Ärger um die "Deutschland"

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Seekater
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Re: Ärger um die "Deutschland"

Beitrag von Seekater »

Alexander hat geschrieben:Ein "deutsches Schiff" ist für die Klientel der "Deutschland" doch wohl eher eines, welches deutschsprachig geführt wird, mit - zumindest in dem Bereich, in den man als Gast Einblick hat - möglichst deutschsprachiger Crew.
so ist das, leider. Die Realität ist aus meiner Sicht sogar noch schlimmer: "Man spricht deutsch" ist für die allermeisten ausreichend, sogar "Schiff" interessiert überhaupt nicht. Für die allermeisten ist das wie "Club" oder "Hotel".

Insoweit ist das was Deilmann da vor hat, unter betriebswirtschaftlichen Aspekten genau richtig. Unter volkswirtschaftlichen Aspekten genauso falsch. Das eigentliche Problem der Schiffahrt ist, daß sie den Markt von dem sie lebt nicht pflegen kann - eben weil der anlegende Billig-Lohn-Kahn durch das größere Angebot mehr gebucht wird, wie das Schiff mit heimischen Arbeitsplätzen.

Erst wenn "Schiff" beim durchschnittlichen Bucher interessiert, wird sich etwas ändern. Meiner Ansicht nach müssen wir dafür - leider - noch deutlich weiter unter "Costa Concordia, Schettino & Co" abrutschen, und noch mehr derartige Unglücke erleben, bis der Mehrheit der "Club-auf-dem-Wasser-Bucher" klar geworden ist, welche Arbeitssituationen sie züchten. Natürlich sind die "Unglücke" auf dem höhere Anspruchslever eher seltener. Doch dieselbe "Züchtung" scheint leider auch da vorhanden zu sein. Technik- und Organisations-gläubigkeit ist eben heute genauso vorhanden wie zu Zeiten der Titanic. Fortentwicklung einer gesamten Gesellschaft scheint seeeeehr langsam zu gehen und scheint deutliche Rückschläge zu benötigen.

Ernüchternde Grüße
Seekater
Wenn schon Irren, dann lieber durch eine Tat, als durch eine Unterlassung
AnkerM
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Re: Ärger um die "Deutschland"

Beitrag von AnkerM »

Natürlich hat die Reederei das ganze betriebswirtschfatlich abgeklopft, das hatte Ha-Llo bei der "EUROPA" ja damals auch getan. Die Frage ist nur:

- goutiert man das ganze auch dann noch, wenn die betriebswirtschaftliche Kalkulation sogar unter dt. Flagge eigentlich einen Gewinn ergibt und die Ausflaggung unter der Prämisse läuft "Geld verdienen ist schön, noch mehr Geld verdienen ist schöner, Sch... auf die Konsequenzen und die Leute"?!?
Gemäß dem Interview mit dem Geschäftsführer läuft die "DEUTSCHLAND" ja nach den Turbulenzen der Vergangenheit erst seit kurzem wieder profitabel, bei der "EUROPA" war es damals anders: Das Schiff hatte gemäß Geschäftsbericht stets brav seine schwarzen Zahlen für den Konzern abgeliefert. Es half aber nichts, kurz vor dem Verkauf wurde das Schiff noch ausgeflaggt, die Leute wurden in schlimmer Art entweder zu drittklassigen Verträgen gebracht oder rausgeschmissen (und natürlich dafür billigere Leute geholt), die neue "EUROPA" kam, wie bekannt, gleich unter Gefälligkeitsflagge in Fahrt.

-Nahezu die gesamte Ausflaggerei (und so vermute ich auch bei der "DEUTSCHLAND") läuft mit "gezinkten Karten", da man sich zwar unbequemer Vorschriften entledigen will, aber schön weiterhin auf das deutsche Schiffahrtsförderungsinstrument der günstigen und unkomplizierten "Tonnagesteuer" optiert. Entscheidet sich ein Reeder gemäß seiner Kalkulation, sein Schiff unter eine Gefälligkeitsflagge zu bringen, so ist er letztlich kaum davon abzubringen und es ist auch allein seine Entscheidung ... ob es (wie hier) tatsächlich dienlich ist und ob man es gut findet, ist etwas anderes.

Allerdings sollte es dann auch nicht möglich sein, das deutsche Instrument der Schiffahrtsförderung "Tonnagesteuer" zu nutzen, dann soll er sehen wo er bleibt! Denn anders als der einzelne Reeder soll ein Staat eben nicht betriebs-, sondern volkswirtschaftlich denken: Einfluß auf Ausrüstung und Bemannung, Stimmrechtsgewichtung bei der IMO, etc. , alles hängt eben mit der Flaggenführung zusammen.


Sollte vielleicht durch diese unselige Aktion der eine oder andere in der Politik endlich begreifen, daß die dt. Tonnagsteuer in der derzeitigen Ausgestaltung ein volkswirtschaftlicher Irrsinn ist, dann hätte dieser traurige Flaggenwechsel wenigstens ein gutes bewirkt!!!
Olle
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Re: Ärger um die "Deutschland"

Beitrag von Olle »

Persönlich habe ich mit einer ausgeflaggten Deutschland zunächst einmal persönlich genau so viel oder wenig Probleme wie mit einer ausgeflaggten Polonia.

Den "Skandal" um das Traumschiff verstehe ich allerdings genau. Die Öffentlichkeit weiß nicht, wie geläufig Ausflaggungen sind und hält zugleich das Traumschiff für das edelste und tollste auf den Sieben Weltmeeren. Das dahinter auch nur ein schnödes Geschäft steckt wie in REWE oder Lidl realisieren die wenigsten. Man kann es ihnen auch nicht vorwerfen.
Wenn die Deutschland in den Köpfen derjenigen, die sich über Konsum und (volks-)wirtschaftliche Nachhaltigkeit Gedanken machen, nicht in einen Topf mit irgendwelchen x-beliebigen Phoenix-, Neckermann- oder Costa-Produkten geworfen werden will, gehört auch die deutsche Flagge dazu.
Wenn die Deilmann-Reederei ohnehin nicht auf solche Kundschaft angewiesen ist (oder sein möchte), kann sie tun und lassen, was sie will. Genauso kann das deutsche Fernsehen auch einfach die Serienproduktion einstellen. Nur wozu? Solange kaum ein Deutscher bei Kaufland beim Kauf von Konservengemüse "Made in China" auch nur mit der Wimper zuckt (kein Witz!! Ich habe es gesehen und ganz kräftig mit der Wimper gezuckt!) , wird auch kaum jemand bei der Kreuzfahrtschiffswahl das mit der faireren Entlohnung der Besatzung wählen.

Ich habe allerdings einen prima Kompromissvorschlag, mit dem die Reederei von 0 auf 100 in den Sympatiehitparaden einsteigen würde, und die ganze Geschichte mit einem prima PR-Ergebnis abschließen könnte:
Die deutsche Gesetzeslage lässt doch Heimathäfen zu, die vom betreffenden Schiff gar nicht angelaufen werden könnten. Also sollte die Deutschland als Heimathafen Nassau im Lahnthal bekommen und die deutsche Flagge behalten.
Dji
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Re: Ärger um die "Deutschland"

Beitrag von Dji »

Aktuelle Videos zu Schifffahrt, Meer, und Urlaub auf meinem Kanal:
https://www.youtube.com/c/SchiffsKanal
AnkerM
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Re: Ärger um die "Deutschland"

Beitrag von AnkerM »

Dji hat geschrieben:Die Flagge bleibt!
http://www.bild.de/news/inland/ms-deuts ... .bild.html

JAAAAAAA!

Jetzt muß ich mir ein neues Prospekt der "DEUTSCHLAND" aus dem Reisebüro holen, das vorige hatte nach dem Aufkommen der Ausflaggung in den Eimer geschmissen!
Alexander
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Re: Ärger um die "Deutschland"

Beitrag von Alexander »

Dji hat geschrieben:Die Flagge bleibt!
http://www.bild.de/news/inland/ms-deuts ... .bild.html

Freut mich auch, aber wir sollten uns nicht zu früh freuen. Im BILD-Artikel steht u.a.
Ein Fahren unter deutscher Flagge sei „angesichts eines operativen Verlustes von ca. 1,5 Millionen Euro (Geschäftsjahr 2011) nicht länger finanzierbar. (...) Es ist überlebenswichtig, mit ähnlichen Rahmenfaktoren wie die Schiffe anderer deutscher Kreuzfahrtreedereien arbeiten zu können, die alle seit vielen Jahren unter einer nicht-deutschen Flagge fahren.“
1,5 Mio. EUR ist 'ne gewaltige Hausnummer. Bleibt also abzuwarten, ob dieser vermeintliche Sieg der öffentlichen Meinung über Aurelius/Deilmann kein Pyrrhussieg (falls der Begriff irgendjemandem nicht geläufig sein sollte: http://de.wikipedia.org/wiki/Pyrrhussieg) wird. Vermutlich wird Aurelius jetzt zunächst mal andere Schritte einleiten, um den Verlust zu minimieren bzw. den Turnaround zu schaffen. Das kann sicher auch teilweise auf der Einnahmeseite erfolgen, wird aber bestimmt auch Einschnitte auf der Ausgabenseite haben.

Es erscheint mir nicht unrealistisch, daß dies ggf. zu einem Qualitätsverlust und somit zu einer geringeren Auslastung führen kann. Dann wäre eine Abwärtsspiralte in Ganz gesetzt, die ggf. am Ende dazu führen könnte, daß die "Deutschland" irgendwann gar nicht mehr fährt. Dann wären ggf. alle Arbeitsplätze weg.

Also, bitte nicht zu früh freuen, sondern auch die mögliche Zukunft und die Folgen der aktuellen Entscheidung dafür nicht außer Acht lassen...

Alexander
Meine Schiffsfotos bei Fotocommunity: http://home.fotocommunity.de/squarerigg ... 4&g=240434
Christian Costa
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Re: Ärger um die "Deutschland"

Beitrag von Christian Costa »

Moin zusammen,
zuallererst möchte ich mich bei euch allen für die echt qualitativ gute Diskussion bedanken.
Es ist schön zu sehen, wie offensichtlich jeder irgendwie eine Meinung zum Thema hat, und die auch vertritt.
Außerdem denke ich absolut nicht, dass es eine OT-Diskussion ist, wenn man über die sog. Heuschrecken spricht. Das gehört hier ja genau rein.

Nun aber zu meiner Meinung.
Ich finde es bemerkenswert, wie nach wie vor die Ausflaggung eines Schiffes in der Öffentlichkeit ausgeschlachtet wird und schlecht geredet wird. Allen voran die größte deutsche Boulevardzeitung, die ja schon manches Mal ihren nicht vorhandenen maritimen Sachverstand zum Besten gegeben hat.
Das in der Sommerpause einige Politiker gern auf populistische Äußerungen aufspringen, ist nichts Neues.

Ich kann es einfach nicht nachvollziehen, wo das Problem ist. Ausflaggungen haben in Deutschland noch immer etwas "Schäbiges". Nur warum? Die Reeder flaggen aus, um zu sparen, ok. Aber das heißt ja nicht sofort, dass der neue Flaggenstaat schlechter ist und die Bedingungen für die Crew sich dramatisch ändern. Ich habe schon an Bord viele Offiziere gesprochen, die gern unter ausländischer Flagge fahren. Auch für den Reeder ist die ach so böse Fremdflagge Liberias nicht so schlecht. Im Gegenteil einige Leistungen sind in Liberia besser, als im deutschen Register. Zudem sollte man mal im Hinterkopf behalten, dass die deutsche Flagge nicht mehr zwangsläufig deutsche Offiziere zur Folge haben muss. EU-Offiziere müssen es sein, sonst nichts weiter.
Zudem offenbaren einige ausländische Flaggen einen deutlich besseren Schutz gegen Piraten, als die deutsche Flagge.

Das sich jetzt so aufgeregt wird, ist eigentlich verwunderlich, denn es ist ja nicht erst seit gestern bekannt, dass die Deutschland ihre Flagge wechseln soll.
Zudem hat sich beim Umbau der beiden Schiffe bzw der Gründung von TUICruises niemand echauffiert, dass man Mein Schiff 1 und Mein Schiff 2 in Malta registriert hat.

Erst letzte Woche war ich wieder in Stadersand und die "Mein Schiff 2" kam zum x-ten Mal aus Hamburg und der Ponton war voller Schaulustiger.
Glaubt man der Deutschland-Debatte, müsste man doch diese Schiffe ebenfalls boykottieren. Macht man aber nicht, weil es niemanden stört.

Wer beschwert sich denn, dass die Bremen oder die Hamburg (Hapag-Lloyd bzw Plantours) keine deutsche Flagge haben? NIEMAND

Ich finde, hier werden wieder Äpfel mit Birnen verglichen und das Ausflaggen generell als schlecht bezeichnet. Dem ist nicht so. Sicherlich ist es evtl ein bisschen unglücklich das Schiff als deutsches Schiff in London zu chartern und erst danach auszuflaggen, aber wie oft ist es denn der Fall, dass ein Schiff für spezielle Chartern die Flagge wechselt?
Man hätte auch schon vorher umflaggen können und für die zwei Wochen in London wieder zurück zur deutschen Flagge. Alles kein Problem. Im Endeffekt macht der Owner doch immer das was der Charterer möchte. Oder glaubt irgendwer, dass der Feeder CARAT auch nach seiner Hapag-Charter weiterhin mit US-Flagge fährt? Wohl nur, wenn ein anderer Reeder gern die US-Flagge hätte. Sonst geht es garantiert wieder zurück nach Antigua.
Zudem hat Aurelius, wie hier bereits mehrfach betont wurde, Deilmann vor der pleite bewahrt. Die böse Heuschrecke hat also das letzte deutsche Kreuzfahrtschiff überhaupt am Leben erhalten.

Zu guter Letzt noch mein persönlicher Eindruck auf einem ausgeflaggten Kreuzfahrer:
Im April war ich in der Südsee mit RCCLs Rhapsody of the Seas unterwegs. Und ich habe mich zu jedem Zeitpunkt, auch mitten im Pazifik, immer sicher und gut behandelt gefühlt. Die Crew bestand aus 63 (!) verschiedenen Nationen an Bord und - jetzt kommt's - viele von ihnen stammen aus westlichen Ländern und fahren bei RCCL seit Jahren. Sie heuern immer wieder zu den ausgeflaggten Konditionen an. Es kann also gar nicht so schlimm sein. Ich jedenfalls würde jederzeit wieder auf ein RCCL Schiff gehen. Sicherlich eher, als auf ein in Europa registriertes Schiff von Costa Cruises. Entscheidend ist nämlich der Service bzw das Ambiente oder die Destination.

MSC Line, die zweitgrößte Containerreederei der Welt, hat alle eigenen Schiffe in Panama registriert. Das hindert doch den Spediteur nicht mit ihnen zu buchen. Im Gegenteil, wenn der Service und der Preis stimmt, bucht man seinen Container dort.

Und vergesst nicht, auch Deutschlands Vorzeige-Reederei AIDA, die bisher alle neuen Schiffe in Deutschland bauen ließ, fährt nicht eines ihrer Schiffe unter deutscher Flagge. Trotzdem würde niemand AIDA wegen der italienischen Flagge boykottieren. Im Übigrigen ist Malta ebenso wie Italien Mitglied der EU. Die Bermudas, wo die beliebte QM2 registriert ist, nicht. Dennoch kommen zig Tausende nach Hamburg.
Und trotzdem fährt deutsches Personal auf diesen Schiffen.
MfG & bis neulich
Christian

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Peter Hartung
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Re: Ärger um die "Deutschland"

Beitrag von Peter Hartung »

Moin!

Das "Hamburger Abendblatt" schreibt heute dazu wie folgt:

quote
Neustadt/London/Hamburg. Das Traumschiff MS "Deutschland" fährt nun doch weiter unter deutscher Flagge. Nach den emotionalen Auseinandersetzungen der vergangenen Tage habe sich die Reederei am Montag entschlossen, von dem geplanten Flaggenwechsel abzusehen, sagte eine Reedereisprecherin und bestätigte damit eine Meldung von "Bild online". Vor allem der Kapitän des Schiffes, Andreas Jungblut, hatte sich vehement gegen den Flaggenwechsel ausgesprochen und dadurch eine öffentliche Auseinandersetzung mit der Reederei riskiert.

Die Reederei Deilmann mit Sitz in Neustadt in Schleswig-Holstein hatte geplant, aus Kostengründen das Schiff unter der Flagge Maltas fahren zu lassen. Die Reederei gehört seit einer Insolvenz im Jahr 2010 dem Finanzinvestor Aurelius. Das Schiff ist durch die ZDF-Sendung "Das Traumschiff" bekannt geworden. Der Beflaggungsstreit war in den vergangenen Tagen eskaliert. Kapitän Jungblut, der im Urlaub auf das Schiff gegangen war, wurde am vergangenen Mittwoch von Bord gewiesen. Der Zeitpunkt des Streits war brisant: Die "Deutschland" liegt derzeit in London als Hotelschiff für Olympia-Besucher und Prominente. Das Schiff ist das letzte große Kreuzfahrtschiff unter deutscher Flagge.
unquote

Von mir noch eine Anmerkung dazu:

Zu fragen ist, ob ein "operativer Verlust" von angeblich 1,5 Millionen der Firma Deilmann allein mit der Eintragung des Schiffes in einem deutschen Register zu tun hat. Die genaue Rechnung dazu würde ich gerne sehen. Die Sache scheint komplizierter zu sein und es gibt mutmaßlich weitere Gründe bei Deilmann/Aurelius für solche Verluste. So berichtete am 19. Oktober 2011 das "manager magazin" von der Pleite der Deilmann-Sisters mit Verbindlichkeiten von 17,3 Millionen. In der Finanzkrise habe sich der Umsatz der Reederei halbiert, die Kunden wären ausgeblieben. Im Jahr 2010 habe es auch noch im Maschinenraum der "Deutschland" bebrannt. Das Schiff musste für 3,5 Millionen Euro repariert werden.

Und ein Jahr zuvor las man im "SPIEGEL" unter anderem wie folgt:

"Doch 2009 entpuppte sich die Firma endgültig als Sanierungsfall. Die Umsätze brachen ein, Banken wurden unruhig, die Schulden wuchsen den Reederinnen über den Kopf. Trotz der "Traumschiff"-Ikone wollten weder das Land Schleswig-Holstein noch Banken helfen. Selbst die Kanzlerin wurde kontaktiert - vergebens. Die Firma ging in die Insolvenz, das Geschäft mit Flussreisen wurde komplett abgewickelt. Was blieb, war die MS "Deutschland", und auch deren Buchungslage war nicht besonders gut. Plätze auf dem Flaggschiff wurden sogar bei Aldi verramscht. Dann schlug das Schicksal noch härter zu: Auf einer Norwegen-Reise brach im Maschinenraum Feuer aus: Drei Reisen mussten komplett abgesagt werden. Es war also nicht mehr viel übrig vom stolzen Traumschiff, als der Finanzinvestor Aurelius einsprang, eine klassische "Heuschrecke", die nun 95 Prozent der Reedereianteile übernimmt. Der Schnäppchen-Kaufpreis besteht im Kern aus der Übernahme angehäufter Verbindlichkeiten. Für die Deilmanns bleibt wenig übrig. Sie arbeiten fortan als Botschafterinnen und halten die restlichen fünf Prozent der Anteile."

mfg Peter Hartung
Alle Fotos von Peter Hartung sind (falls nicht anders angegeben) unter einer
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Alexander
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Re: Ärger um die "Deutschland"

Beitrag von Alexander »

Peter Hartung hat geschrieben:Zu fragen ist, ob ein "operativer Verlust" von angeblich 1,5 Millionen der Firma Deilmann allein mit der Eintragung des Schiffes in einem deutschen Register zu tun hat.
Daß dieser Verlust alleine mit der deutschen Flagge zusammenhängt, das hat, soweit ich mich erinnere, keiner je behauptet.

Allerdings kann ich schon nachvollziehen, daß man bei einem massiven Verlust schon versucht, alle Stellschrauben in Bezug auf Kosten wie auf Einnahmen zu justieren. Und so hart es klingt: ein Ausflaggen ist grundsätzlich eine rasche Möglichkeit, um Einsparpotential zu heben. Natürlich kann das wohl kaum die einzige Maßnahme sein, aber eben durchaus eine wichtige...

Wie ich weiter oben schon geschrieben habe:
1,5 Mio. EUR ist 'ne gewaltige Hausnummer. Bleibt also abzuwarten, ob dieser vermeintliche Sieg der öffentlichen Meinung über Aurelius/Deilmann kein Pyrrhussieg (falls der Begriff irgendjemandem nicht geläufig sein sollte: http://de.wikipedia.org/wiki/Pyrrhussieg) wird. Vermutlich wird Aurelius jetzt zunächst mal andere Schritte einleiten, um den Verlust zu minimieren bzw. den Turnaround zu schaffen. Das kann sicher auch teilweise auf der Einnahmeseite erfolgen, wird aber bestimmt auch Einschnitte auf der Ausgabenseite haben.

Es erscheint mir nicht unrealistisch, daß dies ggf. zu einem Qualitätsverlust und somit zu einer geringeren Auslastung führen kann. Dann wäre eine Abwärtsspiralte in Ganz gesetzt, die ggf. am Ende dazu führen könnte, daß die "Deutschland" irgendwann gar nicht mehr fährt. Dann wären ggf. alle Arbeitsplätze weg.
Alexander
Meine Schiffsfotos bei Fotocommunity: http://home.fotocommunity.de/squarerigg ... 4&g=240434
mafra
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Das Traumschiff bleibt deutsch

Beitrag von mafra »

Die "MS Deutschland" wird auch in Zukunft unter deutscher Flagge fahren: Nach tagelanger öffentlicher Debatte will die Reederei Deilmann auf die geplante Ausflaggung des als ZDF-"Traumschiff" bekannt gewordenen Luxusliners verzichten.
http://nachrichten.t-online.de/traumsch ... 9430/index
Gruß vom Manfred (dem Mafra)
www.mafratours.eu
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