Peter Hartung hat geschrieben:
Besuchsbericht folgt demnächst.
Guten Morgen,
nun, mit einer solchen Frage, wie sie "hennerjordan" im vorstehenden Beitrag aufwirft, beschäftigt sich die Wiesbadener Ausstellung natürlich nicht. Sie unterscheidet sich auch vom Konzept erheblich von der Hamburger Titanic-Ausstellung, die ja eine Menge aus dem Wrack geborgener Devotionalien enthielt. Die Wiesbadener Ausstellung, die wohl deutschlandweit auch nur dort gezeigt wird, will mit vielen kleinen Details an einzelne menschliche Schicksale hinter dem Untergang erinnern. Seit dem 3.12.09 gab es 9.000 Besucher "an Bord". Mit rund 150 Exponaten zeigt die Schau die weltweit größte Sammlung von Gegenständen aus der Geschichte des Luxusliners: Zu sehen sind zum Beispiel die ersten Entwürfe zum Bau des Schiffs, großformatige Bilder vom Stapellauf, der Jungfernfahrt und der verhängnisvollen Nacht vom 14. April, als das Schiff schließlich sank.
Gleich am Eingang liegt eine Original-Ausgabe des "Wiesbadener Tagblattes" vom 17. April 1912. "Die Katastrophe der Titanic" lautet die Schlagzeile.
Daneben lassen viele Stücke aus dem zeitgleich gebauten und zuerst vom Stapel gelaufenen Schwesterschiff "Olympic" die Atmosphäre an Bord des Luxusliners wieder aufleben. Außerdem haben die Ausstellungsmacher Teile des Schiffs in Originalgröße nachgebaut: Besucher können zum Beispiel durch einen Gang der Ersten Klasse wandeln. Nachgebaute Kabinen von der dritten bis zur ersten Klasse sind zu besichtigen. Die nachgebaute alte Funkbude ist zu besichtigen, ein alter hölzerner Original-Deck-Chair, den man aus dem Wasser zog, kann man sich ansehen. Daneben wird die ganze Skala von White-Star-Line-Porzellan, -Tafelsilber und -Bestecke gezeigt.
Mehr interessiert haben mich die vielen kleinen Brief- und Postkarten aus jenen Tagen, mit Tinte und Feder beschrieben, die von Erlebnissen und Eindrücken von Besatzungsmitgliedern und Passagieren berichten und die im letzten europäischen Hafen von Bord gelangten. Interessant ist, dass diese Exponate überwiegend schwedischer Herkunft sind, sei es der Brief eines schwedischen Passagiers an seine Familie, sei es das Telegramm von Bord der "CARPATHIA" in die schwedische Heimat nach der Rettung: "Räddnad och frisk" oder die handschriftliche Mitteilung von Schiffsmakler Eriksson aus Göteborg an eine schwedische Familie, dass ihr Angehöriger leider den Untergang nicht überlebt habe.
Dann gibt es in englischer Sprache und in großformatiger Übersetzung zwei Berichte eines Schiffsoffiziers der "Titanic" zu sehen, die er während Werfterprobungen kurz vor Beginn der ersten Reise schrieb. Darin war die Rede vom Streik der Kohlentrimmer, der die Abfahrt des Schiffes verzögern würde. (An anderer Stelle hatte ich hier im Forum ja schon mal Ähnliches berichtet:
http://www.forum-schiff.de/phpBB3/viewt ... lit=Streik ) Ferner zwei alte originale ""Certificate of Discharge", also Seefahrtsbücher. In einem Fall zeigen die Eintragungen, dass der Seemann offenbar nur wenige Wochen nach seiner abgebrochenen "Titanic"-Reise auf die "Olympic" einstieg und dort viele Reisen absolvierte. Dann gibt es noch einige Geschäfts-Dokumente der dänischen Rettungsbootdavits-Baufirma zu sehen und ein kleines Modell der Davits zu sehen, die auf der "Titanic" zum Einsatz kamen.
Leider gab es ein striktes Fotografier-Verbot in der Ausstellung, aber das Hessische Fernsehen hat einen Filmbericht gedreht, den Ihr Euch hier anschauen könnt:
http://www.hr-online.de/website/rubrike ... 30_titanic
Einen besonderen Reiz bekommt die Ausstellung durch den Präsentationsort: Die Wiesbadener Markthallen sind ein großes ziegelgemauertes Gewölbe unter dem zentralen Platz in unmittelbarer Nähe von Landtag, Rathaus und Marktkirche. Also: Insgesamt nicht billig (13 Euronen), aber sehenswert.
mfg Peter Hartung