FrankAusEmden hat geschrieben: ↑Di 14. Mai 2019, 16:33
Schade. . .hatte michcschon auf viele neue Infos über die geplante Fährverbindung gefreut.
Um mal wieder auf das eigentlich Thema zurückzukommen - ich habe mir die Presseerklärung der Firma Nordfrost mal etwas genauer angesehen und dabei ergeben sich für mich doch diverse Fragestellungen und teils auch Widersprüche.
Ich werde mal versuchen auf die einzelnen Punkte im Detail einzugehen (ohne dabei zu sehr auf das gesamte "Werbe-Geschwurbel" reinzufallen):
Zitat:
Der Aufenthalt der Fähre im Hafen nimmt je vier Stunden in Anspruch, die Überfahrt benötigt weniger als 20 Stunden, so dass mit einer Fähre drei Abfahrten pro Woche in jeder Richtung möglich sind. Je Fahrtstrecke können 60 Sattelzüge aufgenommen werden oder mehr Fahrzeuge bei entsprechend kleineren Einheiten.
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Offenbar hat man ja bereits einen genauen Zielhafen bzw. Zielregion im Auge (weniger als 20 Stunden Überfahrtsdauer) und auch das Schiff (60 Sattelzüge) scheint ja schon in der näheren Auswahl zu sein. Trotzdem wird nur kryptisch von "Skandinavien" gesprochen, was ja ein relativ große Interpretationsspielraum ergibt. Warum wird man hier nicht konkreter, zumindestens was das Zielland betrifft?
Zitat:
Seit etwa einem Jahr nutzt die NORDFROST dieses Hafengelände übergangsweise für Projektverladungen, die für den Schiffsumschlag über den 8 km entfernen Containerhafen Wilhelmshaven bestimmt sind. ... Der Zwischentransport der schweren Güter durch die Stadt zur Verladung auf das Containerschiff ist aufwändig und soll eingespart werden, so dass die Projektverladungen künftig auf das 32 ha große Gelände der NORDFROST in der Logistikzone des Containerhafen Wilhelmshaven verlagert werden.
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Gleichzeitig heißt es aber auch:
Zitat:
Für das neue Geschäftsfeld des Fährbetriebes bieten ...Wilhelmshaven-Friesland ebenfalls ideale Voraussetzungen. „Auch mit dem sich explosionsartig entwickelnden Containerhafen Wilhelmshaven gibt es für uns viele Möglichkeiten, den neuen Fährverkehr zu befruchten“, meint Horst Bartels.
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Man gedenkt also auf der einen Seite die Zwischentransporte durch die Stadt zur Verladung auf's Containerschiff einzusparen, auf der anderen Seite möchte man aber am selben Platz rollende Ladung umschlagen, welche ja den gleichen Weg zurücklegen müsste, um den Containerhafen "zu befruchten".
Mal ganz abgesehen von merkwürdigen (auf mich eher unseriös wirkende) Formulierungen wie der sich "explosionsartig" entwickelnde Hafen, erscheint mir die oben aufgezeigte "Befruchtungslösung" eher widersprüchlich zu dem vorgenannten Ziel, nämlich den Verkehr in Wilhelmshaven einzusparen.
Desweiteren leuchtet mir nicht ein, warum ein Spediteur einen Kühlcontainer - sagen wir mal in Norwegen (um Skandinavien mal ein bisschen zu reduzieren) - erst auf einen LKW laden sollte, dann damit zum Hafen fahren, auf ein RoRo-Schiff verladen, in Wilhelmshaven den LKW (ob mit oder ohne Fahrer) wieder zu löschen, 8km zum "explodierenden" Containerterminal fahren um dann den Kühlcontainer vom LKW zu löschen, damit dann der Container im Anschluß auf ein entsprechendes Containerschiff verladen werden kann? Wäre es nicht weitaus ökonomischer, den Container in Norwegen per LKW zum nächsten Hafen (mit Feederverkehr) zu bringen und ihn dort direkt auf das Schiff (ohne LKW und Fahrer) zu verladen, welches den Kühlcontainer dann direkt zu einem der Hubports bringt, wo er dann auf das nächste Schiff zum Weitertransport verschifft wird?
Kurz gesagt: Mir leuchtet der Transport von Kühlcontainern auf LKW und RoRo-Schiff absolut nicht ein, wenn ich kostengünstiger genauso gut direkt auf ein Feederschiff verladen kann und nicht meinen LKW und Fahrer 20 Stunden in Richtung Jade schaukeln lassen muss. LKW und RoRo-Schiff machen aus meiner Sicht nur Sinn, wenn der Weitertransport von Wilhelmshaven dann auch per LKW erfolgt, dann kann ich aber keinerlei Vorteil für den Containerhafen erkennen.
Erstaunlich erscheint mir auch das offenbar sehr ausgeprägte Selbstbewustsein dieses Unternehmens:
Zitat:
„Auch bei deutschen und europäischen Lieferanten Skandinavienverkehre zu akquirieren ist für uns nicht die größte Herausforderung“, so Bartels.
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Komisch nur, dass alteingesessene Speditionen und Reederei um jeden Kunden kämpfen müssen...
Eine weitere Frage, die sich mir stellt: Wie soll der Reedereibetrieb denn ganz praktisch laufen? Wird man das Schiff chartern, kaufen, bareboat-chartern? Hat man die Resourcen, um einen entsprechenden Reedereibetrieb zu betreiben, will sagen: das geeignete Personal (Land + See!), oder wird man sich externer Anbieter bedienen?
Damit ist es ja aber auch nicht getan: Es muß neben der notwendigen Tonnage eine geeignete Vermarktungsplatform geschaffen werden, die Linie muss international vermarktet werden, und und und ....
Fazit:
Solange keine präziseren Informationen bekanntgegeben werden (Zielhafen, Tonnage, etc.) halte ich persönlich diese ganze Idee für eine reine PR Aktion und ich glaube nicht, dass ein regulärer Fährbetrieb mit Passagiertransport noch in diesem Jahr aufgenommen wird. Eher befürchte ich, dass dieses ganze Projekt still und heimlich zu einer reinen RoRo-Line reduziert wird, aber auch davon bin ich nicht wirklich überzeugt. Wahrscheinlich ist das ganze ein Rohrkrepierer. Wenn nicht freue ich mich auf eine Mitfahrt von Wilhelmshaven nach Skandinavien!
Soweit meine Gedanken zu diesem Thema.
Beste Grüße
Hans