGJb1Y

Grüße

Kai
Grüße,

Kai
windrose
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Re: Costa Concordia Havarie 13.01.2012

Beitrag von windrose »

Aldebaran hat geschrieben: Interessante Gedanken eines Kapitäns in diese Richtung.
http://www.ardmediathek.de/ard/servlet/ ... Id=9408474
Dieser Bericht, und dazu neulich eine Doku im WDR ("Kreuzfahrt under-cover") zeigen, wie die Verhältnisse in Sachen Kreuzfahrt sind.
Profit geht über alles, die Gigantomanie soll diesen immer weiter steigern, und die Menschen sind völlig gleichgültig. Sowohl die Passagiere im Notfall, als auch die Besatzung während der Arbeit (eigentlich so eine Art moderne Sklaverei).
Viele lassen sich blenden von den Schiffen, dem äußerlichen Luxus, den teils erschwinglichen Preisen, und Hinterfragen ist ja sowieso für die meisten Leute keine beliebte Tätigkeit.
Entscheiden tut wie in so vielen Fällen letztlich der zahlende Kunde. Solange es genügend Leute gibt, denen das alles egal ist, die Arbeitsbedingungen des Personals inclusive, geht das so weiter. Nur jeder einzelne kann für sich entscheiden, ob er/sie das mitmachen möchte. Ich persönlich werde es nicht tun.
sorry, das geht vielleicht jetzt ein wenig off-topic. Eine Diskussion in Sachen Kreuzfahrt/Tourismus ist eigentlich ein eigenes Thema.
Peter Hartung
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Re: Costa Concordia Havarie 13.01.2012

Beitrag von Peter Hartung »

Moin!

Totalschaden: "COSTA CONCORDIA" wird nicht mehr fahren. Dies berichtet der Österreichische Rundfunk unter Bezug auf eine Erklärung von Costa:

http://orf.at/stories/2102703/

Siehe auch ausführlicher: http://orf.at/stories/2102577/2102578/

mfg Peter Hartung
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Aldebaran
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Re: Costa Concordia Havarie 13.01.2012

Beitrag von Aldebaran »

windrose hat geschrieben:Nur jeder einzelne kann für sich entscheiden, ob er/sie das mitmachen möchte. Ich persönlich werde es nicht tun.
Ich auch nicht. Aber nicht erst aus aktuellem Anlaß, sondern weil ich mir bei der Menschenmasse wie ein Huhn in der Legebatterie vorkommen würde. Da leiden meine Federn... ;)
Tim S.
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Re: Costa Concordia Havarie 13.01.2012

Beitrag von Tim S. »

Flari
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Re: Costa Concordia Havarie 13.01.2012

Beitrag von Flari »

grity hat geschrieben:gut flari, versuch es weiter durchzudenken.... um es allerdings anderen interessierten menschen darzustellen könnten deine berechnungen auch etwas nachvolziebarer sein

also mir würde es beispielsweise helfen wenn ich zu den einzelnen positionen der überlagerten darstellung die zeitpunkte hätte
Hi grity,

Spiel doch einfach parallel die wmv-files ab:

Erste Fassung (grün/gelbe Schiffchen)

Zweite Fassung (rotes Schiffchen)
grity hat geschrieben:und natürlich würde es mir helfen wenn du die (dir offensichtlich bekannte) genauere position des schwerpunktes auch angeben würdest
Die senkrechte Schwerpunktachse dürfte 8-10m hinter der Mitte der LüA liegen.
grity hat geschrieben:insbesondere die höhenlage des schwerpunktes über kiel würde mich sehr interessieren,
nicht wegen des kurses um 21 uhr herum sondern wegen des späteren kenterns,

schwerpunkthöhe wäre sehr interessant, auch weil ich nach wenigen eigenen berechnungsversuchen den eindruck gewonnen habe das für dieses schiff im entwurf eine ansich als kontrollrechnung durchzuführende stabilitätsberechnung eben nicht zur kontrolle benutz wurde sondern als konstruktionsvorgabe,

der schwerpunkt sollte (muss!) sich für eine stabile schwimmlage ja nun mal unterhalb des metazentrums befinden, und dieses liegt bei einem ca 32m breiten und 8m tief eintauchenden schwimmkörper schon bei 20 grad neigung nur ca. 16m über dem kiel , das schiff ist aber über 60m hoch,
ich hätte grob erstmal angenommen (geschätzt) das sich der schwerpunkt in 1/4 der höhe befinden könnte, das wäre 15m über dem kiel also noch knapp unterhalb des metazentrums
und nun interessiert es mich natürlich wo er tatsächlich liegt

dieses vorgehen (eine ursprüngliche kontrolle als vorgabe nutzen) ist meiner bescheidenen meinung nach für sehr viele fehlentwicklungen und katastrophen in der technikwelt verantwortlich,

kontrollen sind eben keine konstruktionsvorgaben, sie hinken immer jeder technischen entwicklung viele jahre hinterher, klar juristisch halten sie den konstrukteur erstmal von der verantwortung frei,
aber dieses schiffsunglück zeigt es leider wieder an jedem detail das sich hier einiges fehlentwickelt hat die letzten jahrzehnte....
Hmmm.., da verstehe ich nicht ganz, worauf Du hinaus willst.
Bei einem Quader von 32m Breite und 8m Tiefgang beträgt die Entfernung "Kiel" - Metazentrum ohne Kränkung 14,69m, bei 10° 14,83m und bei 20° 15,37m. (berichtigt)
Bei quasi allen Passagier-Schiffen der CC-Grösse wird der Schwerpunkt ca. 1-2m unter dem MZ bei 0° angesiedelt, also bei der CC zwischen 15 und 16m über Kiel, bei einem MZ bei 16,91m.
Alles andere würde die Passagiere kotzen lassen.. *gg

Kenntern kann ein Schiff erst ohne weitere äussere Krafteinwirkung, wenn der Schwerpunkt seitlich über den Auftriebspunkt hinauswandert.
Und bei einem aufrechten Quader mit z.B. B 35,5 und dem Schwerpunkt in der Mittelsenkrechten bei 16m oder weniger, kann das einfach nicht passieren, sondern erst bei einer Höhe ab B/2.

Ein Wassereinbruch kann sogar stabilisierend wirken, da der Schwerpunkt nach unten verlagert wird.
Und zwar im Fall der CC wohl stärker, als durch den höheren Tiefgang das MZ nach unten ging.
Siehe Fall 2 in der Grafik, wobei die MH bei Kränkung nicht für freie Oberflächen gilt, da dann der Schwerpunkt seitlich auswandert. Aber nur mit äusserem Anstoss, wie z.B. bei der Strandung der CC.

Bild
Zuletzt geändert von Flari am Do 2. Feb 2012, 18:26, insgesamt 1-mal geändert.
Gruss Flari
Garsvik
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Re: Costa Concordia Havarie 13.01.2012

Beitrag von Garsvik »

Flari hat geschrieben: Bei einem Quader von 32m Breite und 8m Tiefgang beträgt die Entfernung "Kiel" - Metazentrum ohne Kränkung 14,69m, bei 10° 16,55m und bei 20° 18,55m.
Bei quasi allen Passagier-Schiffen der CC-Grösse wird der Schwerpunkt ca. 1-2m unter dem MZ bei 0° angesiedelt, also bei der CC zwischen 15 und 16m über Kiel, bei einem MZ bei 16,91m.
Alles andere würde die Passagiere kotzen lassen.. *gg

Kenntern kann ein Schiff erst ohne weitere äussere Krafteinwirkung, wenn der Schwerpunkt seitlich über den Auftriebspunkt hinauswandert.
Und bei einem aufrechten Quader mit z.B. B 35,5 und dem Schwerpunkt in der Mittelsenkrechten bei 16m oder weniger, kann das einfach nicht passieren, sondern erst bei einer Höhe ab B/2.

Ein Wassereinbruch kann sogar stabilisierend wirken, da der Schwerpunkt nach unten verlagert wird.
Und zwar im Fall der CC wohl stärker, als durch den höheren Tiefgang das MZ nach unten ging.
Siehe Fall 2 in der Grafik, wobei die MH bei Kränkung nicht für freie Oberflächen gilt, da dann der Schwerpunkt seitlich auswandert. Aber nur mit äusserem Anstoss, wie z.B. bei der Strandung der CC.

Bild
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Jetzt wirds richtig interessant. Das hat zum Verständnis beigetragen!

Garsvik
Peter Hartung
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Re: Costa Concordia Havarie 13.01.2012

Beitrag von Peter Hartung »

Alle Fotos von Peter Hartung sind (falls nicht anders angegeben) unter einer
Creative Commons-Genehmigung lizenziert. Siehe hier: Foto-Lizenz: CC-BY-NC-ND
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