Moin,
um hier ein paar Halbweisheiten mal aufzulösen:
Im Hafen läuft der Hilfsdiesel zur Stromerzeugung nicht unter Volllast. Und wer es trotzdem tut, macht Blödsinn.
Ich benötige jederzeit eine gewisse Leistungsreserve, um mögliche Lastschwankungen auszugleichen. Diese entstehen durch Aufschaltung von Pumpen (z.B. Ballastpumpen um das Schiff beim Laden/Löschen zu trimmen), Festmacherwinden (die Moorings laufen ja oft auf Automatik und gleichen z.B. Tidenhub aus), Kühlcontainer, Ladepumpem, Lüftern (wenn der 2te Ing am Hauptmaschinengebläse bastelt und es anschliessend testet), Turnmaschine des Hauptmotors usw.
Sollte der Diesel an der Kotzgrenze laufen und es schaltet ein grosser Verbraucher auf, so habe ich entweder sofort Schwarzlicht (Blackout) oder mit Glück kann der Diesel bis zur Aufschaltung eines weiteren Diesels (kann gut 30-45 s dauern) die Lastspitze halten.
Da die Last im Hafen oft abhängig vom Fahrtgebiet und der Jahreszeit ist, sind manchmal Diesel mit gestuften Leistungen vorhanden. z.B. für ein modernes Grosscontainerschiff 1x 1600kW, 1x 2200kW, 2x 3600kW. in Hamburg im Winter löpt der kleine Hafendiesel (die Kühlaggregate der Kühlcontainer laufen selten an, Klimaanlage für Aufbauten gar nicht), in den Tropen dann der nächstgrößere.
Ferner haben bei weitem nicht alle modernen Schiffe Wellengeneratoren! Ich wage zu behaupten, dass die Mehrzahl der aktuellen Großcontainerschiffe keinen haben. Der Grund sind die enorm hohen Investitionskosten für diese Anlagen. Mit einem zusätzlichen Generator ist es oft ja nicht getan, das geht in der Regel nur bei Schiffen mit 4-Taktern, Verstellpropeller und Untersetzungsgetriebe. Die können Konstantdrehzahl fahren, da ist einfach über eine zusätzliches Getriebe ein Generator angepflanzt, der im Seebetrieb Strom liefert.
Bei 2-Taktern wirds kompliziert, da sie meist mit variabler Drehzahl fahren. Ergo liefert ein direkt angekuppelter Generator keine konstante Frequenz. Die Lösung ist ein zwischengeschalteter Frequenzumrichter, der aber keine Blindleistung liefert, also brauche ich ne Blindleistungsmaschine -und einen Chief/ Blitz der die ganze Chose auch noch reparieren kann... Und der Hauptmotor muss auch ne Nummer größer sein, schliesslich will ich auch mal schnell fahren ohne gleich die Hilfsdiesel anwerfen zu müssen. Die Hilfsdiesel brauche ich aber trotzdem in voller Größe, denn meine Wellengeneratorenanlage kann auch mal ausfallen usw. ....ihr seht, das ist alles nicht so einfach.
Die Schiffe der Monte Klasse der Hamburg Süd sind Schiffe ohne Wellengenerator. Die Hamburg Express Klasse der Hapag Lloyd haben welche installiert.
Und nun zum Kessel:
Richtig ist, das dieser mit Schweröl HFO betrieben werden kann und das meist auch getan wird.
Falsch ist, das er generell ne Dreckschleuder ist. Die NOx Schademmisionen sind durch niedrigere Verbrennungstemperaturen niedriger als beim Dieselmotor. Läuft der Diesel dann noch im unteren Teillastbereich, wird es mit den Partikeln ganz mau. Die Einführung von Common Rail CR trägt sicher zur Verbesserung der Schadstoffemmision im Teillastbereich bei (die ultrafeinen Rußpartikel sind dann viel einfacher wegzuatmen), allerdings sollte man im Hinterkopf behalten, dass die Motorenhersteller immer noch Probleme haben den Brennverlauf im CR Motor auf die Güte eines guten Motors mit konventioneller Einspritzung zu bringen. Und bei Vollast bringt CR nichts oder nur marginale Verbesserungen! (Außer das es nen Haufen kostet und Betrieb/ Wartung) verschlechtert.
Zur Erzeugung von Prozessdampf ist der Kessel einfach unererlässlich. Schon mal versucht 1000m3 Schweröl elektrisch aufzuheizen bzw. zu heizen??? Klar geht das, wir stellen uns einfach nen 2ten Hauptmotor zur Stromerzeugung an Bord.
Und ein Kessel kann auf jeden Fall auch mit entschwefeltem Diesel betrieben werden.
Ein Ansatz wäre sicher die korrekte Bedienung, Wartung und Pflege des Kessels (verhindert oder vermindert scharze Wolken) öfter mal zu überprüfen...
Zum Landstrom: Ich werde das hoffentlich nicht mehr erleben. Und die grauen Schiffe fahren ja eh nur zum Spaß zur See

Aber wer mal die aktuelle HANSA in die Hand nimmt, wird lesen können, dass die Bordstromerzeugung mit HFO billiger sei als Industriestrom (Studie für Bremen, Bordstrom ohne Investitions- und Wartungskosten ->Diesel sind eh da, Besatzung zum Schrauben auch). Der Reeder muss sich aber einen zusätzlichen Trenntrafo (wurde vorher eingehend erläutert warum) hinstellen, das kostet Geld und davon haben die Reeder doch keins. Die Probleme sind aber wirklich die unterschiedlichen Frequenzen und Spannungsebenen auf Schiffen, z.B. 50Hz 6kV, 1kV, 600V, 230V, 60Hz 6,6kV, 3,3kV, 660V, 440V, 230V usw.
Und den Betrieb totmachen (beim Synchronisieren von Land- und Bordstrom) wollen die wenigsten, denn das ist oft sehr zeitaufwändig und ausserdem hängen da ne Menge wichtiger Verbraucher dran (z.B. die Kesselspeisewasserpumpe, die Moorings, der Ladungsrechner usw.)
Mfg Johann