Frage zu Maschinenausfällen bei Eisgang

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Jürgen
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Frage zu Maschinenausfällen bei Eisgang

Beitrag von Jürgen »

Hallo,

gestern wurde wurde berichtet, dass es zunehmend zu Ausfällen der Schiffsmaschinen bei Eisgang kommt.
Woran liegt das den eigentlich? Laufen die Maschinen unter zu hoher Last und schalten ab, oder ist es ein Kühlproblem? Vereiste Seekästen etc...
Vielleicht kann mir da einer von euch helfen.

Am Sonntag konnte ich selber bei der Berlina sehen, wie sie ungewöhnlich oft ordentlich schwarzen Ruß auf dem Weg zur Schleuse hin ausgestoßen hat.

Bild


Oder sind einige dieser Schiffe ggf. nicht wirklich für diese Winter-Situationen, oder besser gesagt für die Revierfahrt im Eis gebaut? Ich erinnere mich, dass ein ehemaliger Seenotrettungskreuzer umgekehrt beispielsweise nach seinem Verkauf mal Probleme mit zu warmen Wasser gehabt hat, weil die Kühlung nicht mehr ausreichend war. ( Leider habe ich weder den Namen noch das Revier in Erinnerung )

Tim S. hat geschrieben:Zunehmender Eisgang macht der Schifffahrt auf dem Kiel-Kanal zu schaffen. Von Eis hervorgerufene Zwischenfälle betrafen die unter Antigua- und Barbuda-Flagge laufende BELINA, 4927 BRZ (IMO: 9053842), die am 3.2. beim Einlaufen in die Brunsbütteler Schleuse nach Maschinenausfall notankern musste und vom Schlepper BUGSIER 14, 190 BRZ(IMO-Nr.: 8007200) an die Bahnhofsdalben gezogen wurde, sowie den amerikanischen Containerfrachter ASCENSION, 3.972 BRZ(IMO: 8912857), den am Vortag auf der Reise nach Szczecin dasselbe Schicksal ereilt hatte. Am Nachmittag des 7.2. erlitten weitere zwei Schiffe Maschinenausfall durch Eis: Der aus Rostock kommende, portugiesische Tanker PEGASUS, 748 BRZ (IMO-Nr.: 9078983) blieb bei Schülp liegen. In Kudensee erwischte es den unter Panama-Flagge laufenden Tanker GORGONILLA, 4.959 BRZ (IMO-Nr.: 8800767), der während der Kanal-Passage auf der Reise von Algericas nach Kalundborg von dem Schlepper BUGSIER 14 begleitet wurde. Nach Maschinenausfall wurde der Schlepper BUGSIER 17 zusätzlich herbeigerufen, um das antriebslose Schiff zurück nach Brunsbüttel zu ziehen, wo es im Ölhafen an Brücke VIII festgemacht wurde. (Eigener Bericht, Quelle: O. Kuhnke)

Gruß,
Jürgen
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MichaelS-B
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Re: Frage zu Maschinenausfällen bei Eisgang

Beitrag von MichaelS-B »

Moin Jürgen,
der Gedanke an die Seekädten ist ganz richtig. Während der Fahrt setzt sich Gruseis in diese Kästen und vermindert bis verhindert die Wasserentnahme. Man kann ( meistens ) die Seekästen mittels Pressluft oder Rückwärtspumpen freiblasen. Funktioniert im Eis aber nur für kurze Zeit. Bei so gut wie allen Seeschiffen kann man über den Doppelboden / die Ballsttank(s) kühlen. Das funktioniert aber nur bei "Ganz Langsam" bis "Langsam". Dabei leidet die Steuerfähigkeit, besonders in kompakterem Eis. Kann man also als Maschinenausfall bezeichnen. Die schwarze Rauchfahne scheint mir eher vom Generatormotor zu kommen. Die sind ja auch betroffen. Beim Anlassen gibt's halt Rauch. :oops:

Gruß

Michael
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MariusC
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Re: Frage zu Maschinenausfällen bei Eisgang

Beitrag von MariusC »

Ich bin zwar nicht so Maschinenfitt, aber kann man nicht - zumindest bei größeren Schiffen - auf einen anderen Seekasten umstellen?
Es gibt doch für den Hafenbetrieb und Seebetrieb einen?

Michael, erzähl mal! ;-)

Marius
Andreas
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Re: Frage zu Maschinenausfällen bei Eisgang

Beitrag von Andreas »

Jürgen hat geschrieben: Ich erinnere mich, dass ein ehemaliger Seenotrettungskreuzer umgekehrt beispielsweise nach seinem Verkauf mal Probleme mit zu warmen Wasser gehabt hat, weil die Kühlung nicht mehr ausreichend war. ( Leider habe ich weder den Namen noch das Revier in Erinnerung )
Das dürfte der Deutsche Eisbrecher Hanse (IMO 6603517) gewesen sein, der nach seiner Ausmusterung als Hospitalschiff hätte hergerichtet werden sollen. Er wurde in Asklipios umbenannt, bei der Überführungsreise von der Ostsee ins Mittelmeer
gab es Maschinenprobleme, Feuer an Bord und schliesslich Strandung. (Mai 98 bei Tunis)
Als Grund genannt wurde mangelnde Kühlung (zu warmes Wasser), dies führte zum Totalverlust des einzigen Deutschen Hochsee-Eisbrechers.
Ein Bild von der Überführungsfahrt gibts hier: http://www.shipspotting.com/modules/mya ... lid=361329
Globus
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Re: Frage zu Maschinenausfällen bei Eisgang

Beitrag von Globus »

Hallo !

Zu den Ausfällen kommt es, weil man keinen Eisgang mehr kennt. Man hat keine Eisroutine.

Kühlwasser wird durch die Seekästen angesaugt und normal über ein Außenbordsventil wieder abgeführt. Der Seekasten setzt sich mit Eisgruß voll und verstopft.

Man kann jetzt über eine besondere Leitung das Wasser in den Seekasten zurückführen. Da dieses gebrauchte Wasser warm ist, kommt es im Kasten nicht zur Verstpfung.

Diese Schaltung kennen die meisten Schiffsführer nicht mehr.

Schiffe, die regelmäßig im Eis fahren haben heute einen ganzen Ballasttank als Seekasten. Saugen also aus dem Ballasttank und pumpen wieder zurück. Gleichzeitig wird etwas kaltes Seewasser zugesetzt, damit das Ballastwasser nicht zu heiß wird.

Seenotkreuzer haben eine doppelte Außenhaut. Dieser Raum enthält das Kühlwasser und kommt damit nie mit Eis in Berührung.

Gruß Globus
horkini

Re: Frage zu Maschinenausfällen bei Eisgang

Beitrag von horkini »

Moin,
na ja, es gibt Seekästen als Hochsauger undTiefsauger an Bb- und Stb-Seite, Beimischung von bereits erwärmten Seekühlwasser usw. usw....
Es ist Alles da, um in solchen Fällen Stopper und Blackouts zu vermeiden.
Aber es fehlt an Wissen, Routine und vor Allem an Manpower!
Wenn es hart kommt, sind für einen störungsfreien Betrieb in der Eisfahrt drei Mann erforderlich, die innerhalb kurzer Zeit Schieber öffnen und schließen sowie Seewasserfilter öffnen, reinigen und wieder schließen müssen.
Und das alles mit Bedacht und in der richtigen Reihenfolge!
Eventuell noch getrennt für Hauptmotor und Hilfsdiesel!
Leider fahren heute auf 10.000 PS - Anlagen oft nur noch ein Chief und ein Oiler.
Wie sollen die das denn schaffen!
Grüße
horkini
Carsten H. Petersen
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Re: Frage zu Maschinenausfällen bei Eisgang

Beitrag von Carsten H. Petersen »

Moin ,

zu Deiner Frage wurde ja schon ausreichend Stellung bezogen . Aber das abgebildete Schiff ist kein repräsentatives Beispiel für Deine Frage . Die Döhle-Minibulker , gerade die Festpropellerschiffe , sind -aus welchem Grunde auch immer- alle sehr "emissionsfreudig" . Wenn die Maschine anspringt , nebeln die immer die umliegenden Quadratkilometer ein , dass man auch bei bester Sicht befürchten muss , in eine Nebelbank geraten zu sein , bzw. man glaubt , das Schiff sei in Brand geraten . Wenn da also wieder mal eine pechschwarze Qualmwolke dem Schornstein eines festpropellergetriebenen Döhle-Minibulkers entquillt , wurde die Hauptmaschine gestartet , aber das ist bei diesen Krücken bei allen Witterungs- und Temparaturbedingungen so . Vielleicht mal die Inspektion von Döhle fragen ;-)

Carsten
Jörg Z.
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Re: Frage zu Maschinenausfällen bei Eisgang

Beitrag von Jörg Z. »

Jürgen hat geschrieben: Ich erinnere mich, dass ein ehemaliger Seenotrettungskreuzer umgekehrt beispielsweise nach seinem Verkauf mal Probleme mit zu warmen Wasser gehabt hat, weil die Kühlung nicht mehr ausreichend war. ( Leider habe ich weder den Namen noch das Revier in Erinnerung )
Hallo,

meiner Erinnerung nach war das ein Schiff, dass nach Seenotkreuzerplänen in Deutschland gebaut wurde und als Bereisungschiff (für die damalige OSA?) im Persischen Golf eingesetzt wurde/werden sollte.
Eventuell wurde hierüber in einem Buch die die deutschen Offshore-Versorger geschrieben. Leider habe ich im Moment nicht die Gelegenheit, dieses zu prüfen.

Die ehemalige HAMBURG hat Ihren Ausflug in die Karibik unter dem Namen SEA WULFE mehr oder weniger problemlos überstanden. Die Maschinen hatten nach dem Ankauf durch den heutigen Besitzer lt. seiner Webseite Probleme u.a. durch minderwertigen Kraftstoff. Die ehemalige RUHR-STAHL fährt noch heute in Uruguay als Taucherbasisschiff, die dortigen klimatischen Verhältnisse dürften etwa unseren Klima entsprechen.
Viele Grüße
Jörg

http://www.zuerner-maritim.de
Jürgen
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Re: Frage zu Maschinenausfällen bei Eisgang

Beitrag von Jürgen »

Hallo,

euch allen vielen Dank für die Infos. Jetzt kann man sich doch mal im Ansatz ein Bild machen.

@Carsten: Der wird wohl mit Sicherheit genau auf diesen Anruf gewartet haben. Wenn er dann noch mitbekommt, das ich aus dem Raum Brunsbüttel komme, wo das Thema Schiffsemissionen im letzten Sommer heiß diskutiert wurde... ;)

Gruß,
Jürgen
Lieber den Anker verlieren als das ganze Schiff
Michael B.
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Re: Frage zu Maschinenausfällen bei Eisgang

Beitrag von Michael B. »

Jürgen hat geschrieben: Ich erinnere mich, dass ein ehemaliger Seenotrettungskreuzer umgekehrt beispielsweise nach seinem Verkauf mal Probleme mit zu warmen Wasser gehabt hat, weil die Kühlung nicht mehr ausreichend war. ( Leider habe ich weder
den Namen noch das Revier in Erinnerung )

Das war kein ehemaliger Seenotrettungskreuzer. Der sah nur so aus:

http://www.ddghansa-shipsphotos.de/condor100.htm
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