Maritime Innovationen

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Volker Landwehr
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Re: Maritime Innovationen

Beitrag von Volker Landwehr »

PeterPan hat geschrieben: Mi 11. Mai 2022, 01:15 Volker, wo fange ich an...
[...] Es gibt diverse Artikel über das Risiko von Thorium-Reaktoren. Deine genannten Notentleerungstanks mögen an Land in Versuchsanlangen funktionieren. Aber doch nicht in einem so dynamischen System wie bei einem Schiff, dass in starkem Seegang oder bei Schräglage vorm Kentern gar nicht in der Lage wäre, diese Tanks zu benutzen. Ganz zu schweigen davon, dass auch niemand mehr an Bord wäre, wenn das Schiff kurz vorm Kentern stünde...
Vielleicht hättest Du mit der Beantwortung der Fragen beginnen sollen?
Ich behaupte nicht, dass Thorium-Flüssigsalzreaktoren risikolos seien und wir schon die Antwort auf alle Fragen kennen würden. Man kann an die Probleme offen herangehen und nach Lösungen suchen oder man erkennt Probleme und entscheidet: nicht machbar. Als Ingenieur ziehe ich den ersten Weg vor. Ich mag dann am Ende des Weges zum gleichen Ergebniss kommen, aber Denkverbote sollten wir uns in unserer Klimasituation nicht leisten.

Ich würde mich freuen, wenn die Menschheit den Klimawandel nur mit erneuerbaren Energien ohne neue Kernkraft rechtzeitig schaffen würde, allein mir fehlt der Glaube.

Die Dynamik eines Schiffes lässt sich durch Stabilisatoren etc. dämpfen.
Warum sollten die Notentleerungstanks nicht funktionieren? Weil Du nicht daran glaubst? Es ist ein technisches Problem, dass untersucht werden muss und als Ingenieur bin ich überzeugt, dass es Lösungen gibt. Es scheint mir eine Frage von Anordnung von Ablassöffnungen und Tanks. Und es gibt ja auch selbstaufrichtende Schiffe.
Dass schöne an der Lösung mit dem gefrorenen Ablasspfropfen ist ja, dass die Öffnung automatisch ohne menschliches Eingreifen geschieht.
PeterPan hat geschrieben: Mi 11. Mai 2022, 01:15 Man müsste also davon ausgehen, dass es einen Untergang entweder mit und ohne Kernschmelze (mit funktionierendem Tank und vor allem Kühlung) gäbe. Nun stellt sich die Frage, wer diese Schiffe betreiben soll. Eine Reederei kommt dafür nicht in Frage, da es keine Versicherung geben würde, die die drohenden Umweltschäden über Hunderte von Jahre versichern würde. Über das Risiko bei einer Bergung wollen wir gar nicht reden...Und das Risiko einer Entführung würde ich als extrem hoch bezeichnen. Also müsste man diese Schiffe durch entsprechende Maßnahmen dagegen schützen. Also bleibt nur der staatliche Einsatz, so wie jetzt auch bei U-Booten, Kreuzern, Flugzeugträgern und Eisbrechern.
Ob und wie große Schäden es bei einem Untergang gibt, wäre eine Frage der Vorgaben für die Bemessung des Containments. !00% Sicherheit wird es nicht geben, aber in der Situation, wo diese Reaktoren in großem Maßstab zur Rettung des Klimas erforderlich würden, wäre ein begrenzter Unfall unser kleinstes Problem. Das größere Problem ist die dauerhaft für Menschen unbewohnbare Erde. Darauf steuern wir aus meiner Sicht mit Riesenschritten zu.
PeterPan hat geschrieben: Mi 11. Mai 2022, 01:15 Deinen letzten Satz finde ich übrigens in dieser Diskussion grundfalsch. WENN unsere Fehler von anderen Ländern nachgemacht werden und Du dies als richtig bezeichnest, brauchen wir auch keine alternativen Antriebskonzepte zu entwickeln. Das kann man sich dann sparen.

Ich sehe das aber überhaupt nicht so. Und gerade Deine genannten Länder sind diejenigen, die jetzt schon die Auswirkungen des Klimawandels erleben. Die haben die Zeichen der Zeit erkannt und haben kein Interesse, Wohlstand aufzubauen, sondern ihr Land zu retten.
Ja es gibt Inseln, die um ihr Überleben fürchten, denen das Wasser buchstäblich heute schon bis zum Hals steht. Oder Landstriche, die jetzt schon unbewohnbar werden. Aber die sind auf Gedeih und Verderb von den Maßnahmen anderer abhängig, denn sie haben herzlich wenig zu Situation beigetragen. Ich finde es nachvollziehbar, wenn Entwicklungs- und Schwellenländer nichts von ihrem Wohlstand und ihren Entwicklungsmöglichkeiten aufgeben wollen bzw. von den Industrieländern nehmen lassen wollen. Atomstrom könnte hier die Lösung sein, so viel wie möglich zu erhalten und den Strom für alternative Antriebskonzepte bereitzustellen.

Du und die Mehrheit der Deutschen sehen die Kernkraft als Übel und ich habe bisher genauso gedacht. Aber wenn ich zwischen zwei Übeln wählen muss, Unbewohnbarkeit weiter Landstriche der Erde und Einsatz von Atomenergie zur Einhaltung der Klimaziele, ist für mich Atomkraft das kleinere Übel.

Wir machen uns glaube ich noch keine richtigen Vorstellung davon, welche Fluchtbewegungen wegen Hitze, Dürre, Trinkwassermangel beim Verfehlen der Klimaziele auf uns zu kommt.

Aber ich denke, da werden wir nicht zusammen kommen.
PeterPan
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Re: Maritime Innovationen

Beitrag von PeterPan »

Ich weiß nicht, was Du studiert hast.

Aber im E-Technik-Studium wurde bis vor einigen Jahren vermittelt, dass die Wahrscheinlichkeit für eine Kernschmelze rechnerisch alle 2000 Jahre vorkommen darf...

In der Realität sind es 20 Jahre. Und da sind die unzähligen Störfällle, die fast zur Kernschmelze geführt haben, nicht mitgerechnet.

Ich arbeite in der Energiebranche im Bereich der Offshore Windparks. Ich kenne die weltweiten Pläne zur Ausweitung dieser Energieerzeugung und vor allem die Geschwindigkeit, mit der jetzt schon weltweit Windparks gebaut und geplant werden.

Über die Stromversorgung mache ich mir daher überhaupt keine Sorgen.

Kernkraftwerke an Land als Brückenlösung sind notwendig, aber auf Schiffen wirklich das Risiko nicht wert.

Schiffe auf längeren Strecken werden den Weg Richtung Wasserstoff gehen, der regenerativ erzeugt wurde. Und damit sind sie klimaneutral. Auf Kurzstrecken geht es Richtung Batterie.
Volker Landwehr
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Re: Maritime Innovationen

Beitrag von Volker Landwehr »

PeterPan hat geschrieben: Mi 11. Mai 2022, 15:16 Volker, die Kernkraftwerke sind alle und zwar weltweit, nicht absturzsicher.

Es gab dazu Versuche, bei denen Kampfflugzeuge horizontal auf einem Schlitten gegen eine Betonmauer "geflogen" sind. Diese Betonmauer sollte die Betonkuppel des AKW simulieren.

Das ganze wurde ohne Bewaffnung getestet. Und Kampfflugzeuge haben einen Bruchteil des Kerosins von Passagierflugzeugen an Bord, die aber für jedes AKW viel gefährlicher beim Absturz sind.

Der kritische Bereich eines AKW ist die Kühlung. Und die Kühltürme der AKWs sind alle oben offen und sind in keinster Weise absturzsicher.

Wenn ein Flugzeug dort hinein fliegt, ist es eine Frage der Zeit bis zur Kernschmelze.
Es ging mir darum, zu zeigen, dass man über die Bemessungsvorgaben Gefahrenpotentiale steuern kann.

Es nicht die Größe des Flugzeugs, die maßgebend ist, sondern das Gewicht seiner Triebwerke. Die Flugzeugzelle ist eine riesige Knautschzone,das Triebwerk dagen eine kompakte Masse, die die größten Schäden verursacht.

Der Verlust der Kühltürme verursacht noch keine Kernschmelze. Das AKW kann notabgeschaltet und mit Hilfe der dafür ausgelegten Notstromversorgung bis abklingen der Restwärme gekühlt werden.

Der Kühlturm ist keine Notwendigkeit für den Betrieb so genug Kühlwasser zur Verfügung steht. Der Kühlturm sorgt dafür, dass das Kühlwasser nicht zu warm zurück geleitet wird und das Gewässer zu sehr erwärmt. Er ist also eine Umweltschutzmaßnahme. Im Fall der Gefahr einer Kernschmelze wird der Kühlturm gegebenenfalls umgangen. Wenn ich mich recht erinnere, muss für den Betrieb des AKW der Fluss eine Mindestwassermenge führen.

Dass es trotz aller Vorsicht und Redundanzen zu Unfällen kommen, dafür gibt es genug Beispiele.
Gruß, Volker
Volker Landwehr
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Re: Maritime Innovationen

Beitrag von Volker Landwehr »

PeterPan hat geschrieben: Mi 11. Mai 2022, 18:00 Ich weiß nicht, was Du studiert hast.
Bauingenieurwesen, Fachrichtung konstruktiver Ingenieurbau, ca. 35 Jahre Erfahrung in der Tragwerksplanung.

Ich bin was den Strom angeht, weniger positiv, da wir mit der Zeit immer mehr davon brauchen werden.

In Bayern macht die 10xH Abstandregel Windräder fast nur noch in Wäldern möglich und da gehen Naturschützer auf die Barikaden. In NRW sind es 1000 m, die laut Landesamt für Umwelt, Natur und Verbraucherschutz verhindern könnten, dass in NRW die bis 2030 geplante Verdoppelung der Windenergie erreicht wird.

In Coesfeld ist letztes Jahr ein Windpark in Betrieb gegangen, gegen den es keine Einsprüche oder Gerichtsverfahren gab, da die Bürger auch am Gewinn beteiligt werden. Trotzdem hat das ganze Prozedere 10 Jahre gedauert. Es gibt in der Welt zu viele NIMBYs, die zwar ja zur Windkraft sagen, aber sie in ihre Nähe verhindern wollen.

In den USA stehen Offshore-Windparks vor einer rechtlichen Hürde, dem Jones Act, der verlangt, dass die Windparkelemente mit den USA gebauten, Amerikanern gehörenden, unter US-Flagge fahrenden und mit amerikanischer Besatzung fahrenden Schiffen von US-Häfen zum Einauort gebracht werden. Für die Lösung, dass das Errichterschiff die Elemente im Hafen abholt zur Einbaustelle bringt und montiert, muss es dem Jones Act entsprechen. So etwas gibt es noch nicht, da ist gerade erst eines im Bau.
Die Teile könnten mit dem Jones Act entsprechenden Seegang kompensierenden Barges und Schleppern zu Einbaustelle gebracht und dort von jedem beliebigen Errichterschiff eingebaut werden. Nur, die Barges gibt es bestenfalls auf dem Papier: https://www.huismanequipment.com/en/pro ... form#video
Huisman: https://www.huismanequipment.com/en/pro ... d-platform
Ampelmann: https://www.offshore-mag.com/rigs-vesse ... sel-design
Barge Master: https://www.oedigital.com/news/487094-b ... d-turbines

Wie die USA so ihr Ziel, 30 GW bis 2030, erreichen sollen, erschließt sich mir nicht.

Ja, es gibt viele Pläne und Ankündigungen, nur immer wieder finden sich ungelöste Hindernisse.

Was Reaktoren auf Schiffen angeht, finde ich, man sollte sie nicht von vornherein ausschließen. Man sollte sie seriös untersuchen, planen und tragfähige Lösungen für die angesprochenen Probleme suchen. Findet man Lösungen, so erfolgt dann mit vollem Wissen eine Risikobewertung, die durchaus in beide Richtungen, Verwerfen oder Nutzung, führen kann, aber bitte evidenz- nicht meinungsbasiert.
Gruß, Volker
Johannes7
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Re: Maritime Innovationen

Beitrag von Johannes7 »

Tach´ zusammen,


Weltweit erstes emissionsfreie Schiff auf der Spree unterwegs
https://www.morgenpost.de/berlin/articl ... rwegs.html

Zu diesem Artikel der Morgenpost muss ich bezüglich der Überschrift wieder das wirklich weltweit erste emissionsfreie Schiff auf der Spree erwähnen.
-> https://new.siemens.com/de/de/unternehm ... fahrt.html
Die ELEKTRA von 1886 kann ich immer wieder gerne vorhalten, wenns medial um solch ein Thema geht :mrgreen: .
Über dieses Versuchsboot wurde in dem Morgenpstartikel kein Wörtchen erwähnt!


Elektrisch betriebe Lastenkähne sind ooch nichts neues.
[...]
Fortbewegung auf der Spree
[...]
Im 19. Jahrhundert kommt die Dampfschifffahrt auf, später elektrisch betriebene Schiffe. Zu den Schiffen am Historischen Hafen zählt auch der letzte erhaltene Elektrokahn „Elisabeth“, der ins Jahr 1907 datiert. Mit 7 PS transportiert er im 20. Jahrhundert Steine und Ziegel aus Zehdenick nach Berlin.
[...]
Quelle: https://www.visitberlin.de/de/historischer-hafen-berlin


Grüße.
Johannes
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PeterPan
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Re: Maritime Innovationen

Beitrag von PeterPan »

Moment wird laut Insta die "Berlin" von Scandlines auf Rotorsegel umgerüstet. Dort findet man auch Fotos.

Ich bin sehr gespannt, ob noch weitere Reedereien in der Ostsee folgen.

Bei den aktuellen Preisen für Brennstoffe dürfte sich die Umrüstung in kürzester Zeit rechnen, bei 5 Prozent weniger Verbrauch.
Tim S.
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Re: Maritime Innovationen

Beitrag von Tim S. »

Autonomer Trimaran MAYFLOWER 400,, MMSI:368199920, muss Atlantikquerung erneut unterbrechen:
https://www.heise.de/news/Mayflower-400 ... 29619.html
Tim S.
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Re: Maritime Innovationen

Beitrag von Tim S. »

Beginnt in Bremerhaven die Zukunft der Schifffahrt? Die Zukunft der "REM Energy" soll elektrisch sein.
https://www.butenunbinnen.de/nachrichte ... n-102.html
Tim S.
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Re: Maritime Innovationen

Beitrag von Tim S. »

YARA BIRKELAND muss noch viel lernen:
https://www.golem.de/news/autonomes-sch ... 67333.html
Tim S.
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Re: Maritime Innovationen

Beitrag von Tim S. »

BHP, Pan Pacific Copper und Nippon Marine erproben Rotorsegelsystem von Norsepower auf dem Bulkcarrier Koryu:
https://maritime-executive.com/article/ ... red-bulker
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