Der Nostalgie-Thread
- Stephan Giesen
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Der Nostalgie-Thread
Moin zusammen,
nachdem in letzter Zeit ein nicht unwesentlicher Teil dieses Forums oft nur noch aus teils - ich muss es leider so sagen - wahllos zusammengetragenen Links zu allen möglichen Themen besteht, habe ich mir und unserem Team die Frage gestellt, wie man hier wieder ein wenig mehr Individualität fördern könnte. Dabei hatte unser Admin Norbert die gute Idee eines Nostalgie-Threads, die ich hiermit gerne in die Tat umsetze.
Gesucht werden Erfahrungsberichte, Anekdoten, Bilder, Videos, Begebenheiten etc. aus früheren Tagen. Es soll bewusst keine Sammlung aus irgendwelchen aus dem Netz gefischten Stories sein, sondern die Beiträge sollten schon einen persönlichen und natürlich maritimen Bezug haben. Das können Geschichten aus der eigenen Seefahrtzeit sein oder auch eine Kreuzfahrt, an die man sich gerne erinnert. Oder vielleicht eine Begegnung mit einem Schiff, die einem lange im Gedächtnis geblieben ist? Auch ein Bericht z. B. in Form eines Lebenslaufs über ein Schiff, das einem vielleicht besonders am Herzen liegt, könnte hier hinein passen.
Ich würde mich freuen, wenn sich gerade ältere, bisher vielleicht stille Mitleser hier ermutigt fühlen, aktiv etwas zum Forum beizutragen, verfügen doch sicher viele über einen Erfahrungs- und Erlebnisschatz, der es wert ist, geteilt zu werden. Insbesondere Bilder, die so nicht im Netz zu finden sind, sind hier hochwillkommen.
Ich hoffe, dass dieser Thread Anklang findet und freue mich auf rege Beteiligung.
nachdem in letzter Zeit ein nicht unwesentlicher Teil dieses Forums oft nur noch aus teils - ich muss es leider so sagen - wahllos zusammengetragenen Links zu allen möglichen Themen besteht, habe ich mir und unserem Team die Frage gestellt, wie man hier wieder ein wenig mehr Individualität fördern könnte. Dabei hatte unser Admin Norbert die gute Idee eines Nostalgie-Threads, die ich hiermit gerne in die Tat umsetze.
Gesucht werden Erfahrungsberichte, Anekdoten, Bilder, Videos, Begebenheiten etc. aus früheren Tagen. Es soll bewusst keine Sammlung aus irgendwelchen aus dem Netz gefischten Stories sein, sondern die Beiträge sollten schon einen persönlichen und natürlich maritimen Bezug haben. Das können Geschichten aus der eigenen Seefahrtzeit sein oder auch eine Kreuzfahrt, an die man sich gerne erinnert. Oder vielleicht eine Begegnung mit einem Schiff, die einem lange im Gedächtnis geblieben ist? Auch ein Bericht z. B. in Form eines Lebenslaufs über ein Schiff, das einem vielleicht besonders am Herzen liegt, könnte hier hinein passen.
Ich würde mich freuen, wenn sich gerade ältere, bisher vielleicht stille Mitleser hier ermutigt fühlen, aktiv etwas zum Forum beizutragen, verfügen doch sicher viele über einen Erfahrungs- und Erlebnisschatz, der es wert ist, geteilt zu werden. Insbesondere Bilder, die so nicht im Netz zu finden sind, sind hier hochwillkommen.
Ich hoffe, dass dieser Thread Anklang findet und freue mich auf rege Beteiligung.
Mit maritimen Gruß
Stephan
Stephan
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Re: Der Nostalgie-Thread
Die Idee gefällt mir, daher versuche ich einmal etwas beizutragen.
Kurz zu mir: Ich bin von 2006 bis 2009 als Schiffmechaniker-Azubi bei Reederei Hermann Wulff auf großer Fahrt unterwegs und habe im Anschluss mein C-Patent in Cuxhaven erworben. Bis zum Chief bin ich bei den Gebrüder Winter unterwegs gewesen und dann ins Büro bei Reederei Drevin als Superintendent gewechselt. Mittlerweile bin ich allerdings als Projektleiter in einer Bremerhavener Schiffreperaturfirma unterwegs.
Immer, wenn wir wieder auf den Schiffen im Hafen unterwegs sind, stelle ich mir schon dann und wann mal die Frage, ob der Wechsel an Land die richtige Entscheidung war.
An Bord war vieles irgendwie einfacher. Man ist eingestiegen, das Mobiltelefon hat wenige Meilen aus dem Hafen raus nicht mehr funktioniert und jegliche Kommunikation war auf einige Mails in der Woche reduziert. Man war mit "seinen" Jungs an Bord, hat täglich seine mal mehr, mal weniger schwere Arbeit erledigt, am Abend ein gemeinsames Bier getrunken, vielleicht einen Film angeschaut, oder ein Buch in ruhe gelesen, oder ist einfach auch mal früh zu Bett gegangen. Einige Besatzungsmitglieder sind einem sogar so sehr ans Herz gewachsen, dass man stundenlang nach Feierabend gequatscht hat und es teils schmerzhaft war, wenn diese dann ausgestiegen sind.
Mit einem meiner Kapitäne habe ich unzählige Stunden am Abend auf der Brücke verbracht und wir haben nichts anderes gemacht, als uns mit Geschichten zu amüsieren. Und das alles ohne ständige Anrufe, Mail, soziale Medien, usw.
Es war eine tolle und spannende Zeit, ohne Frage!
Warum bin ich also nicht weiter gefahren... Nunja, als Chief sah die Lage dann schon etwas anders aus. Ich war die letzten drei Reisen als Deutscher alleine unterwegs, die restliche Besatzung bestand aus Philippinos, Russen, Ukrainern und Rumänen. Diese waren in aller Regel immer mindestens zu Zweit oder Dritt und es ist mir schlicht schwer gefallen, einen Draht zu den Jungs aufzubauen. In aller Regel sind die einzelnen Nationalitäten nach Feierabend unter sich geblieben und somit sind die mir so "geliebten" Gespräche entfallen. Also saß ich oft alleine auf Kammer und habe die X'te Serie zum vierten Mal geschaut. Zudem hat die Qualität der Besatzungen stetig abgebaut und es war mir zum Ende meiner Seefahrtzeit schlicht zum Teil zu gefährlich mit den Jungs auf See zu sein. Als ich dann in Singapur für den Fehler meines zweiten Ingenieures kurzzeitig in den polizeilichen Arrest musste, habe ich die Kündigung eingereicht und bin an Land geblieben.
Dennoch denke ich gerne an diese Zeit zurück und ab und an überlege ich schon, ob ich nicht doch wieder fahren sollte. Zumindest mein Patent halte ich aufrecht, man weiß ja nie!
Würde mich freuen, wenn mir die, die hier schreiben und noch fahren berichten, wie es mittlerweile für deutsche Besatzungen aussieht. Macht Euch der Job noch so viel Spaß wie noch vor ein paar Jahren? Wie geht Ihr mit der "Einsamkeit" als einer der wenigen Deutschen an Bord um? Nimmt der Ausbildungsgrad, speziell unter den Offizieren wieder zu?
Hier noch ein paar Bilder:
Herlichstes Wetter am Äquator 2006:
Kurz vor der Taufe haben wir auch noch alle gelacht
(Ich bin der im orangenen Shirt)
2007 Meine dritte Reise als Azubi, ein wunderbares Schiff! Leider nach nur 10 Jahren Betrieb auf den Strand geschoben, da die 4500er keiner mehr wollte zu der Zeit...
Meine erste Dockung als fertiger Schiffmechaniker, während den Ferien in der Zeit als ich Patent gemacht habe. Ebenfalls ein tolles Schiff, ebenfalls Verschrottet... Das war die erste Dockung bei Palumbo auf Malte nach deren Wiedereröffnung:
Und mein erstes Schiff, da hat die Reederei mich direkt nach Unterschrift auf dem Lehrvertrag nach Afrika geschickt. Die Reise ging fünf Monate Italien - Nigeria - Ghana - Elfenbeinküste - Sierra Leone und zuück. Nach der Reise wurde ich in der Reederei mit der Frage begrüßt, ob mir die Reise gefallen hat, wenn ja, wird aus mir ein Seemann
So, nun bin ich auf Eure Geschichten gespannt!
Grüße, Toni
Kurz zu mir: Ich bin von 2006 bis 2009 als Schiffmechaniker-Azubi bei Reederei Hermann Wulff auf großer Fahrt unterwegs und habe im Anschluss mein C-Patent in Cuxhaven erworben. Bis zum Chief bin ich bei den Gebrüder Winter unterwegs gewesen und dann ins Büro bei Reederei Drevin als Superintendent gewechselt. Mittlerweile bin ich allerdings als Projektleiter in einer Bremerhavener Schiffreperaturfirma unterwegs.
Immer, wenn wir wieder auf den Schiffen im Hafen unterwegs sind, stelle ich mir schon dann und wann mal die Frage, ob der Wechsel an Land die richtige Entscheidung war.
An Bord war vieles irgendwie einfacher. Man ist eingestiegen, das Mobiltelefon hat wenige Meilen aus dem Hafen raus nicht mehr funktioniert und jegliche Kommunikation war auf einige Mails in der Woche reduziert. Man war mit "seinen" Jungs an Bord, hat täglich seine mal mehr, mal weniger schwere Arbeit erledigt, am Abend ein gemeinsames Bier getrunken, vielleicht einen Film angeschaut, oder ein Buch in ruhe gelesen, oder ist einfach auch mal früh zu Bett gegangen. Einige Besatzungsmitglieder sind einem sogar so sehr ans Herz gewachsen, dass man stundenlang nach Feierabend gequatscht hat und es teils schmerzhaft war, wenn diese dann ausgestiegen sind.
Mit einem meiner Kapitäne habe ich unzählige Stunden am Abend auf der Brücke verbracht und wir haben nichts anderes gemacht, als uns mit Geschichten zu amüsieren. Und das alles ohne ständige Anrufe, Mail, soziale Medien, usw.
Es war eine tolle und spannende Zeit, ohne Frage!
Warum bin ich also nicht weiter gefahren... Nunja, als Chief sah die Lage dann schon etwas anders aus. Ich war die letzten drei Reisen als Deutscher alleine unterwegs, die restliche Besatzung bestand aus Philippinos, Russen, Ukrainern und Rumänen. Diese waren in aller Regel immer mindestens zu Zweit oder Dritt und es ist mir schlicht schwer gefallen, einen Draht zu den Jungs aufzubauen. In aller Regel sind die einzelnen Nationalitäten nach Feierabend unter sich geblieben und somit sind die mir so "geliebten" Gespräche entfallen. Also saß ich oft alleine auf Kammer und habe die X'te Serie zum vierten Mal geschaut. Zudem hat die Qualität der Besatzungen stetig abgebaut und es war mir zum Ende meiner Seefahrtzeit schlicht zum Teil zu gefährlich mit den Jungs auf See zu sein. Als ich dann in Singapur für den Fehler meines zweiten Ingenieures kurzzeitig in den polizeilichen Arrest musste, habe ich die Kündigung eingereicht und bin an Land geblieben.
Dennoch denke ich gerne an diese Zeit zurück und ab und an überlege ich schon, ob ich nicht doch wieder fahren sollte. Zumindest mein Patent halte ich aufrecht, man weiß ja nie!
Würde mich freuen, wenn mir die, die hier schreiben und noch fahren berichten, wie es mittlerweile für deutsche Besatzungen aussieht. Macht Euch der Job noch so viel Spaß wie noch vor ein paar Jahren? Wie geht Ihr mit der "Einsamkeit" als einer der wenigen Deutschen an Bord um? Nimmt der Ausbildungsgrad, speziell unter den Offizieren wieder zu?
Hier noch ein paar Bilder:
Herlichstes Wetter am Äquator 2006:
Kurz vor der Taufe haben wir auch noch alle gelacht
(Ich bin der im orangenen Shirt)
2007 Meine dritte Reise als Azubi, ein wunderbares Schiff! Leider nach nur 10 Jahren Betrieb auf den Strand geschoben, da die 4500er keiner mehr wollte zu der Zeit...
Meine erste Dockung als fertiger Schiffmechaniker, während den Ferien in der Zeit als ich Patent gemacht habe. Ebenfalls ein tolles Schiff, ebenfalls Verschrottet... Das war die erste Dockung bei Palumbo auf Malte nach deren Wiedereröffnung:
Und mein erstes Schiff, da hat die Reederei mich direkt nach Unterschrift auf dem Lehrvertrag nach Afrika geschickt. Die Reise ging fünf Monate Italien - Nigeria - Ghana - Elfenbeinküste - Sierra Leone und zuück. Nach der Reise wurde ich in der Reederei mit der Frage begrüßt, ob mir die Reise gefallen hat, wenn ja, wird aus mir ein Seemann
So, nun bin ich auf Eure Geschichten gespannt!
Grüße, Toni
- Stephan Giesen
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Re: Der Nostalgie-Thread
Moin Toni,
vielen Dank für diesen tollen ersten Beitrag in diesem Thread, genau an so was hatte ich u.a. gedacht!
Ich sehe da auch durchaus Parallelen zum eigenen Werdegang. Ich habe relativ spät mit Mitte 20 mit der Seefahrt begonnen und bin den Weg über den SBTA (Schiffsbetriebstechnischer Assistent) in Cux gegangen und habe da auch das naut. Patent gemacht. Das war Anfang der 2000er Jahre.
Mein erstes Praktikum habe ich auf einem Feeder gemacht mit einem cholerischen Kapitän aus den neuen Bundesländern, der einen großen Hass auf Wessis hatte (anders kann man das nicht nennen) und mich das deutlich hat spüren lassen. Klein gekriegt hat er mich trotzdem nicht. Da diese Erfahrung so frustrierend war, habe ich darauf bestanden, mir das nächste Praktikum selber zu besorgen, womit die Schulleitung garnicht umgehen konnte, mich dann aber doch gewähren ließ. Da war ich dann bei Rickmers auf einem 1800er mit Fahrtgebiet Westafrika. Hier wiederum hatte ich einen supernetten Kapitän, der als Deutscher in Irland lebte und mit dem ich wie Du viel Zeit auf der Brücke verbracht habe und der mir nicht nur einiges beibringen konnte, sondern auch Spass daran hatte, einem das irische Lebensgefühl zu vermitteln, zB mit Jameson Whisky (natürlich nicht auf der Brücke) und viel guter irischer Musik.
Das dritte, große Praktikum habe ich dann ebenfalls in Eigenregie auf der A'ROSA BLU (später AIDAblu) verbracht, da war das mit den sozialen Kontakten natürlich was ganz anderes. Nach Patenterhalt bin ich dann zunächst wieder Container bei Claus-Peter Offen gefahren. Auch hier decken sich meine Erfahrungen mit den Deinen. Die nicht-deutschen Jungs waren meist gute Leute, aber blieben lieber unter sich. Die deutschen Seeleute waren da schon kaum noch mit einer Hand abzuzählen. Als dann noch die Reedereizulage, die mich u.a. erstmal dazu bewogen hat, lieber Frachter zu fahren, wegfiel, bin ich dann recht zügig wieder in die Kreuzfahrt gewechselt. Nach einigen Jahren habe ich dann dort meine Frau kennengelernt und als es schwierig wurde, weiterhin zusammen zu fahren, haben wir die Seefahrt an den Nagel gehangen und ich habe mich selbstständig gemacht, was ich bis heute bin. Für mich käme eine Wiederaufnahme der Seefahrerei heute unter keinen Umständen mehr in Frage.
Hier noch Bilder von einem Teil der zuvor erwähnten Schiffen:
vielen Dank für diesen tollen ersten Beitrag in diesem Thread, genau an so was hatte ich u.a. gedacht!
Ich sehe da auch durchaus Parallelen zum eigenen Werdegang. Ich habe relativ spät mit Mitte 20 mit der Seefahrt begonnen und bin den Weg über den SBTA (Schiffsbetriebstechnischer Assistent) in Cux gegangen und habe da auch das naut. Patent gemacht. Das war Anfang der 2000er Jahre.
Mein erstes Praktikum habe ich auf einem Feeder gemacht mit einem cholerischen Kapitän aus den neuen Bundesländern, der einen großen Hass auf Wessis hatte (anders kann man das nicht nennen) und mich das deutlich hat spüren lassen. Klein gekriegt hat er mich trotzdem nicht. Da diese Erfahrung so frustrierend war, habe ich darauf bestanden, mir das nächste Praktikum selber zu besorgen, womit die Schulleitung garnicht umgehen konnte, mich dann aber doch gewähren ließ. Da war ich dann bei Rickmers auf einem 1800er mit Fahrtgebiet Westafrika. Hier wiederum hatte ich einen supernetten Kapitän, der als Deutscher in Irland lebte und mit dem ich wie Du viel Zeit auf der Brücke verbracht habe und der mir nicht nur einiges beibringen konnte, sondern auch Spass daran hatte, einem das irische Lebensgefühl zu vermitteln, zB mit Jameson Whisky (natürlich nicht auf der Brücke) und viel guter irischer Musik.
Das dritte, große Praktikum habe ich dann ebenfalls in Eigenregie auf der A'ROSA BLU (später AIDAblu) verbracht, da war das mit den sozialen Kontakten natürlich was ganz anderes. Nach Patenterhalt bin ich dann zunächst wieder Container bei Claus-Peter Offen gefahren. Auch hier decken sich meine Erfahrungen mit den Deinen. Die nicht-deutschen Jungs waren meist gute Leute, aber blieben lieber unter sich. Die deutschen Seeleute waren da schon kaum noch mit einer Hand abzuzählen. Als dann noch die Reedereizulage, die mich u.a. erstmal dazu bewogen hat, lieber Frachter zu fahren, wegfiel, bin ich dann recht zügig wieder in die Kreuzfahrt gewechselt. Nach einigen Jahren habe ich dann dort meine Frau kennengelernt und als es schwierig wurde, weiterhin zusammen zu fahren, haben wir die Seefahrt an den Nagel gehangen und ich habe mich selbstständig gemacht, was ich bis heute bin. Für mich käme eine Wiederaufnahme der Seefahrerei heute unter keinen Umständen mehr in Frage.
Hier noch Bilder von einem Teil der zuvor erwähnten Schiffen:
Mit maritimen Gruß
Stephan
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Re: Der Nostalgie-Thread
Sioux von der Indianerreederei, die Schiffe hatten alle Indianernamen, Hamburger Reederei.
Ich bin dort 1968 gefahren, auf dem Kümo konnte man die Dampfzeit fürs Studium nachweisen. Bin zwar danach noch auf einem Turbinenschiff gefahren, aber die Dampfzeit war erst mal sicher. Das Schiff war ein sogenannter Süßöltanker, wir haben nur pflanzliches und tierisches Fett/Öl gefahren. Da dies zum Teil bei ca. 40 °C fest wurde, musste es zum Pumpen erwärmt werden. Für den Zweck gab es einen relativ großen Dampfkessel, daher die Chance für den Nachweis der Dampfzeit. Wir holten Sonnenblumenöl aus Polen, Fischöl aus Norwegen und Walöl von den Azoren. Ein Foto (Schiff auf Reede) ist von den Azoren, Insel Pico. Die Ladung wurde mit einer schwimmenden Pipeline übernommen. Gelöscht wurde oft in Rotterdam bei Unilever, in Hamburg aber auch in Stralsund haben wir gelöscht. Dort allerdings in Kesselwagen der Bahn und es passten immer nur wenige an die Pier, dann musste die Lock kommen, die vollen Wagen wegbringen, leere bringen. In der Zwischenzeit "fror" unsere Pumpe ein und wir mussten sie mit Heißwasser wieder "auftauen" wenn wieder 4 oder 5 Waggons an der Pier standen.
Das Schiff war ein Zweichwachenschiff, also immer 6 Stunden Dienst, 6 Stunden frei. In Polen (Gdynia oder Gdansk) wurde das aber oft sehr stressig. Beim Landgang durfte man auch über Nacht wegbleiben, ich meine auch mehrere Tage wurden akzeptiert. Für den Landgang nahmen wir gerne Strumpfhosen und andere modische Westsachen mit für die Damen. Es gab Hotels in denen an der Bar immer welche waren die auf Seeleute warteten und derartiges sehr gerne namen. Die Taxifahrer kauften das Zeug aber auch auf. Sloty erwarb man gerne auf die Art.
Wenn man nur 6 Stunden frei hatte war der Landgang ja begrenzt, als Wache tauschen, der Kollege machte dann 12 Stunden Wache.
Gruß
Fritz
Ich bin dort 1968 gefahren, auf dem Kümo konnte man die Dampfzeit fürs Studium nachweisen. Bin zwar danach noch auf einem Turbinenschiff gefahren, aber die Dampfzeit war erst mal sicher. Das Schiff war ein sogenannter Süßöltanker, wir haben nur pflanzliches und tierisches Fett/Öl gefahren. Da dies zum Teil bei ca. 40 °C fest wurde, musste es zum Pumpen erwärmt werden. Für den Zweck gab es einen relativ großen Dampfkessel, daher die Chance für den Nachweis der Dampfzeit. Wir holten Sonnenblumenöl aus Polen, Fischöl aus Norwegen und Walöl von den Azoren. Ein Foto (Schiff auf Reede) ist von den Azoren, Insel Pico. Die Ladung wurde mit einer schwimmenden Pipeline übernommen. Gelöscht wurde oft in Rotterdam bei Unilever, in Hamburg aber auch in Stralsund haben wir gelöscht. Dort allerdings in Kesselwagen der Bahn und es passten immer nur wenige an die Pier, dann musste die Lock kommen, die vollen Wagen wegbringen, leere bringen. In der Zwischenzeit "fror" unsere Pumpe ein und wir mussten sie mit Heißwasser wieder "auftauen" wenn wieder 4 oder 5 Waggons an der Pier standen.
Das Schiff war ein Zweichwachenschiff, also immer 6 Stunden Dienst, 6 Stunden frei. In Polen (Gdynia oder Gdansk) wurde das aber oft sehr stressig. Beim Landgang durfte man auch über Nacht wegbleiben, ich meine auch mehrere Tage wurden akzeptiert. Für den Landgang nahmen wir gerne Strumpfhosen und andere modische Westsachen mit für die Damen. Es gab Hotels in denen an der Bar immer welche waren die auf Seeleute warteten und derartiges sehr gerne namen. Die Taxifahrer kauften das Zeug aber auch auf. Sloty erwarb man gerne auf die Art.
Wenn man nur 6 Stunden frei hatte war der Landgang ja begrenzt, als Wache tauschen, der Kollege machte dann 12 Stunden Wache.
Gruß
Fritz
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Re: Der Nostalgie-Thread
Beste Rhederei mit der ich in der Schiffsausruestung zusammengearbeitet habe. Kann mich noch an Herrn Ellerbusch und Herrn Horwege erinnern
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Re: Der Nostalgie-Thread
Moin Fritz, erstmal vielen Dank für den Bericht Konntet/wolltet ihr in Stralsund an Land ? Bin da geboren, unsere Familie lebte in einem Dorf in der Nähe. Hast Du Erinnerungen an Hafenkneipen? Der See-Hafen war ja für normale Leute nicht zugängig (vom Altefähr- oder Hiddensee-Schiff sah man auf den Getreideumschlag, irgendwann Anfang der 1970er kam dann die FRITZ HECKERT als Wohnschiff). Hat jemand eventuell Privatfotos vom Stralsunder Hafen aus den 1960/70er Jahren?Fritz hat geschrieben: ↑Mi 13. Mär 2024, 22:17 Sioux von der Indianerreederei, die Schiffe hatten alle Indianernamen, Hamburger Reederei.
... Gelöscht wurde oft in Rotterdam bei Unilever, in Hamburg aber auch in Stralsund haben wir gelöscht. Dort allerdings in Kesselwagen der Bahn und es passten immer nur wenige an die Pier, dann musste die Lock kommen, die vollen Wagen wegbringen, leere bringen. In der Zwischenzeit "fror" unsere Pumpe ein und wir mussten sie mit Heißwasser wieder "auftauen" wenn wieder 4 oder 5 Waggons an der Pier standen.
Gruss Norbert
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Re: Der Nostalgie-Thread
Moin Norbert,
Landgang war möglich, aber nicht über Nacht. Da waren die Polen lockerer. Es standen immer zwei Aufpasser am Schiff. Einer an der Gangway und einer ging immer am Schiff auf und ab. Wenn man das Schiff verlassen wollte wurde das vom Wachmann an der Gangway festgehalten und beim Verlassen des Hafens wurde Name usw. sowie die Uhrzeit genau festgehalten. Ich erinnere mich daran,dass ich bei einer längeren Liegezeit (4-6Tage) am Morgen um kurz nach 6 immer zum Brötchenkaufen losging und der Wachmann am Hafentor dann nach wenigen Minuten mich wieder als Zugang registrieren musste. Gewundert habe ich mich auch über die vielen verfallenen Häuser an denen oft (immer?) ein Schild "Denkmal" stand. Haus baufällig und unbewohnt, Bürgersteig gesperrt und dann dieser Denkmalhinweis. Ich fand es komisch.
Wir haben auch oft versucht die Aufpasser am Schiff aus der Reserve zu locken. Whisky anbieten, Playboy hinlegen. Die Polen freuten sich, die in der DDR blieben stur. Beim Auslaufen wurde auch immer heftig kontrolliert, ich meine sogar, dass auch mal Taucher am Schiff waren.
Vor dem Löschen kam auch mal in der Nacht ein Mann an Bord, Proben nehmen und Temperatur des Öls messen. Hätte vom Alter mein Vater sein können. Als ich ihm dann ein Pilsener Urquell anbot erzählte er, dass dies Bier des sozialistischen Bruders kaum zu bekommen sei.
Gruß
Fritz
Landgang war möglich, aber nicht über Nacht. Da waren die Polen lockerer. Es standen immer zwei Aufpasser am Schiff. Einer an der Gangway und einer ging immer am Schiff auf und ab. Wenn man das Schiff verlassen wollte wurde das vom Wachmann an der Gangway festgehalten und beim Verlassen des Hafens wurde Name usw. sowie die Uhrzeit genau festgehalten. Ich erinnere mich daran,dass ich bei einer längeren Liegezeit (4-6Tage) am Morgen um kurz nach 6 immer zum Brötchenkaufen losging und der Wachmann am Hafentor dann nach wenigen Minuten mich wieder als Zugang registrieren musste. Gewundert habe ich mich auch über die vielen verfallenen Häuser an denen oft (immer?) ein Schild "Denkmal" stand. Haus baufällig und unbewohnt, Bürgersteig gesperrt und dann dieser Denkmalhinweis. Ich fand es komisch.
Wir haben auch oft versucht die Aufpasser am Schiff aus der Reserve zu locken. Whisky anbieten, Playboy hinlegen. Die Polen freuten sich, die in der DDR blieben stur. Beim Auslaufen wurde auch immer heftig kontrolliert, ich meine sogar, dass auch mal Taucher am Schiff waren.
Vor dem Löschen kam auch mal in der Nacht ein Mann an Bord, Proben nehmen und Temperatur des Öls messen. Hätte vom Alter mein Vater sein können. Als ich ihm dann ein Pilsener Urquell anbot erzählte er, dass dies Bier des sozialistischen Bruders kaum zu bekommen sei.
Gruß
Fritz
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Re: Der Nostalgie-Thread
Bei zwei Aufpassern hat der eine immer noch auf den anderen aufgepasst Die verfallenen Häuser hatten wir Herrn Ulbricht zu verdanken, der lieber sozialistische Stadtzentren planen liess als im Krieg beschädigte Baudenkmale in den Innenstädten zu erhalten. In Stralsund wurde das im Krieg beschädigte Semlower Tor (eins der schönsten Stadttore - auf der Seite zum Hafen )1960 abgerissen, glücklicherweise ist das mit vielen historischen Wohn- und Geschäftshäusern (z. B. aus dem 14./15. Jh. oder der Schwedenzeit) nicht passiert, der Denkmalsschutz hat den Abriss verhindert. Erste Sanierungen gabs noch in den 1970/80er Jahren, aber die Masse der Häuser konnte erst nach der Wende mit privaten und öffentlichen Mitteln wieder hergerichtet werden.Fritz hat geschrieben: ↑Fr 15. Mär 2024, 17:56 ... Landgang war möglich, aber nicht über Nacht. Da waren die Polen lockerer. Es standen immer zwei Aufpasser am Schiff. Einer an der Gangway und einer ging immer am Schiff auf und ab. Wenn man das Schiff verlassen wollte wurde das vom Wachmann an der Gangway festgehalten und beim Verlassen des Hafens wurde Name usw. sowie die Uhrzeit genau festgehalten. Ich erinnere mich daran,dass ich bei einer längeren Liegezeit (4-6Tage) am Morgen um kurz nach 6 immer zum Brötchenkaufen losging und der Wachmann am Hafentor dann nach wenigen Minuten mich wieder als Zugang registrieren musste. Gewundert habe ich mich auch über die vielen verfallenen Häuser an denen oft (immer?) ein Schild "Denkmal" stand. Haus baufällig und unbewohnt, Bürgersteig gesperrt und dann dieser Denkmalhinweis.
Meine Lieblings-Fotomotive sind immer noch der Rügendamm und die Lotsenwache im Hafen.
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Re: Der Nostalgie-Thread
Moin zusammen,
die Äquatortaufe war ja früher wirklich ein Ritual welches wohl auf (fast) allen Frachtschiffen vollzogen wurde. Bei der "Kriegsmarine", wie wir von der "Christlichen Seefahrt" die Kollegen einstuften, war das vermutlich nicht anders. Wahrscheinlich kamen aber eher wenige mit ihren grauen Schiffen über den Äquator.
Diese Taufe fand am 4. Januar 1969 statt und es wurden etwa 10 Männer getauft mit den damals schon fast ausgestorbenem (und noch nicht verbotenen) Ritualen. Wenn ich mich recht erinnere wurde auf der Linie auch "Maschine Stop" gegeben. Es dauerte insgesamt ca. 12 Stunden. Dabei wurde eine Unmenge an Bier "geschrieben", so viel, dass der Alte dies nicht freigab und nur an dem einen Abend viel gesoffen wurde. Der Rest im Geldwert wurde für einen Ausflug der Mannschaft mit dem gemietetetn Bus in Diego Suarez verwendet.
Bei dem Schiff handelte es sich um MS Byblos, eigentlich ein Levante Schiff, damals für die DDG Hansa in Fahrt auf z.B. Madagaskarreisen.
Gruß
Fritz
die Äquatortaufe war ja früher wirklich ein Ritual welches wohl auf (fast) allen Frachtschiffen vollzogen wurde. Bei der "Kriegsmarine", wie wir von der "Christlichen Seefahrt" die Kollegen einstuften, war das vermutlich nicht anders. Wahrscheinlich kamen aber eher wenige mit ihren grauen Schiffen über den Äquator.
Diese Taufe fand am 4. Januar 1969 statt und es wurden etwa 10 Männer getauft mit den damals schon fast ausgestorbenem (und noch nicht verbotenen) Ritualen. Wenn ich mich recht erinnere wurde auf der Linie auch "Maschine Stop" gegeben. Es dauerte insgesamt ca. 12 Stunden. Dabei wurde eine Unmenge an Bier "geschrieben", so viel, dass der Alte dies nicht freigab und nur an dem einen Abend viel gesoffen wurde. Der Rest im Geldwert wurde für einen Ausflug der Mannschaft mit dem gemietetetn Bus in Diego Suarez verwendet.
Bei dem Schiff handelte es sich um MS Byblos, eigentlich ein Levante Schiff, damals für die DDG Hansa in Fahrt auf z.B. Madagaskarreisen.
Gruß
Fritz
- Stephan Giesen
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Re: Der Nostalgie-Thread
Klasse, was da seinerzeit für ein Aufwand betrieben wurde und wieviel Spass (fast ) alle Beteiligten dabei hatten! Das ist wohl auf Frachtschiffen heute schon lange Geschichte, wo die Crew ja aus vielen Nationalitäten zusammengewürfelt ist und es untereinander kaum noch ein miteinander gibt. Ich habe mit Anfang 20 als Passagier auf der alten DAL KALAHARI erstmals den Äquator passiert. Dafür gab es ein schön gerahmtes Zertifikat vom Kapitän, mehr passierte aber auch da schon nicht und das ist 30 Jahre her. Heute gibt es Äquatortaufen höchstens noch auf Kreuzfahrtschiffen und da auch nur in sehr "humaner" und passagierfreundlicher Form.
Mit maritimen Gruß
Stephan
Stephan