Somalia: Piraterie ohne Ende

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Peter Hartung
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Re: Somalia: Piraterie ohne Ende

Beitrag von Peter Hartung »

Moin!

Die Diskussion geht - nicht nur hier im Forum - heftig weiter. Sehr deutlich zu Wort meldet sich heute im Bremer "WESER-KURIER" der Chefredakteur mit einem Kommentar, den ich hier im O-Ton wiedergeben möchte:

quote
25.08.2008 | 19:18 Uhr
Weser-Kurier: Der "Weser-Kurier" (Bremen) kommentiert in seiner Ausgabe vom 26. August 2008 die zunehmenden Übergriffe von Piraten:

Bremen (ots) - Schützen statt schwätzen von Joerg Helge Wagner Soll man? Darf man? Muss man sogar? Die Frage, ob die Deutsche Marine auch zur Abwehr von Piraten eingesetzt werden kann, treibt Politiker, Reeder und Juristen schon seit Monaten um - ergebnislos. Nun, nach der Entführung der in Bremen bereederten "BBC Trinidad", ist der Handlungsdruck wieder einmal gestiegen. Das ist das einzig Positive am jüngsten "Zwischenfall" vor der somalischen Küste - ansonsten kann man nur den Kopf schütteln über eine sehr deutsche Grundsatzdebatte, die in Großbritannien bestenfalls fürs Kabarett taugen würde. Warum unterhalten Staaten für viel Geld Seestreitkräfte? Natürlich zur Verteidigung ihrer Küsten und zum Schutz ihrer maritimen Handelswege. Man könnte auch sagen: zur Wahrung ihrer globalen Interessen. Das mögen pazifistische Feingeister ganz schlimm finden; dem Rest der Steuerzahler leuchtet es ein. Nun muss in Deutschland jedem militärischen Einsatz das Parlament zustimmen - das ist auch gut und richtig so, denn dann haben die Soldaten die Gewissheit, dass die Mehrheit der Volksvertreter hinter ihnen steht. Nichts hätte die im Bundestag vertretenen Parteien daran gehindert, längst der Deutschen Marine ein Mandat zur Piratenbekämpfung zu erteilen - am wenigsten das Völkerrecht, das die Staaten sogar ausdrücklich dazu verpflichtet. Man muss auch kein großer Stratege sein, um zu ahnen, dass das am Horn von Afrika mit Fregatten, Korvetten und Marinefliegern besser geht als mit Polizeiwachbooten - vor allem, wenn die Piraten mittlerweile mit Geschützen und Raketenwerfern auf Kaperfahrt gehen. Die Bundesregierung aber wartet ab, bis andere die Initiative ergreifen. Und warum einfach, wenn es auch kompliziert geht? Nun soll es also eine EU-Flotille richten, die irgendwann im Dezember einsatzbereit ist. Bis dahin werden die mit jedem Raubzug stärker werdenden Piraten mindestens ein weiteres Dutzend Schiffe gekapert haben. Denen aber kann die Marine schon nicht mehr helfen, da jedes Gefecht die Entführten in höchste Gefahr bringen würde. Vorbeugen statt Lösegeld zahlen, muss die Devise lauten: Konvoifahrten, Geleitschutz durch Kriegsschiffe, auch deutsche. Schnellstmöglich, nicht erst zu Weihnachten.


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unquote

Gestattet mir dazu eine Anmerkung.
Die Ungeduld des Kommentators ist nur zu verständlich. Aber: Ein Blick ins Gesetz erspart viel Geschwätz. Und: Deutschland wird (trotz "Globalisierung") nicht am "Horn von Afrika" verteidigt.

Natürlich ist Piraterie ein verachtungswürdiges Verbrechen und wird zu Recht weltweit geächtet. Bei Piraterie handelt es sich um Gewalttaten, Eigentumsdelikte oder Freiheitsberaubungen, die zu eigennützigen Zwecken von einem Seefahrzeug aus auf Hoher See oder in anderen Gebieten verübt werden, die keiner staatlichen Gewalt unterliegen. Das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 verpflichtet wie schon das Übereinkommen über die Hohe See vom 29. April 1958 die Staaten zur gemeinschaftlichen Bekämpfung der Piraterie und erlaubt ihnen hierzu auf Hoher See das Aufbringen von Piratenfahrzeugen und die Festnahme der an Bord befindlichen Personen sowie die Beschlagnahme vorhandener Werte. Die weiteren Maßnahmen unterliegen der Rechtsprechung des aufbringenden Staates. Auch innerhalb ihrer Hoheitsgewässer besteht die Verpflichtung der einzelnen Staaten zur Bekämpfung der Piraterie. Ihre Souveränität bleibt hier jedoch unberührt. Piraten können von Kräften fremder Staaten daher nur bis an die Grenze der Hoheitsgewässer verfolgt werden, wenn die Anrainerstaaten keine weitere Kooperation wünschen.

Es muss aber zwischen Kriegsvölkerrecht und internationalem Seerecht unterschieden werden. Die Bekämpfung der Piraterie ist keine Kriegshandlung. Hier gilt Artikel 2 Ziffer 4 der Charta der Vereinten Nationen, dem zufolge Kriegshandlungen grundsätzlich völkerrechtswidrig sind bzw. nur zulässig sind in den Grenzen der völkerrechtlichen Vereinbarungen der Haager Abkommen, insbesondere der Haager Landkriegsordnung,

Nach deutschem Recht unterfällt die Bekämpfung der Piraterie dem Polizeirecht, das heißt: Bundespolizei und Zoll hätten vor der deutschen Küste Piraterie zu bekämpfen, wenn es sie in der Deutschen Bucht oder in der Ostsee gäbe. In Deutschland sind die sich aus den völkerrechtlichen Regelungen ergebenden Aufgaben auf Grund des Seeaufgabengesetzes durch die Zuständigkeitsbezeichnungs-Verordnung See der Bundespolizei und dem Zoll übertragen, die seit 1994 im Koordinierungsverbund Küstenwache kooperieren. Eine Wahrnehmung durch die Deutsche Marine ist darüber hinaus bereits durch Art. 87 a des Grundgesetzes ausgeschlossen, das die Streitkräfte neben den Aufgaben der Verteidigung auf wenige, ausdrücklich genannte, weitere beschränkt. Die Deutsche Marine ist damit auf die Gewährung von Nothilfe bei gegenwärtigen Angriffen beschränkt. Die Aufbringung eines Piratenfahrzeugs oder die Festnahme von Piraten wäre nach deutschem Recht eine Amtsanmaßung, entsprechende Befehle rechtswidrig. Diese Rechtslage wird auch in der deutschen Öffentlichkeit zunehmend problematisch gesehen. Darum dreht sich zur Zeit im Kern die Diskussion.

In Deutschland ist Piraterie in der Regel nach § 316 c StGB als Angriff auf den Luft- oder Seeverkehr strafbar, ggf. in Verbindung mit § 6 StGB, der die Gültigkeit deutschen Rechts für Taten gegen international geschützte Rechtsgüter unabhängig vom Recht des Tatortes regelt. Die Strafandrohung ist Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren. Wenn mindestens leichtfertig der Tod eines Menschen verursacht wurde, beträgt sie nicht unter zehn Jahren oder lebenslänglich. Aber: Diese Strafandrohung ist vor der somalischen Küste ein "zahnloser Seehund".

Nun ist aber auch ein Angriff durch Piraten ein Seenotfall. Zur Alarmierung sind die in der Seefahrt üblichen Seenotsignale zu nutzen. Alle Schiffe, die von einem Notfall erfahren, sind, soweit sie sich nicht selbst in Gefahr bringen, zur Hilfeleistung verpflichtet. Dies gilt natürlich auch für deutsche Kriegsschiffe, die in dem betroffenen Gebiet im Rahmen der Operation "Enduring Freedom" (OEF) patroullieren. Zuständige offizielle Stellen sind, wie bei anderen Seenotfällen auch, die Maritime Rescue Coordination Centers, die den Einsatz der Rettungskräfte einschließlich Seestreitkräfte und Küstenwache koordinieren.

Zuständig für die Sicherheit auf See ist die International Maritime Organisation. Seit 2004 gelten im Rahmen des SOLAS-Übereinkommens die Sicherheitsvorschriften des International Ship and Port Facility Security Code (ISPS-Code), die für Schiffe der Berufsschifffahrt mit einer Bruttoraumzahl von 500 oder höher auch Maßnahmen zum Schutz vor Piraterie festlegen.

Die Bundeswehr soll sich nach Plänen von Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) ab Jahresende an der Bekämpfung der Piraterie vor der Küste Somalias beteiligen. Siehe dazu: http://www.ad-hoc-news.de/drucken.html?art_id=19179874

mfg Peter Hartung

PS.: Der Beitrag enthält einige Passagen eines Wikipedia-Artikels zum Thema.
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Peter Hartung
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Re: Somalia: Piraterie ohne Ende

Beitrag von Peter Hartung »

Guten Abend!

Die öffentliche Diskussion um einen Marineeinsatz gegen somalische Piraten geht weiter. Hier ein Kommentar aus der Berliner "Tageszeitung": http://www.taz.de/1/debatte/kommentar/a ... i/?type=98

mfg Peter Hartung
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Peter Hartung
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Re: Somalia: Piraterie ohne Ende

Beitrag von Peter Hartung »

...und die "ZEIT" schrieb heute zum Thema wie folgt:

http://images.zeit.de/text/news/artikel ... 601382.xml

mfg Peter Hartung
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Tim S.
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Re: Somalia: Piraterie ohne Ende

Beitrag von Tim S. »

Offenbar wird der Druck auf den BMfV inzwischen groß genug, dass sie doch mal zur Kenntnis nehmen, dass die Marine nicht nur für Reparäsentationszwecke da ist:
http://www.mz-web.de/servlet/ContentSer ... 9746638110
Der Johann
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Re: Somalia: Piraterie ohne Ende

Beitrag von Der Johann »

Hier nun die ersten Reaktionen:

TO: ALL SHIPS TRANSITING THE GULF OF ADEN

THE US NAVAL CENTRAL COMMAND HAS ESTABLISHED A MARITIME SECURITY PATROL
AREA(MSPA) IN THE GULF OF ADEN.A FORCE OF COALITION NAVY WARSHIPS
WILL PATROL THE AREA AND AIRCRAFT WILL FLY IN THE AIRSPACE ABOVE.

THE CORRIDOR OF COORDINATES THROUGH THE GULF OF ADEN ARE:

WAYPOINT: 12 15N 045E
WAYPOINT: 12 35N 045E
WAYPOINT: 13 35N 049E
WAYPOINT: 13 40N 049E
WAYPOINT: 14 10N 050E
WAYPOINT: 14 15N 050E
WAYPOINT: 14 35N 053E
WAYPOINT: 14 45N 053E

END
Sirius

Re: Somalia: Piraterie ohne Ende

Beitrag von Sirius »

Warum soll denn die deutsche Marine dort Seeräuber jagen?

Das Belugaschiff hat keinen deutschen Seemann an Bord. Ein lettischer Kapitän, ansonsten Filipinos und Russen.

Fährt das Schiff unter deutscher Flagge?
Wenn ja, aber mit ausländischem Kapitän, dann kann es im Mobilmachungsfall (MOB) nicht mal zur Rückfahrt nach Deutschland beordert werden. Dazu ist nur ein deutscher Kapitän befähigt.

Außerdem, warum deutsche Marinesoldaten gefährden, wenn doch kein Deutscher an Bord ist ?

Das sind alles Bildzeitungsschlagzeilen.

mfgSirius
Tim S.
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Re: Somalia: Piraterie ohne Ende

Beitrag von Tim S. »

Nein Sirius, du liegst falsch. Die deutsche Reederei hat ein erhebliches Interesse daran, dass ihre Schiffe sicher verkehren können. Außerdem ist es schwer einsehbar, dass andere immer ihre Köpfe hinhalten, während die Deutschen sich fein raushalten, und dass die deutsche Marine nur deutsche Seeleute zu schützen hat, ist ja wohl schwerster Blödsinn in einer globalisierten Welt.
frank0265
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Re: Somalia: Piraterie ohne Ende

Beitrag von frank0265 »

Mich ärgert an dieser Diskussion folgendes : Ob nun deutsche oder ausländische Besatzungsmitglieder auf den Handelsschiffen - es sind in erster Linie Menschen. Diesen Fakt sollte man schon bedenken.

Wenn an Land Verbrecher gejagt werden, so berichten die Medien oft wochenlang darüber. Aber wer hat sich denn bis heute für das Schicksal von Seeleuten interessiert ? Das sind doch höchstens Randnotizen in der Tagespresse wert. Das ist eine sehr traurige Entwicklung.

Ein kleiner Hinweis sei noch gestattet. Piraterie gibt es nicht erst seit 2008.

Krieg, Handel und Piraterie
Dreieinig sind sie, nicht zu trennen
(Goethe in "Faust")


Statistik IMB
Überfälle vor Somalia und Djibouti

1994 : 1
1995 :14
1996 : 4
1997 : 5
1998 : 9
1999 :14
2000 : 9
2001 : 8
2002 : 6
2003 : 3

Mit der zunehmenden Zerrüttung Somalias nehmen auch die maritimen kriminellen Aktivitäten zu. Die Täter sind in den organisierten bewaffneten Kräften der Kriegsparteien ebenso zu finden wie unter Fischern. Letztere nutzen günstige Gelegenheiten, um von ihren langsamen Booten aus vorwiegend Yachten zu attackieren, erstere verfügen über schnelle Motorboote und Kriegswaffen von der AK-47 bis zu Granatwerfern und patrouillieren gezielt Seegebiete ab, um auf Raubzüge zu gehen.
Das PRC in Kuala Lumpur empfiehlt der internationalen Handelsschiffahrt, der somalischen Küste sich nicht weiter wie 75 sm zu nähern, wenn möglich sogar 100 sm und vom aktiven Funkverkehr abzusehen


aus Piraterie und Terror auf See
Autor Michael Stehr



Nachdenkliche Grüße
Frank
Deutsche Gesellschaft für Schifffahrts-und Marinegeschichte e.V. ; FB Handelsschifffahrt
Sirius

Re: Somalia: Piraterie ohne Ende

Beitrag von Sirius »

Warum soll ausgerechnet Deutschland mit seiner Minimarine dort den Polizisten spielen?

Warum nicht die Anrainer, wie Südafrika, Pakistan oder Indien, Saudi-Arabien. Pakistan und Indien die "Atommächte". Indien mit einer gewaltigen Marine, darunter schnelle russische Zerstörer und Besatzungen mit ähnlicher Mentalität, wie die der Seeräuber. Die wären dazu viel geeigneter.
Jeder Golfstaat hat viel geeignetere Schiffe für dieses Gebiet.

mfgSirius
Der Johann
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Registriert: So 8. Jun 2008, 09:19
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Re: Somalia: Piraterie ohne Ende

Beitrag von Der Johann »

RICHTIG! Lassen wir die Inder gegen die Somalis kämpfen...Dann auch noch zusammen mit den Pakistanern - es geht kaum besser.
Weist Du überhaupt was auf den Weltmeeren oder eher nahe den Küsten der Länder los ist die Du genannt hast...???
Vielleicht solltest Du Dich mal schlau machen. Und ich als Angestellter einer Reederei kann nur sagen - mir wäre / ist es wirklich SCH*****egal wer meine Jungs dort beschützt oder unterstützt...hauptsache überhaup jemand tut etwas - und das ist zur Zeit NICHT der Fall.
Und wärst Du jemals mit Filipinos, Kroaten, welcher Nation auch immer gefahren - würdest Du nie so reden!

Schönen Abend noch!
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