Havarie und Bergung des TMS "WALDHOF" auf dem Mittelrhein.

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schwedenelch
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Re: Binnentanker "WALDHOF": Bergungsarbeiten am Mittelrhein

Beitrag von schwedenelch »

Seekater hat geschrieben:Na...... es dürfte in derartigen Extremfällen normal sein, daß auch für Fachleute dauernd neues festgestellt wird.
das bezweifle ich auch gar nicht, das man ständig neues herausfindet. aber samstag und sonntag wurde noch in interviews von eben diesne fachleuten berichtet das alles nach plan und ohne problöeme sei. die gleichen fachleute schreiben Heute eine Pressemitteilung, das das schiff schon seit samstag instabil sei, seit man knapp 300 tonnen abgepumpt habe.

Gleichzeitig haben diese Fachleute seit mehr als zwei wochen bei nahezu JEDEM interview vehement dementiert das aus dem Wrack Säure austritt. seit heute sagt man dann das wohl doch schon 900 tonnen weg sind...hoppla, denke ich da, 900 Tonnen von 2400 sind ja nicht gerade wenig (wo das Wrack doch schon instabil wird, wenn man nur ein Drittel davon abpumpt ;)), und das hat vorher niemand gemerkt? wenn man sich da nicht sicher gewesen ist, wäre das ja auch ok. aber dann darf man eben nicht in Presseinformationen und Interviews einen Austritt vehement abstreiten, sondern muss sagen: "wir wissen es nicht genau"
Ich hab da einfach Zweifel, das da wirklich alles gesagt wird, mir scheints eher, bestimmte fakten will man , warum auch immer, nicht an die öffentlichkeit lassen, oder erst dann, wenns gar nicht mehr anders geht.
Echofisch
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Re: Binnentanker "WALDHOF": Bergungsarbeiten am Mittelrhein

Beitrag von Echofisch »

Bravo Schwedenelch: Endlich einer, der konkret wird und zur Sprache bringt, dass hier eine offenbar gigantische Verarsche abläuft!

Falls mein Wettpartner (ein Arbeitskollege unserer Rettungsleitstelle) unsere unter Zeugen abgeschlossene und seinerseits verlorene Wette wirklich einlöst, bin ich um exakt 1.000 Euro reicher: Ich hatte am 23. Januar abends gegen 20 Uhr gewettet, dass „wir in absehbarer Zeit erfahren werden, dass mehrere hundert bis tausend to Säure ‚ganz unbemerkt und natürlich auch ganz unbeabsichtigt‘ ausgeflossen sein werden“!!!
BINGO!
Ich WUSSTE das.
Es war mir vollkommen klar, dass man uns diesen Scheiß auftischen wird. Und ich war mir dessen sogar SO sicher, dass ich tatsächlich 1.000 (eintausend) Euro darauf gewettet habe!
Ich habe – wie nicht anders zu erwarten – die Wette gewonnen.
Klar: Ist ja auch der einfachste Weg. Und bitte sehr: „Automatikventile“.
Ist klar, liebe Einsatzleitung… Ihr seid die größten Volkverarscher, aber dennoch danke: Ihr habt mir zu 1000 europäischen Märchentalern verholfen.

Na, was soll’s, rechnen wir doch einfach mal:
Rund 2400 to Ladung.
Davon sind 900 to trotz angeblich laufender Messungen des Rheinwassers (!) „ganz unbemerkt“ durch „Automatikventile“ ausgelaufen (och, schade. Aber nee, da könnt Ihr natürlich nix dafür).
243 to sind abgepumpt und zur BASF geschippert worden.
1000 to werden jetzt unter Hinweis auf die Gefahr des Brechens des Kahns in den Rhein gepumpt.
Das macht bis hierhin summa summarum 2143 to.
Da verbleibt bis zu den ursprünglichen rund 2400 to nur ein winziger Rest von unbedeutenden 257 to!
Und da die Schwefelsäure ja, wie wir erfahren, völlig harmlos ist (alle Chemielehrer scheinen offenbar Lügner zu sein …!), zwingt sich mir die Frage auf, warum da so ein Bohei gemacht wird mit Verquirlen, Verdünnen, Hin- und Herpumpen, Gummitank-Edelstahltank-Schiffchentauschen, mit Müllkutschereien zur BASF und so weiter…
Hey, dann können diese läppischen 257 to doch auch noch eben mal rasch in den Rhein gepumpt werden: Ist ja doch gemäß der beruhigenden Pressemeldungen völlig problemlos; passiert ja nix bei 12 zu 1,6 Mio. Litern pro Sekunde. Was ist das schon, 12 : 1600000? Schwefelsäure… pah, Zuckerwasser!

Aber auch in anderen Dingen die Bevölkerung immer schön dumm halten:
Nein, der Tote, den man da aus dem Wasser gefischt hatte, ist keines der Besatzungsmitglieder. WER der Tote aber nun eigentlich ist, ist ja auch egal: Ist keine Pressemeldung wert. Oder geht’s uns nichts an???
(Okay, ich will fair sein: Vielleicht liegt’s ja auch an dem Stress, den man mit den "Hunderten von Toten" hat, die wöchentlich aus dem Rhein gezogen werden…)

Aber weiter; ich bin noch nicht fertig: Welchen Job die beiden Überlebenden an Bord hatten und was sie zum Unfallhergang aus ihrer Sicht sagen konnten, wie sie den Unfall erlebt hatten, muss man uns auch nicht mitteilen. Wozu denn auch? (Wahrscheinlich kommt man jetzt mit der fadenscheinigen Ausrede auf das laufende Untersuchungsverfahren…)

Und in dem Zusammenhang noch was:
Ganz sicher aber würden wir, das dumme Volk, es erfahren haben, wenn einer der beiden Überlebenden der Schiffsführer gewesen wäre.
Ich versuche mich jetzt mal in Logik: Da wir nichts Derartiges gehört haben, ist davon auszugehen, dass keiner der beiden der Schiffsführer war.
Klingt das logisch? Gut.

Tatsächlich aber war am Samstag vor Ort von einem Mitglied der Einsatzleitung zu hören, dass man hoffe, die beiden Vermissten jetzt bald aus der Waldhof bergen zu können…
Hm, sollte man aber (ich versuch’s schon wieder mit Logik, ich bitte um Entschuldigung!) tatsächlich ZWEI Leichen aus dem hochsicheren zugelassenen Doppelhüllentankschiff bergen, dann würde ich gerne laut fragen, wer denn dann zum Unglückszeitpunkt eigentlich bitteschön im Ruderhaus war, das ja bekanntlich beim Umschlagen vollständig abgerissen wurde und trotz modernster Technik nicht auffindbar ist.

Und richtig, nicht zu vergessen (danke, Schwedenelch!), die Talfahrten: Erst wird auf Teufel komm raus gestaut, und wenn’s zig Millionen kostet und zahlreiche Existenzen auf Messers Schneide stehen, dann wird probeweise gefahren, und siehe da: dann geht’s auf einmal…! Ei, welch Zauber!
Dass ganz zu Beginn die Schifffahrt aus Sicherheitsgründen - zumal bei Hochwasser - gesperrt worden war, ist vollkommen nachvollziehbar. Fakt ist hingegen aber auch, dass auch die Talfahrer schon seit mindestens 8 bis 10 Tagen genauso problemlos am Havaristen hätten vorbei fahren können wie sie es jetzt plötzlich können.

Selbst wenn ich berücksichtige, dass ich kein Sachverständiger bin und selbst wenn ich berücksichtige, dass auch die Einsatzkräfte vor einem wirklich nicht alltäglichen Problem stehen: Warum fühle ich mich ungeachtet all dessen bloß so unsagbar verdummt und verarscht?
Und wie müssen sich erst all die hunderte Schiffsleute fühlen, auf deren Kosten dieses erbärmliche Spiel gespielt worden ist!?


Wo lebe ich hier eigentlich?
Echofisch
Jochen
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Re: Binnentanker "WALDHOF": Bergungsarbeiten am Mittelrhein

Beitrag von Jochen »

Wie schön sind doch die Berichte von Peter Hartung, sachlich und informativ, frei vom allem das-habe-ich-doch-sofort-und-vor-allem-viel besser-gewußt.
Dank an alle, die der Sache dienen wollen und nicht ihr angemasstes Sachwissen als Drehpunkt der Welt begreifen.
Gruß Jochen
Peter Hartung
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Re: Binnentanker "WALDHOF": Bergungsarbeiten am Mittelrhein

Beitrag von Peter Hartung »

Update 21.00 Uhr.

Guten Abend!

Einerseits: Es ist wie es ist.
Andererseits: Mit der Entscheidung, jetzt die Schwefelsäure direkt in den Rhein zu verklappen, hat die Einsatzleitung ihre Glaubwürdigkeit verspielt.

Jetzt wird bekannt gegeben, dass bereits seit der Havarie 900 Tonnen Schwefelsäure ausgelaufen sind.

Jetzt wird bekannt gegeben, dass der übliche pH-Wert des Mittelrheins bei 8,0 bis 8,1 liegt. Aber schon am 14.1.2011 war der pH-Wert am Fähranleger St. Goar 7,67. Und der SWR gibt heute bekannt, dass mit Beginn des Verklappens heute "am rechten Ufer (...) die pH-Werte bei 7,1 und in der Flussmitte bei 7,2" lagen.

Bild
Das pH-Wert-Messgerät auf einem Fähranleger bei St. Goar zeigte am 14.1.2011 um 12.59 Uhr einen Wert von 7,67 an. Zu diesem Zeitpunkt (und auch danach) behauptete die Einsatzleitung, es wäre keine Schwefelsäure ausgetreten.

Am Freitag, den 28.1.2011 schrieb ich hier folgendes:

"Die Mitteilung 23 aus dem gemeinsamen Pressezentrum vom 27.1.2011, 14 Uhr, wirft Fragen auf. Bisher ging ich davon aus, dass auch die Wallgänge beprobt werden sollen und nicht nur die Innentanks. Nun lag zwar das Ergebnis von Innentank Nr. 7 ("...beinhaltet ... Schwefelsäure, Wasser und Wasserstoff.") als Erstes vor und weitere sollen folgen, aber man hat ja deutlich gesehen, dass die Aussenhaut des Schiffes angebohrt wurde, man also damit auch Zugang zu den Wallgängen suchte. Welche Untersuchungsergebnisse hat man wohl dort festgestellt?

Ich denke, es sind noch viele Fragen unbeantwortet.

Darunter auch diese: Wenn sich im Center-Tank Nr. 7 neben Schwefelsäure und Wasserstoff auch noch Wasser befindet, wie kam es dort hinein? Und lässt sich damit die Behauptung aufrecht erhalten, dass keine Schwefelsäure in den Rhein geflossen ist?"

Diese Fragen blieben in den Erklärungen aus dem Presse-Zentrum bis heute unbeantwortet. Also ist mein persönlicher Eindruck, dass man gegenüber der Öffentlichkeit wichtige Informationen verschwiegen hat! Und damit haben die Einsatzkräfte und deren Presse-Leute ihre Glaubwürdigkeit verspielt.

Übrigens: Es war der gleiche SPD-Staatsekretär Lewentz der unmittelbar nach der Havarie vom "kontrolierten Einleiten" von Schwefelsäure sprach und derselbe gibt heute bekannt, dass nun doch verklappt werden soll.

mfg Peter Hartung

Update:

Guten Abend!

Es gibt ein weiteres (indirektes) Indiz dafür, dass sehr frühzeitig bekannt war, dass Schwefelsäure aus der "WALDHOF" auslief. Das waren die aussergewöhnlichen Hochwasser-Schutzmaßnahmen am 15. und 16. Februar 2011, die das THW für die ufernahen Bereiche der Altstadt von St. Goar durchführen musste. Man riegelte diesmal mit Beton-Elementen und Sandsäcken den Uferbereich ab und pumpte das Rheinwasser zurück. Vgl. diesen Bericht aus der "RHEINZEITUNG":

http://www.rhein-zeitung.de/regional...id,189677.html

Merkwürdigerweise ist ein zweiter Bericht mit dem Titel

Sensation: St. Goarer Altstadt blieb hochwasserfrei
Rhein Zeitung - ‎16.01.2011‎
Mittelrhein - Es ist eine Sensation: Die Altstadt von St. Goar blieb hochwasserfrei.

nicht mehr im Internet verfügbar (Fehlercode 404 - Page Not found).

mfg Peter Hartung
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Peter Hartung
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Re: Binnentanker "WALDHOF": Bergungsarbeiten am Mittelrhein

Beitrag von Peter Hartung »

Guten Abend!

Aus der Schweiz kommen "ätzende" Schlagzeilen, deutsche lesen sich harmloser:

http://www.nzz.ch/nachrichten/panorama/ ... 98113.html

http://bazonline.ch/panorama/vermischte ... y/12636250

http://www.google.com/hostednews/afp/ar ... 790523.8f1

mfg Peter Hartung

PS.: Manchem Redaktör aus der Schweiz scheint dieses Ereignis nicht aus dem Gedächtnis zu gehen: http://vorort.bund.net/suedlicher-oberr ... nfall.html
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Alexander
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Re: Binnentanker "WALDHOF": Bergungsarbeiten am Mittelrhein

Beitrag von Alexander »

Peter Hartung hat geschrieben:Mit der Entscheidung, jetzt die Schwefelsäure direkt in den Rhein zu verklappen, hat die Einsatzleitung ihre Glaubwürdigkeit verspielt.
Hat sie das wirklich?

Ich bin mir da nicht so sicher. Okay, sie hätte sie dann verspielt, wenn diese Einleitung schon länger geplant gewesen wäre und man es bisher nur deshalb bestritten hätte, weil man die Öffentlichkeit beruhigen bzw. in Sicherheit wiegen wollte.

Aber sie hätte es dann nicht, wenn sich die Lage geändert hätte. Ich bin ja selbst im Katastrophenschutz tätig und weiß daher, daß eine Lage selten statisch ist. Sie entwickelt sich weiter, und auf jede Entwicklung muß man als Einsatzleitung reagieren (bzw. kann manchmal, wenn sich eine Entwicklung abzeichnet, auch schon im Vorfeld agieren). Aber manchmal wird man als Einsatzleiter auch von der Dynamik der Ereignisse überrollt...

Alexander
Meine Schiffsfotos bei Fotocommunity: http://home.fotocommunity.de/squarerigg ... 4&g=240434
Seekater
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Re: Binnentanker "WALDHOF": Bergungsarbeiten am Mittelrhein

Beitrag von Seekater »

Hallo Ihr Lieben,

vielleicht mal meine Gedanken dazu:
  • Alles was nicht tägliche Praxis ist weist Überraschungen und nicht vorhersehbare Entwicklungen auf
  • Wir müssen menschliche Ohnmacht akzeptieren - auch Fachleute sind Menschen mit begrenzten Mitteln und Möglichkeiten
  • Wem ist geholfen, wenn wir der Einsatzleitung Fehler vorwerfen, Taktik/bösartiges Verhalten unterstellen oder auf guten/schlechten Verlauf Wetten abschließen ?
Ich persönlich möchte Lob zollen für:
  • die schnelle Beauftragung von Bergetechnik und Fachleuten ohne Kompetenzgerangel oder Kostenklärungsaspekten
  • dem bisherigen Vermeiden von weiteren Schäden und Opfern
  • dem angemessenen Umgang mit dem wirtschaftlichen Druck, die Passage wieder freizugeben
  • der zügigen Neuorganisation der Aufklärung der Unglücksursache
Ganz doll die Daumen drücke ich, daß bei der Passage der Unglücksstelle nicht weitere Unglücke passieren und daß die Einsatzkräfte zur Verkehrsregelung mit dem nötigen professionellen Abstand durchhalten und - so es nötig sein sollte - auch angemessen durchgreifen.

Ich hoffe, daß es bei der Bergung der restlichen Säure, dem Heben des Schiffes und der Aufklärung der Unglücksursache gelingt weitere Schäden zu vermeiden und ein Lernen zum zukünftigen Vermeiden derartiger Unglücke zu ermöglichen. Hier ist noch viel menschlicher Einsatz nötig - wir sollten diese Menschen unterstützen und nicht Bösartiges unterstellen

Sehr schön fände ich es, wenn wir nun zur Sache zurückkehren könnten, wenn Peter seine (bis jetzt) excellente Berichterstattung fortsetzen könnte, und wenn das Foren-Know-How zum Lernen verwendet werden würde, etwa:
Seekater hat geschrieben:(...)
.....die Frage, ob/wie Stabilitätsberechnungen beim Ladevorgang von Binnenschiffen ausgeführt werden ? Weiß jemand wie's da im Binnen-Bereich aussieht ? Geht's da nur um "max. X-Tonnen" ? Haben die Binnenschiffer Hilfen (Software, Laderechner, Ladetabellen, Ladehandbücher) bei der Beurteilung was/wie geladen werden darf und was nicht mehr ? Werden Binnenschiffer allgemein in der Physik derartiger Dinge, sowie den Möglichkeiten und Grenzen des jeweiligen Schiffes ausgebildet/eingewiesen ?

Ich freue mich auf das hier versammelte KnowHow
Gruß
Seekater
Wenn schon Irren, dann lieber durch eine Tat, als durch eine Unterlassung
Peter Hartung
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Re: Binnentanker "WALDHOF": Bergungsarbeiten am Mittelrhein

Beitrag von Peter Hartung »

Guten Abend!

Die Wahrheit ist zumutbar. Eben wird bekannt gegeben, dass die Innenräume der "WALDHOF" zwecks Suche nach den immer noch vermissten beiden Binnenschiffern deshalb nicht betreten wurden, weil die auslaufende Schwefelsäure die Taucher gefährden würde. Dies verbreitete eben der SWR 1 Rundfunk in seinen 17:30-Uhr-Nachrichten. Mehr als drei Wochen nach dem Unglück.

Ferner:

Letzte Meldung laut Binnenschifferforum (User "Hürth"): "ERLENHOF", 17:24 Uhr zu Berg.
In den Lehnkering-Tanker wurde heute Schwefelsäure aus einem weiteren Tank der "WALDHOF" umgepumpt.

Später folgt eine Zusammenfassung.

mfg Peter Hartung
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lutz
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Re: Binnentanker "WALDHOF": Bergungsarbeiten am Mittelrhein

Beitrag von lutz »

hallo!

ich habe mich als aktiver feuerwehrmann und rheinanwohner in neuwied jetzt auch mal angemeldet und habe diesen threat mit interesse gelesen - "echofisch" hat mich bewogen allerdings zu dieser entscheidung dann dochmal was zu sagen.

"Davon sind 900 to trotz angeblich laufender Messungen des Rheinwassers (!) „ganz unbemerkt“ durch „Automatikventile“ ausgelaufen (och, schade. Aber nee, da könnt Ihr natürlich nix dafür)."
---> das mischungsverhältnis der säure kann nur (NUR) vor ort überprüft werden. angenommen, säure läuft aus, läuft auch wasser hinein (ich versuchs jetzt auch mal wie du mit logik), daher konnte direkt nach dem unglück gar nicht festgestellt werden, ob säure ausgelaufen ist, oder nicht-die tanks waren halt voll-ob mit wasser oder säure; demnach kann keine verschleierung auf grund der vorliegenden argumentation aufbauen. wie kommst du zu so einer feststellung? erklär mir das bitte!

"Hey, dann können diese läppischen 257 to doch auch noch eben mal rasch in den Rhein gepumpt werden: Ist ja doch gemäß der beruhigenden Pressemeldungen völlig problemlos; passiert ja nix bei 12 zu 1,6 Mio. Litern pro Sekunde. Was ist das schon, 12 : 1600000? Schwefelsäure… pah, Zuckerwasser!"
---> ich denke, dass die einsatzleitung mit dem dazugehörigen amt die entscheidung gründlich abgewogen hat und nicht "einfach so" auf kosten der umwelt schwefelsäure in den rhein leitet. erklär mir das bitte!


"Welchen Job die beiden Überlebenden an Bord hatten und was sie zum Unfallhergang aus ihrer Sicht sagen konnten, wie sie den Unfall erlebt hatten, muss man uns auch nicht mitteilen. Wozu denn auch?"
---> ja- du stellst die frage ja auch selbst.warum auch? musst du das wissen? musst du wissen, wie die überlebenden den unfall erlebt haben? warum musst du das wissen? gibt es irgendeinen zusammenhang zwischen dem, das du weißt, wie die überlebenden den unfall erlebt haben und dem unfallgeschehen? erklär mir das bitte!

"tatsächlich ZWEI Leichen aus dem hochsicheren zugelassenen Doppelhüllentankschiff bergen, dann würde ich gerne laut fragen, wer denn dann zum Unglückszeitpunkt eigentlich bitteschön im Ruderhaus war..."
---> dann würde ich dich gerne laut fragen, ob es derzeit von interesse ist, dir mitzuteilen, wer denn wirklich am ruder war-was würde es nützen, zu erfahren, dass einer der vermissten oder einer der überlebenden am ruder war? erklär mir das bitte!

"Ist klar, liebe Einsatzleitung… Ihr seid die größten Volkverarscher"
---> was in gottes nahmen gibt dir das recht so zu urteilen? erklär mir das bitte!


"Aber weiter; ich bin noch nicht fertig"
---> dann denk doch bitte für dich selbst weiter und belästige nicht die allgemeinheit


"Und richtig, nicht zu vergessen (danke, Schwedenelch!), die Talfahrten: Erst wird auf Teufel komm raus gestaut, und wenn’s zig Millionen kostet und zahlreiche Existenzen auf Messers Schneide stehen, dann wird probeweise gefahren, und siehe da: dann geht’s auf einmal…! Ei, welch Zauber!"
---> bist du bei dem schifffahrtsamt bingen angestellt? bist du derjenige, der ausgebildet ist, über schifffahrtechnische details auskunft ausgeben zu können? bist du bei der freiwilligen feuerwehr st. goarshausen oder st.goar mitglied? bist du bei dem bergungsunternehmen aus holland angestellt? bist du ein betroffender anwohner? bist du ein betroffender schiffer? erklär mir das bitte!


wahrscheinlich oder höchstwahrscheinlich nicht!

ist es nicht so dass, sobald irgendeine sache aus sicherheitstechnischen und logistischen gründen länger dauer, als sich der normale menschenverstand vorstellen kann direkt angezweifelt wird? direkt schreit es nach verbesserungsvorschlägen und "ich hab es doch gewusst" und "hab auch noch drauf gewettet"-einträgen...

wie gesagt, ich kenne das selbst aus eigener erfahrung: hätte man nicht die feuerwehr früher alamieren können? hätte man nicht den einen oder anderen löschzug nachalamieren können, warum ist das gebäude immernoch nicht zu betreten? hätte man doch lieber schwerschaum, anstatt leichtschaum eingesetzt, etc. etc.

diese frage werden immer wieder aufkommen; die tragödie bei der loreley wird auch immer weitere fragen aufwerfen; allerdings sollte man nicht vergessen, wieviele stunden, tage und wochen ehrenamtliche hilfskräfte diese havarie zu lösen versuchen.

herr hartung hat eine hervorragende berichterstattung geliefert und wird sich wahrscheinlich auch noch weiter damit beschäftigen - lieben dank dafür!
bis jetzt habe ich diesen eintrag als fortlaufende information angesehen, aber anscheinend nimmt es auch hier fahrt auf.

spekulationen und anschuldigungen gehören hier nicht hin herr "echofisch" !

kollegialiter, lutz
Peter Hartung
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Re: Binnentanker "WALDHOF": Bergungsarbeiten am Mittelrhein

Beitrag von Peter Hartung »

Alexander hat geschrieben:
Peter Hartung hat geschrieben:Mit der Entscheidung, jetzt die Schwefelsäure direkt in den Rhein zu verklappen, hat die Einsatzleitung ihre Glaubwürdigkeit verspielt.
Hat sie das wirklich?
Ich bin mir da nicht so sicher. Okay, sie hätte sie dann verspielt, wenn diese Einleitung schon länger geplant gewesen wäre und man es bisher nur deshalb bestritten hätte, weil man die Öffentlichkeit beruhigen bzw. in Sicherheit wiegen wollte.
Aber sie hätte es dann nicht, wenn sich die Lage geändert hätte. Ich bin ja selbst im Katastrophenschutz tätig und weiß daher, daß eine Lage selten statisch ist. Sie entwickelt sich weiter, und auf jede Entwicklung muß man als Einsatzleitung reagieren (bzw. kann manchmal, wenn sich eine Entwicklung abzeichnet, auch schon im Vorfeld agieren). Aber manchmal wird man als Einsatzleiter auch von der Dynamik der Ereignisse überrollt...
Alexander
Guten Abend!

@ Alexander:

Dass sich Einsatz-Lagen ändern, stelle ich doch gar nicht in Abrede. Und dass das Geschehen an der Loreley nicht ohne Dynamik abläuft, ist auch klar. Ich wiederhole: Die Jungs machen da ein guten Job.

Es ging mir aber um die Verlautbarungen von Innen-Staatssekretär Lewentz (SPD) aus dem rheinland-pfälzischen Innenministerium. Hier ist sein Profil. Als ausgesprochenen Bergungsexperten weist ihn das nicht aus.

Am Mittwoch, dem 19. Januar 2011, also fünf Tage nach der Havarie der "WALDHOF" erklärte der rheinland-pfälzischen Innenstaatssekretär Roger Lewentz (SPD) im SWR:

O-Ton:
"Wenn das Abpumpen nicht gelingt, soll die Säure kontrolliert in den Rhein abgelassen werden. Die Genehmigungen für "diesen schlimmsten Fall" lägen vor, so Lewentz. Die Säure werde dann mit 50 Litern pro Sekunde aus den insgesamt sieben Kammern fließen."

Das war zu einem sehr frühen Zeitpunkt, als Lewentz diese Feststellung traf. Und die Genehmigungen hatte man schon in der Tasche. Zu diesem Zeitpunkt waren die Bergungskräne von Mammoet noch nicht einmal am Unglücksort eingetroffen und die Untersuchung durch die Berger noch nicht begonnen worden. Aber der Herr Staatssekretär wusste schon, wie das Problem zu lösen ist: "Die Säure wird dann mit 50 Litern pro Sekunde aus den insgesamt sieben Kammern fließen."

Siehe meinen Beitrag vom 19.1.2011: http://www.forum-schiff.de/phpBB3/viewt ... =30#p54163

Danach tauchte Lewentz ab und man hörte bis zum 7.2.2011 nichts mehr von ihm zum Thema Verklappung.

Am 7.2.2011 tauchte er wieder auf und erklärte: "Jetzt wird verklappt."

Zwischen dem 19.1.2011 und dem 7.2.2011, dass heißt nach Aufnahme der Arbeiten am Schiff, wurde in keiner öffentlichen Erklärung von seiten der Einsatzleitung erwähnt, dass man letztlich beabsichtige, die Säure doch zu verklappen. Vielmehr ging man daran, die Ladung umzupumpen. Darauf bezog sich mein Vorwurf der Unglaubwürdigkeit von bestimmten Personen in der Einsatzleitung. Und womit ich sagen will: Es war letztlich eine politische Entscheidung, die unter dem Druck der sich zuspitzenden Interessen (Industrie und - verständlicherweise - Binnenschiffer) getroffen wurde.

mfg Peter Hartung
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