MSC Zoe verliert Container in der Nordsee

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bonito
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Re: MSC Zoe verliert Container in der Nordsee

Beitrag von bonito »

Henri hat geschrieben: Sa 12. Jan 2019, 09:23
Bitte denkt bei euren Berechnungen daran, dass die Laschstangen einen Teil der Kräfte aufnehmen.
Eine Sicherung nur mit Twistlocks ist unzureichend, bei schweren Containern ist oftmals nicht mal die dritte Lage möglich.
Das gilt aber nur für Die Querkräfte, bei den Vertikal kräften wirke die noch verstärkend durch Vorspannung.
Bin da jetzt nicht der Fachmann für die Berechnung der Kräfte, aber ich sehe das Hauptproblem eher bei den Querkräften. Sonst müssten doch auch die Container im Raum kollabieren, welche meist eine höhere Gewichstlast tragen müssen, oder sehe ich da was falsch ? Und welche Vorspannung meinst du ? Die Laschstangen werden per Hand befestigt und angezogen. Nach meinem Kenntnisstand sollen die auch nicht "brutalst möglich" angezogen werden sondern lediglich handfest.
Henri
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Re: MSC Zoe verliert Container in der Nordsee

Beitrag von Henri »

Allzuviel macht Vorspannung da nicht aus, da hast du recht, auch wenn man das mit ner Stange anzieht. Ja die Kombi mit den Querkräften ist das die Container killt das stimmt.
Speed has never killed anyone. Suddenly becoming stationary, that's what gets you.
Volker Landwehr
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Re: MSC Zoe verliert Container in der Nordsee

Beitrag von Volker Landwehr »

Henri hat geschrieben: Sa 12. Jan 2019, 09:19
Da haben Sie völlig recht und genau deshalb sollten Sie sich auch zurückhalten mit Urteilen, wir haben den ganzen Kram und die Erfahrung. Ich lasse mich hier ja auch nicht darüber aus wie Gebäude ausgelegt sind oder sein sollten etc. Sie geben zu null Ahnung von den Kräften zu haben die an Bord eines Schiffes auftreten aber Maßen sich an darüber zu Urteilen.
Falls ich Ihnen in Ihrer Eigenschaft als ???? auf die Zehen getreten haben sollte, entschuldige ich mich. Ich werde mich nicht zurückhalten. Sie können sich gerne über Gebäude auslassen, der Umgang mit Laien (Bauherren) ist das täglich Brot eines Bauingenieurs. Ich brauche die Kräfte nicht zu kennen. Ich weiß aber, dass jemand (Verlader etc.) unter Berücksichtigung aller Kräfte dafür sorgen muss, dass die zulässige Belastung der Pfosten und der Lukendeckel nicht überschritten wird. Und ich kann als Statiker beurteilen, welche zusätzlichen Maßnahmen zu welchen Ergebnisverschiebungen führen. Ich urteile auch nicht, ich stelle die einzuhaltenden Randbedingungen dar.

Frage: Ermitteln Sie Belastungen selbst oder benutzen Sie die Beschleunigungen der CTU-Richtlinien?
Hier machen Sie den typischen Fehler, diese Kräfte treten ja nur auf einen Bruchteil der durchgeführten Reisen auf. Ich habe nie behauptet das die Container Streichholzschachteln sind die sofort kollabieren wenn sich das Schiff einmal ein bisschen bewegt, sondern habe gesagt das die nicht dafür ausgelegt sind extreme Situationen zu überleben sondern schon vorher versagen. Das ist halt eine Frage des Ansatzes.
Hier möchte ich Sie an Ihre eigene Aussage erinnern: "Dann machen Sie sich mal den Spaß und klatschen das mal alles in ein FE Programm Ihrer Wahl rein, betrachten einmal den ganzen Stapel und nicht nur den einzelnen Container. Werden sich wundern wie das dann aussieht. Dazu kommt ja auch noch das die Twistlocks Spiel haben usw. Hält nie und nimmer. Das ist aber auch bekannt."
Es macht sich immer gut, technische Aussagen genau zu formulieren.
Es fängt damit an dass das COG eines Containers ja nicht immer mittig ist. Das kann also durchaus sein das die Lastverteilung schonmal nicht gleich ist von Anfang an. Dann Schiff legt sich auf die Seite also Großteil der Last auf zwei Anstatt von vier Pfosten und dann ist man ganz schnell über der Prüflast für vertikale Belastung. Dann kommen die Querkräfte hinzu die gar nicht getestet werden. Dazu kommt ja noch das die Container nur ein einziges mal getestet werden wenn sie neu sind. Kann also sein das der Container in der untersten Lage schon 5 oder 10 Jahre auf dem Buckel hat und evtl. schon einen weg hat. Und dazu kommt dann nochmal das Sie ja nicht in den Container reingucken können, oft genug reißt sich dadrin etwas los und verschlimmert die Lage noch.
Das ist ja nur das was ich bereits gesagt habe, beim Ladeplan und Laschplan müssen alle diese Lastumlagerungen aus äußeren Einflüssen berücksichtigt werden und gegebenenfalls Stapelhöhe und Laschungen angepasst werden bis die zulässigen Lasten eingehalten sind. Wo ist also das überraschende Ergebnis?
Was die Prüfung der Container auf Querkräfte betrifft: Auf Seite 5 ist eine GL Vorschrift "Klassifikations- und Bauvorschriften; VI Ergänzende Vorschriften und Richtlinien; 1 Containertechnik" verlinkt. Abschnitt 1, Teil B, 6. Prüfung gebrauchter Container regelt die Prüfung gebrauchter Container.
Abschnitt 2/2.9 Versuch 9 Schubbelastung der Endwand und Abschnitt 2/2.9 Versuch 10 Schubbelastung der Längswände regelt die Querkrafttests. Das DNVGL Inhaltsverzeichnis verlinkt immer noch auf diese von 1995 stammenden Vorschriften.
Garsvik
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Re: MSC Zoe verliert Container in der Nordsee

Beitrag von Garsvik »

Hab ich das jetzt richtig verstanden?
- Das Schiff fährt die niederländischen Inseln entlang
- Der Sturm kommt von Nord oder Nordost
- Auf Höhe Borkum dreht die MSC Zoe in Richtung gegenan, also Nordost
- Lauter Container plumpsen ins Wasser
- Der Containerinhalt treibt nach Südwest, also gen Niederlande


Zur Ladungssicherung

- vermutlich korrekt gesicherte Ladung
- 8 Lagen hoch
- Ladungssicherung ist hauptsächlich eine Abwägung von Schaden und Aufwand
- bevor sich das Schiff auf die Seite legt und sinkt, sollen die Container sich davonmachen, damit sich das Schiff wieder aufrichtet

Also eben unglücklich gelaufen, die Kombination aus Sturm und Kurve.

Garsvik
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Stephan Giesen
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Re: MSC Zoe verliert Container in der Nordsee

Beitrag von Stephan Giesen »

Garsvik hat geschrieben: Sa 12. Jan 2019, 17:29 Hab ich das jetzt richtig verstanden?
- Das Schiff fährt die niederländischen Inseln entlang
- Der Sturm kommt von Nord oder Nordost
- Auf Höhe Borkum dreht die MSC Zoe in Richtung gegenan, also Nordost
- Lauter Container plumpsen ins Wasser
- Der Containerinhalt treibt nach Südwest, also gen Niederlande


Garsvik
Nicht ganz, zumindest nach meinem Verständnis: Nachdem die Container über Bord gegangen sind, drehte das Schiff wohl nach Nord, also in die See, um noch schlimmeres zu vermeiden und was auch Sinn macht.
Mit maritimen Gruß

Stephan
Garsvik
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Re: MSC Zoe verliert Container in der Nordsee

Beitrag von Garsvik »

Danke. Kann es sein, dass die Landabdeckung Südenglands vorher die Windlast reduziert hat?

Garsvik
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Re: MSC Zoe verliert Container in der Nordsee

Beitrag von Eilbek »

Maximale Windböen wurden am 02.01. um 01 Uhr von UFS Deutsche Bucht mit 10 Bft gemessen, was Seegangsstärke 8 entspricht:

- sehr hohe See -
hohe Wellenberge mit langenüberbrechenden Kämmen, See weiß durch Schaum, schweres stoßartiges Rollen der See, Sicht durch Gischt stark beeinträchtigt

48 - 55 Knoten
Wellenlänge bis 250 m
Wellenhöhe über 10 m
Viele Grüße Stefan.
Meine Fotos- mein Copyright©.
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Re: MSC Zoe verliert Container in der Nordsee

Beitrag von Christian Costa »

bonito hat geschrieben: Sa 12. Jan 2019, 08:45 Eine Sicherung nur mit Twistlocks ist unzureichend, bei schweren Containern ist oftmals nicht mal die dritte Lage möglich.
Diese Aussage verstehe ich nicht ganz.
Eine Sicherung nur mit Twistlocks ist ausreichend.
Sonst waere eine Abfahrt mit Containern, sie höher als die Laschbrücken sind ja unmöglich...
MfG & bis neulich
Christian

webmaster http://www.forum-schiff.de
bonito
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Re: MSC Zoe verliert Container in der Nordsee

Beitrag von bonito »

Christian Costa hat geschrieben: Sa 12. Jan 2019, 20:36
bonito hat geschrieben: Sa 12. Jan 2019, 08:45 Eine Sicherung nur mit Twistlocks ist unzureichend, bei schweren Containern ist oftmals nicht mal die dritte Lage möglich.
Diese Aussage verstehe ich nicht ganz.
Eine Sicherung nur mit Twistlocks ist ausreichend.
Sonst waere eine Abfahrt mit Containern, sie höher als die Laschbrücken sind ja unmöglich...
In den unteren Lagen (sollten) stehen die schweren Container. Und wenn in der 3.Lage noch ein 25-30 Tonner steht und on Top noch das GM hoch ist, können die Laschkräfte leicht mal über 100 % steigen, wenn die Container nur mit Twistlocks gesichert sind. Das führt bei einigen Schiffen zur paradoxen Situation, dass man mit leichteren Containern noch höher geht um diese mit Laschstangen zu sichern und somit die Laschkräfte wieder unter 100 % bringt. Klingt komisch, ist aber so.
In den Lagen über den Laschbrücken sollten eigentlich eher leichte oder leere Container stehen, 30 Tonner in den oberen Lagen, das klappt nicht (die klappen höchstens weg)
Gruß

Edit : meine vorherige Bemerkung ist in der Tat etwas ungenau, es müsste sinngemäß heissen "Eine Sicherung nur mit Twistlocks kann unzureichend sein",
Volker Landwehr
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Re: MSC Zoe verliert Container in der Nordsee

Beitrag von Volker Landwehr »

Bei DNV GL gibt 80 Seiten Vorschriften für das Stauen und Laschen von Containern:
rules.dnvgl.com/docs/pdf/gl/maritimerul ... 1-20_e.pdf

Ich habe nur eine englischsprachige Version gefunden.

Die Vorschriften enthalten auch sehr detailierte Lastangaben einschl. Einflüssen aus Schiffsbewegungen. So kompliziert wie die Formeln zum Teil aussehen, schreien sie nach einer Softwarelösung. Gibt es die?

Die MSC ZOE ist ja DNV GL zertifiziert, also gelten diese Vorschriften.

Auf Seite 63 sind die zulässigen Kräfte in allen Richtungen für ISO-Container angegeben.
Ab Seite 75 gibt es eine Beispielrechnung für einen Stapel mit 5 Ebenen.
Gruß, Volker
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