Wie weiter mit dem Kreuzfahrt-Gigantismus?

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Fischländer
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Re: Wie weiter mit dem Kreuzfahrt-Gigantismus?

Beitrag von Fischländer »

Moin,
das ist genau die Meinung die ich auch vertrete. Ein Schiffsmechanikerbrief ist Gold wert und hat viele Vorteile.
Die Berufe der Seefahrt sind sehr praxisorientiert und überhaupt nicht mit irgendwelchen anderen Berufen vergleichbar.
freundliche Grüße
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Seekater
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Re: Wie weiter mit dem Kreuzfahrt-Gigantismus?

Beitrag von Seekater »

Jan Carl Nielsen hat geschrieben:.....
Was die Praxissemesterstudenten hier angeht kommt mir wirklich manchmal das nackte Grausen: Fahrtzeit in der Maschine oder an Deck gibt es teilweise nur noch wenige Wochen der Rest wird auf Brücke oder in der Kammer abgerissen. Deck und Maschine interessieren teilweise auch gar nicht mehr - Joystickoffiziere trifft es also eigentlich schon sehr gut.
verstehe ich das recht: Es gibt beim Nautikstudium FH KEINE schärferen Praxissemestervorschriften, was die inhaltliche Mindesttätigkeiten anbelangt ??? Keine Vorschrift für's erste Praxissemester, die sagt KOMPLETT im Maschinenraum oder semännischem Dienst ? Sondern es gibt nur eine "wenige-Wochen" Vorschrift und der Rest geht nach Interesse des Praktikanten ?

Gruß
Seekater
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rk-qp300
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Re: Wie weiter mit dem Kreuzfahrt-Gigantismus?

Beitrag von rk-qp300 »

Es gibt eine Praxissemesterverordnug und die Praktikanten müssen ein "on-board-training-record-book" führen, soweit ich weiß. Die Verordnung regelt wie viele Wochen ein Prakitkant in den verschiedenen Bereichen arbeiten muss. Von 52 Wochen Praktikum entfallen ganze zwei Wochen auf "Maschinenkunde"
Hier der Link zu der Praxissemesterordnung der FH Flensburg: http://www.fh-flensburg.de/satzung/b/pso_snl_090714.pdf

Gruß
Seekater
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Re: Wie weiter mit dem Kreuzfahrt-Gigantismus?

Beitrag von Seekater »

Excellente Beiträge, danke für die Links. Die vorher diskutierten inhaltlichen und Quoten-Probleme derartiger Beiträge sind also lösbar.

rk-qp300 hat geschrieben:Es gibt eine Praxissemesterverordnug .........
Dankesehr. Ich hab' mal etwas länger geschmökert.... auch bei Schiffstechnik ...... die Praxissmesterverordnung ist wunderbar detailiert, auch sind die neuen Bachelor-Studiengänge - soweit von außen beurteilbar - keine Abspecken im Vergleich zum früheren Diplom. Gerade bei der Schiffstechnik ist man "kein Jota" von früheren Ausbildungsvoraussetzungen der Ingenieure abgerückt. Ich glaube wir "schrauben" am falschen Ende. Mehr Praxiswissen, als das hier vermittelte, kann man vom Jung-Nautiker oder vom Jung-Ing. nicht erwarten. Berufsanfänger bleibt Berufsanfänger.

Wenn ich an meine Jung-Ing.-Zeit zurück denke: Ich habe insgesamt ca. 4 Jahre gebraucht, bis ich "voll einsatzfähig" war. Das Problem liegt aus meiner Sicht darin begründet, daß man den jungen Leuten keine Zeit zur Entfaltung gibt und sie sofort - wirtschaftlich höchst effizient - einsetzen will.

Ich frage 'mal anders:
Der Nautiker hat doch früher als 4-ter/5-ter Offizier angefangen, lediglich die einfachen Tag-Wachen auf See alleine gegangen und ansonsten noch viel Ausbildung an Bord von den älteren Kollegen genossen.
Ähnlich dürfte es in der Maschine gewesen sein, von einfacher Nicht-Mannöver-Maschinenwache abgesehen, hat der junge Schiffsbetriebs-Ing. doch jede größere Maßnahme ersteinmal "im Kielwasser" eines erfahrenen Kollegen/Vorgesetzten gemacht.

Wie sieht das heute aus ?
Wie schnell wird der Jung-Nautiker heute nach Einstellung auf der Brücke praktisch alleine verantwortlich in beliebigen Situationen eingesetzt ?
Wie schnell muß der Jung-Ingenieur heute nach Einstellung den Zustand von Aggregaten beurteilen, komplexere Wartungen alleine durchführen ?

Gespannte Grüße
Seekater
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ArneKiel

Re: Wie weiter mit dem Kreuzfahrt-Gigantismus?

Beitrag von ArneKiel »

Moin,

Update zur Carnival Splendor (Damit hat dieser Thread mal angefangen):

US-Coast Guard: CO2 - Feuerbekämpfungsanlage an Bord versagte bei Bekämpfung des Maschinenraumbrandes

The U.S. Coast Guard issued two reports alleging that certain onboard firefighting systems failed to work on the Carnival Splendor after an engine-room fire disabled the ship during a November cruise.
The other report said that there are several discrepancies between the Splendor's Firefighting Instruction Manual and the onboard reality.

USA-Today Travel: http://travel.usatoday.com/cruises/post ... s/136100/1
Henri
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Re: Wie weiter mit dem Kreuzfahrt-Gigantismus?

Beitrag von Henri »

Ich weiß nicht was immer alle mit den Flaggen haben. Die haben so gut wie nichts mit der Sicherheits an Bord zu tun und zwar aus folgendem Grund. Die Sicherheit an Bord eines Schiffes hängt zu gleichen Teilen von der Sicherheitskultur der Reederei und von der Einstellung der Schiffsleitung ab. Wenn die Reederei keinen Wert auf Sicherheit legt dann schlägt das an Bord durch. Man wird zwar ab und zu einen Kapitän haben der das anders sieht und dafür sorgt das die Leute gut ausgebildet werden und die Ausrüstung in Ordnung ist aber genrell wird ist das Niveau in der Reederei niedrig. Legt die Reederei Wert auf Sicherheit wird man zwar auch mal einen Kapitän haben der die Drills hauptsächlich on paper only machen wird. Aber generell sind die Leute in der Reederei gut ausgebildet und die Sicherheitsausrüstung i.O.

Die Flaggen haben sowieso wenig wahl was sie kontrollieren und verlangen. Das wichtigste ist in SOLAS und seinen anhängeseln festgehalten. Da gibt es also wenig wahl ausser man macht etwas zusätzliches, dass darf man allerdings nicht ausufern lassen sonst nimmt die Flagge keiner. Reederein wählen die Flagge nach den Kosten und den Aufwand die sie verursachen aus. Ich fahre bei einer Reederei die Schiffe unter Antigua und D hat. ATG die klassische Kümo billig Flagge und D ja hoch Standart Flagge. Auf den Schiffen merkt man das nur über den erhöten Verwaltungsaufwand unter D Flagge. Alles andere ist so wie unter ATG Flagge, keinen Drill mehr keinen weniger. Wieso?? Welche Drills und welche Ausrüstung man an Bord zu haben hat ist in SOLAS festgeschrieben. Je nach Reederei hat man halt noch paar zusätzliche Sachen oder auch nicht. Es kann die letzte billig Flagge hinten dran baumeln und an Bord alles tip top sein und genauso kann da D oder UK hinten dran hängen und alles im Arsch sein.

Der Flaggenstaat kommt einmal im Jahr angemeldet an Bord also mit genug Zeit alles vorzubereiten. Die Kontrolle ist also nicht wirklich ernst zu nehmen wenn man nicht auf einer kompletten Rostlaube fährt. Die PSC kommt zwar unangemeldet an Bord prüft ab hauptsächlich Papier und umso schrottiger die Schiffe umso weniger wird kontroliert bzw. am besten gar nicht an Bord gegangen. In den sieben Jahren die ich zur See fahre mussten wir bisher nur der US Coast Guard ein Manöver vorführen sonst NIE. Das weiß aber auch jeder das USCG so streng ist. Deswegen wird vorm anlaufen der USA immer der ganze Dampfer gescheckt und Drills bis zum erbrechen gefahren. Sobald man die USA hinter sich gelassen hat alles wieder auf normal.

Für Passagierschiffe gilt das gleiche (bin als Nautiker auf selbigen gefahren) eher noch weniger weil es kann sich kein Hafen erlauben sie zu verärgen. Da wird dann ganz unverhohlen gedroht den Hafen in den nächsten Jahren nicht mehr ins Programm zu nehmen. Wenn die Behörden da anfangen zu sehr zu nerven.

Um es Zusammenzufassen. Die Bauliche Sicherheit und die Qualität der Ausrüstung hängt von der Reederei hab. Die operative Sicherheit hängt von der Schiffsführung ab. Dort natürlich hauptsächlich vom Kapitän. Wenn der sagt wir machen alle Drills doppelt wird es gemacht wenn er sagt wir machen sie gar nicht wird eben nichts gemacht.
Speed has never killed anyone. Suddenly becoming stationary, that's what gets you.
Peter Hartung
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Re: Wie weiter mit dem Kreuzfahrt-Gigantismus?

Beitrag von Peter Hartung »

Moin!

Ein aktueller Bericht auf SPIEGEL Online wird die Debatte um den Kreuzfahrt-Gigantismus möglicherweise neu befeuern:

SPON schreibt in der Einleitung:

Finanzkrise? War da was? Die Kreuzfahrtbranche jedenfalls scheint gestärkt aus der Krise hervorzugehen. 2010 nahmen elf neue Kreuzfahrtschiffe Fahrt auf, 2011 wird es mit neun Taufen kaum weniger Premieren geben, und 2012 sind neun weitere Neulinge schon in Sicht.
Doch der Dämpfer kommt - wenn auch verspätet. Weil Kreuzfahrtschiffe nicht von heute auf morgen gebaut werden können, werden die Folgen der globalen Finanzkrise erst im Jahr 2013 zu sehen sein, wenn die Zahl der Neubauten stark sinkt.

Mehr hier: http://www.spiegel.de/reise/aktuell/0,1 ... 29,00.html

mfg Peter Hartung
Alle Fotos von Peter Hartung sind (falls nicht anders angegeben) unter einer
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ArneKiel

Re: Wie weiter mit dem Kreuzfahrt-Gigantismus?

Beitrag von ArneKiel »

Moin,

das Handelsblatt sieht Probleme am Horizont....

Das Geschäft mit der Sehnsucht kennt keine Grenzen

Die Kreuzfahrtbranche kennt bislang keine Krise. Urlaub auf dem Meer ist der Renner auf dem Reisemarkt. Doch nicht alles ist eitler Sonnenschein. Zwar wächst die Flotte der gigantischen Hotelschiffe von Jahr zu Jahr. Langsam aber sicher stößt sie aber an ihre Grenzen....

HB: http://www.handelsblatt.com/unternehmen ... en;2720657
ArneKiel

Reedereien geben Zahlen für 2010 bekannt

Beitrag von ArneKiel »

-gelöscht-
Zuletzt geändert von ArneKiel am Do 13. Jan 2011, 18:41, insgesamt 1-mal geändert.
Hoss50

MDR will Risiken bei Kreuzfahrten aufzeigen?

Beitrag von Hoss50 »

Hab es mal hier hin platziert

der Hoss

Das Regionalfernsehen aus Leipzig drehte im Warnemünder Trainingszentrum für Schiffsoffiziere. Die Kreuzfahrt-Reederei ist befremdet über den Monsterwellen-Film.

http://www.ostsee-zeitung.de/rostock/in ... id=3011202
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