Ehemaliger Gehrckens-Frachter im Sturm gesunken.
Verfasst: So 13. Dez 2009, 23:55
Guten Abend!Tim S. hat geschrieben:Ende eines Lindenauers:
Der unter Panama-Flagge laufende Frachter "Ogan Bey", 5547 BRZ (IMO-Nr.: 7106932) sank am 11.12. im Schwarzen Meer vor Eregli. Zwei Mann der Crew ertranken. Das Schiff war unterwegs von Russland nach Çanakkale in der Nordwest-Türkei, als es sieben Meilen vor der Küste in Seenot geriet. 12 Mann der Besatzung wurden gerettet. Bei der vormaligen "Funda C" handelt es sich um einen Frachter von 136,8 Metern Länge, 17,2 Metern Breite und 7,49 Metern Tiefgang, der 8150 Tonnen verdrängt. Er entstand 1971 als deutsche "Stintfang" auf der Lindenau-Werft in Kiel-Friedrichsort, als die er bis 1982 lief. (Eigener Bericht)
Einer der letzten noch in Fahrt befindlichen Gehrckens-Frachter ist nicht mehr (siehe oben). Vorgestern sank die ehemalige "STINTFANG" während eines Sturms im Schwarzen Meer vor der türkischen Küste. Zwei Männer ertranken, zwei sind vermisst, 12 Besatzungsmitglieder konnten glücklicherweise gerettet werden.
Hierzu erreichte mich heute eine gleichlautende Nachricht von Ilhan Kermen aus Istanbul:
quote
a bad news
12.12.2009
Ogan Bey sank 8 miles from shore of Zonguldak/Eregli in the open during the night at 02/30 captured in the severe storm.
Cargo ship slipped as a result of lay side began to get water. The ship began to sink in a short time, the Turkish Black Sea Regional Command and Coast Guard teams intervened. A helicopter joined the rescue operations by air in the ship's 12 crew were rescued from the 16. Ship to sea with the crew's bodies were buried 2 is out, 2 people lost
best regards
ilhan
unquote
Anfang der Siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts gab H. M. Gehrckens moderne Mehrzweckfrachter für die Westafrikafahrt in Auftrag. Die Frachtschiffe waren auch geeignet für die sich immer mehr durchsetzende Containerfahrt. Man entschied sich für den Mehrzweckfrachter vom Typ "Rendsburg", eine gemeinsame Entwicklung der Nobiskrug Werft in Rendsburg und der Werft Paul Lindenau in Kiel einerseits und den Werften Orenstein & Koppel Lübecker Maschinenbau Gesellschaft und Schlichting, Lübeck-Travemünde andererseits. Die Neubau-Reihe von H. M. Gehrckens begann mit der MS „STEINWEG“, ihr folgte die "STINTFANG". Beide Schiffe baute Lindenau.
Die damalige Lindenau-Neubau-Reihe der neuen Mehrzweckfrachter (Stückgut und Container) vom Typ "Rendsburg" wurde 1971 mit der MS „STINTFANG“, dem zweiten Gehrckens-Schiff, das diesem Namen trug, fortgesetzt. Am 24. April 1971 lief das Schiff unter der Baunummer 149 bei der Werft von Paul Lindenau in Kiel vom Stapel. Am 9. Juli 1971 übernahm H. M. Gehrckens den Frachter bei herrlichem Sommerwetter auf der Kieler Förde. An der Übergabefahrt durfte ich als damals 22-jähriger teilnehmen.
Werftübergabefahrt von MS "STINTFANG" am 9. Juli 1971 in der Kieler Bucht. In der Bildmitte auf der Luke mit der Prinz-Heinrich-Mütze sehen wir Heinrich Martin Gehrckens senior. Die Gruppe wird überragt vom langjährigen Syndikus der Reederei, Herrn Dr. Friedrich Höpfner. Foto: Peter Hartung.
Werftübergabefahrt von MS "STINTFANG" am 9. Juli 1971 in der Kieler Bucht. Foto: Peter Hartung.
Werftübergabefahrt von MS "STINTFANG" am 9. Juli 1971 in der Kieler Bucht.Foto: Peter Hartung.
Werftübergabefahrt von MS "STINTFANG" am 9. Juli 1971 in der Kieler Bucht.Foto: Peter Hartung.
Das "Hamburger Abendblatt" schrieb dazu am 09.07.1971 in seiner Nr. 156 auf Seite 25 wie folgt:
"'Bianca' für Gehrckens
Heute wird von der Werft Paul Lindenau, Kiel, das MS "Bianca" (8200 tdw, 5877 BRT) an die Reederei H. M. Gehrekens, Hamburg, abgeliefert. Der Frachter wird durch einen 4000-PSe-Diesel angetrieben, der ihm eine Geschwindigkeit von 16 Knoten gibt Das Ladegeschirr besteht aus zwei Kränen von je 12,5 t und einem Mastkran für 18 t Last. Die "Bianca" kann 246 Container des 20-Fuß-Typs befördern."
Der Frachter erhielt den Namen "BIANCA". H. M. Gehrckens fungierte fortan als Korrespondent-Reeder. Im Auftrag von H. M. Gehrckens war die "BIANCA" ex „STINTFANG“ von 1971 bis 1973 in der Westafrika-Fahrt im Einsatz. 1973 bekam das Schiff wieder seinen alten Namen "STINTFANG" zurück und war bis 1982 weiter im Westafrika-Dienst beschäftigt.
Der Frachter trug das Unterscheidungssignal DHGE. Das Schiff hatte einen Raumgehalt von 5.796,18 Brutto-Registertonnen sowie 4.241,69 Netto-Registertonnen als Volldecker. Als Shelterdecker belief sich die Vermessung auf 3.292 BRT bzw. 2.296 NRT. Die Tragfähigkeit betrug 8.150 Tonnen als Volldecker bzw. 6.342 Tonnen als Shelterdecker. Das Schiff hat eine Länge von 129,94 Meter, eine Breite von 17,26 Meter bei einem Tiefgang von 7,49 Metern mit einer Seitenhöhe von 10,10 Metern. Der Laderauminhalt fasste für Schüttgut 13.174 Kubikmeter und für Stückgut 12.047 Kubikmeter. Die „BIANCA“ ex "STINTFANG" konnte 471 TEU (= 20-ft-Container) laden.
Das "STINTFANG" war, genauso wie die "STEINWEG", ausgerüstet mit zweimal zwei Ladekränen mit je 12,5 Tonnen Tragfähigkeit, wovon je zwei zu Duplex-Kränen mit doppelter Tragkraft für den Container-Umschlag gekoppelt werden konnten. Der einzelne Mastkran vor der Brücke hatte eine Tragfähigkeit von 18 Tonnen. Die Kräne baute die Kieler Atlas-MaK-Maschinenfabrik.
Der Laderaum 1 wurde mit einer einzelnen Luke abgedeckt. Die Laderäume 2 und 3 besaßen Doppel-Luken.
Angetrieben wurde das Schiff mit einem 2.942 kW (4.000 PS) leistenden 4-Takt-Achtzylinder-Dieselmotor, gebaut von Atlas-MaK-Maschinenbau, Kiel. Damit schaffte die „BIANCA“ ex "STINTFANG" eine Dienstgeschwindigkeit von 16,50 kn. Das Schiff hat Unterkünfte für 29 Mann Besatzung.
1982 verkaufte Gehrckens den Frachter an die Transmaren Shipping in Istanbul (Türkei). Der neue Eigentümer gab dem Schiff den Namen "MAREN I" (siehe Foto unten). Im gleichen Jahr wechselte das Schiff mit unverändertem Namen an die Transmaren Denizcilik Nakliyat Ticaret ve Turizm, Istanbul.
Auf der Reise von Tarragona nach Singang griff am 7.10.1988 beim Laden in Genua ein Maschinenraumbrand auf die Laderäume über. Da eine Explosion der Ladung zu befürchten war, wurde der Havarist am 8.10.1988 aus dem Hafen geschleppt und von der italienischen Marine durch Sprengung auf Grund gesetzt. Am 10. November 1988 wurde die "MAREN I" geborgen, abgesetzt und nach Abdichtung der Lecks nach Genua gebracht. Von dort brachte der Schlepper "CAMPIONE" die "MAREN I" am 10. November 1990 zu einer Reparaturwerft nach Istanbul, Ankunft dort am 7.12.1990. Die Reparatur in Tuzla dauerte vom 9.12.1990 bis Mitte 1992. Offenbar wurden während dieser Zeit die Ladekräne entfernt.
Ende 1990 wurde der Frachter während seiner Werftliegezeit an die Polathane Denizcilik Nakliyat ve Ticaret Ltd., Sirketi, Istandbul, verkauft und bekam den Namen "BORA CILLIOGLU". Das Schiff wurde neu vermessen. Das Ergebnis: 5.489 BRZ bei 8.150 tons Deadweight. 1993 erfolgte die Umbenennung in "FUNDA C".
Seit September 2001 heißt das Schiff "OGAN BEY" und fuhr nun für die türkische Reederei Darya Shipping unter Panama-Flagge. Unter der IMO-Nr. 7106932 war das Schiff im April 2008 als noch in Fahrt registriert. Allerdings lautet der letzte Status-Eintrag: "BANNED (failed to call at indicated repair yard)". Offenbar wurde eine notwendige Werftreparatur nicht durchgeführt.
Wie wir jetzt wissen, sank das Schiff vorgestern im Schwarzen Meer in schwerem Sturm vor der türkischen Küste. Und damit verschwand eines der letzten Schiffe, das den Übergang von der Stückgut- zur Containerfahrt repräsentierte.
Hier noch ein paar Fotos von dem Schiff:
http://www.forum-schiff.de/phpBB3/viewt ... Bey#p11184
http://www.shipspotting.com/modules/mya ... lid=121174
Foto von der "OGAN BEY" von Ilhan Kermen während der Bosporus-Durchfahrt. (Siehe dazu auch die Kommentierungen in shipspotting.com)
http://www.shipspotting.com/modules/mya ... ?lid=15229
mfg Peter Hartung
Quellennachweis zu Teilen der Schiffsdaten: Gert Uwe Detlefsen, Deutsche Reedereien Band 13, Bad Segeberg 2002